IM BLICKFELD

Portfolioritter jagen deutsche Wohnimmobilien

Von Thomas List, Frankfurt Börsen-Zeitung, 19.3.2014 Das Kauffieber bei deutschen Wohnimmobilienportfolios ist weiter hoch, es könnte sogar noch steigen. Darauf deuten zumindest die jüngsten Übernahmen hin. So hat, um nur die großen Transaktionen...

Portfolioritter jagen deutsche Wohnimmobilien

Von Thomas List, FrankfurtDas Kauffieber bei deutschen Wohnimmobilienportfolios ist weiter hoch, es könnte sogar noch steigen. Darauf deuten zumindest die jüngsten Übernahmen hin. So hat, um nur die großen Transaktionen der vergangenen Wochen zu nennen, Estavis Anfang voriger Woche angekündigt, 4 085 Einheiten zu kaufen, bei der Deutschen Annington waren es zehn Tage zuvor sogar 41 500 Einheiten. Mit dieser Transaktion wird fast der Top-Deal des Vorjahres erreicht, als die Deutsche Wohnen die GSW übernahm (60 000 Einheiten), und sogar die zweitgrößte Transaktion von 2013 übertroffen, als ein Konsortium unter der Führung von Patrizia die GBW schluckte (32 000 Einheiten). Erst verschmäht, jetzt begehrtDoch warum sind deutsche Wohnimmobilien so attraktiv geworden, dass die Investments 2013 laut Immobilienspezialist CBRE im Vergleich zu 2012 um ein knappes Viertel auf 13,8 Mrd. Euro zulegten? Immerhin ist es erst wenige Jahre her, dass Institutionelle dieses kleinteilige Geschäft als viel zu aufwendig empfanden und sich insbesondere Versicherer von ihren Beständen trennten (die dann vorwiegend an ausländische Adressen gingen).Inzwischen werden aber die Vorzüge von Wohninvestments erkannt. Für Nachfrage ist gesorgt (“Wohnen muss man immer”, die Leerstände sind gering), und die Vielzahl an Mietern gewährleistet einen stetigen Zahlungsfluss (Risikoausgleich). Dazu kommt ein nicht unerhebliches Miet- und damit Wertsteigerungspotenzial insbesondere in Regionen wie Berlin und Zentren in den neuen Bundesländern. CBRE zählte 2013 202 Transaktionen mit mehr als 216 000 Wohneinheiten, die sich auf Berlin, Standorte in Ostdeutschland sowie Bayern und Nordrhein-Westfalen konzentrierten.Der zu Jahresanfang von CBRE beobachtete Trend in Richtung wachstumsstarke Mittelzentren in Nordrhein-Westfalen und vor allem ostdeutsche Metropolregionen wie Dresden und Leipzig muss angesichts der erwähnten beiden Großtransaktionen modifiziert werden. Die 41 500 Einheiten der Deutschen Annington liegen vor allem im Norden sowie entlang der Rhein-Main-Schiene und im Süden. Bei Estavis streuen die 4 085 Einheiten breit über Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.Die Investoren kommen weit überwiegend (2013 zu 80 %) aus dem Inland. Diese Aussage ist allerdings zu relativieren, da sie sich auf den Sitz der Investorenvehikel bezieht. Insbesondere bei den börsennotierten Gesellschaften dürfte ein nicht unerheblicher Teil der Aktionäre von jenseits der Grenzen kommen. So ist die größte private Wohnimmobiliengesellschaft hierzulande, die Deutsche Annington, zwar an der Frankfurter Börse notiert. Ihre Aktionäre kommen aber zu mindestens vier Fünfteln aus dem Ausland. Plattform als BasisAusländische Investoren investieren gerne in Wohnungsunternehmen, die über eine gut ausgebaute Plattform für die Verwaltung ihrer Assets verfügen. Dazu gehören neben der Deutschen Annington auch die Gagfah und die Deutsche Wohnen. Denn spätestens in der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass gerade Gesellschaften mit Sitz im Ausland ohne einen eigenen Apparat in Deutschland weder einen guten Bestand aufbauen noch ihn verwalten können.Es zeigt sich aber immer deutlicher, dass diese Plattform eine Mindestgröße haben muss, um Skalen- und Größeneffekte zum Beispiel in der IT zu realisieren. Die kritische Schwelle liegt für Konstantin Kortmann von JLL (Jones Lang LaSalle) bei 30 000 bis 50 000 betreuten Wohneinheiten. Die vielen kleineren Gesellschaften könnten zwar selbst an die Börse gehen, liefen dann aber Gefahr, von den “Großen” geschluckt zu werden. Bei den börsennotierten Gesellschaften zeigt sich der Trend zu Übernahmen und Fusionen schon deutlich, erst jüngst beim Übernahmeangebot von Adler Real Estate für Estavis (vgl. BZ vom 13. März). Allerdings dürfte auch die “neue” Adler Real Estate erst auf rund 16 000 Wohneinheiten kommen.Diese kleineren Player setzen auf einen klaren Marktfokus, zum Beispiel wirtschaftsstarke Ballungsräume und eine Rundumbetreuung ihrer Assets, teilweise bis hin zum Facility Management (“Hausmeisterservice”), teilweise wird es aber auch ausgelagert. Durch diese Nähe zum Kunden (also Mieter und – bei Verkauf bzw. Privatisierung – Käufer) wollen sie effizienter arbeiten als manch Großer mit seinen inflexiblen Strukturen und der weithin outgesourcten Kundenbetreuung. Alternativen gesuchtFür alle Wohnungsgesellschaften gilt aber, dass sie Wohnungen mit Anfangsrenditen deutlich unter 4 % nicht mehr akzeptieren werden. Da andere Nachfrager bei größeren Portfoliodeals nicht in Sicht sind, dürfte der Preisanstieg in den Ballungsgebieten sich zumindest abschwächen. Als Alternativen bieten sich Sekundärlagen und Objekte mit “Macken” wie höheren Leerständen an, aber auch Projektentwicklungen.