Private Equity refinanziert wie lange nicht
Private Equity refinanziert wie lange nicht
Kampfkonditionen der Debt Funds triggern Refinanzierungen von Private-Equity-Deals – Ansatz für Trendwende im Neugeschäft
phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Private-Equity-Investoren kaufen so gut wie gar nicht mehr bei der Konkurrenz ein, zeigt aktuelles Research. Dafür haben die Beteiligungsgesellschaften im zweiten Quartal so viele Refinanzierungen und Rekapitalisierungen abgeschlossen wie letztmals 2017. Dafür gibt es zwei verschiedene Erklärungsansätze.
Der mittelständische Leveraged-Finance-Markt feiert im zweiten Quartal ein Comeback. Nach einem enttäuschenden ersten Quartal mit lediglich 21 Deals, zog das Transaktionsgeschehen in Deutschland im zweiten Quartal um 76% auf 37 Transaktionen an. Das geht aus dem neuen Midcap Monitor der Investmentbank-Boutique Houlihan Lokey hervor, der der Börsen-Zeitung exklusiv vorliegt. Das Research hält vierteljährlich alle mittelständischen Private-Equity-Deals fest, die von Banken oder Private Debt Funds finanziert werden und deren Transaktionsvolumina zwischen 20 und 500 Mill. Euro liegt. Neben LBOs umfasst die Statistik auch kleinere Add-on-Finanzierungen, Refinanzierungen sowie fremdfinanzierte Dividendenausschüttungen (Rekapitalisierungen) in Europa.
Der deutsche Markt ist sogar stärker gewachsen als der europäische Gesamtmarkt, vor allem mit Blick auf die Deal-Aktivität der Private Debt Funds. Mit 135 Transaktionen verbuchte das zweite Quartal in Europa 67% mehr Transaktionen als im ersten Quartal. In Deutschland legten Debt Funds um 110% zu. Dreistellige Wachstumsraten verzeichnete sonst nur Frankreich.
Leveraged-Finance-Markt gewöhnt sich an höhere Zinsen
„Das erste Quartal hat hinsichtlich der Anzahl von Transaktionen negativ überrascht“, sagt Finanzierungsberater Thorsten Weber von Houlihan Lokey. Abgesehen davon würden die Zahlen für das erste Halbjahr 2024, vor allem das zweite Quartal, aber zeigen, dass sich der Markt stabilisiert habe und aktiver geworden sei.
Auf das Gesamtjahr hochgerechnet, dürfte der Markt nach Webers Einschätzung damit besser abschneiden als im Vorjahr und könnte sogar nahezu die Rekordwerte der Jahre 2021 und 2022 erreichen. Damals standen jeweils knapp 160 Transaktionen zu Buche, bevor die EZB mit der eingeleiteten Zinswende die LBO-Banker und Fondsmanager verunsicherte. Inzwischen habe sich der Markt aber an die höheren Zinsen gewöhnt, heißt es in dem Research-Report.
Private Equity mit rekordverdächtigen Refinanzierungen
Zudem deutet sich im zweiten Quartal eine Trendwende an. So konnte der Leveraged-Finance-Markt seine hohe Abhängigkeit von Add-ons etwas reduzieren. Zum ersten Mal seit 2021 waren Add-ons nicht der dominierende Finanzierungsanlass für Banken und Private Debt Funds (31%). Gleichzeitig nahm der Anteil von Primärtransaktionen wieder zu (29%). Das spricht dafür, dass sich Private-Equity-Investoren wieder stärker an neue Plattform-Deals wagen, anstatt vor allem kleinere Firmen an bestehende Portfoliounternehmen anzudocken.
Doch damit ist die Dealkrise der Beteiligungsbranche noch nicht ausgestanden. Schließlich waren die häufigsten Finanzierungsanlässe für Banken und Debt Funds Refinanzierungen bzw. Rekapitalisierungen. Mit 34% war deren Anteil im zweiten Quartal so hoch wie letztmals 2017. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass Private-Equity-Investoren ihre Portfoliounternehmen länger halten müssen als geplant und deshalb ihre ursprüngliche LBO-Finanzierung ablösen.
Debt Funds locken mit sinkenden Margen
Zudem kauft Private Equity so gut wie überhaupt nicht mehr beim Wettbewerber ein. Mit 5% war der Anteil sogenannter Secondary-Deals im zweiten Quartal so niedrig wie nie zuvor seit Bestehen des Midcap Monitors. Dabei verkauft ein Private-Equity-Investor ein Unternehmen an einen anderen Finanzinvestor. So stand auch im zweiten Quartal die Arbeit mit dem Bestandsportfolio weiterhin klar im Fokus: 65% aller Deals waren entweder Add-ons oder Refinanzierungen.
Thorsten Weber, Houlihan LokeyMit Blick auf die Preisgestaltung und vertragliche Regelungen sehen wir in ausgewählten Deals eine Flexibilität, die noch vor einem Jahr nicht umsetzbar gewesen wäre.
Es gibt aber noch einen anderen Erklärungsansatz für die vielen Refinanzierungen: attraktive Finanzierungskonditionen. „Sowohl mit Blick auf die Preisgestaltung als auch hinsichtlich vertraglicher Regelungen sehen wir in ausgewählten Deals eine deutlich höhere Flexibilität, die noch vor einem Jahr nicht umsetzbar gewesen wäre“, sagt Weber und bezieht sich dabei auf Zins-, Gebühren- und Covenant-Strukturen.
Bessere Konditionen als im Rekordjahr
So haben Private Debt Funds Weber zufolge sowohl ihre Strukturierungsgebühren (Arrangement Fees) als auch ihre Margen gesenkt. Hätten die Fonds früher im Schnitt noch zwischen 2,75 und 3,25% an Gebühren verlangt, würden aktuell 0,5 bis 1 Prozentpunkte weniger aufgerufen. „Damit sind Debt Funds teilweise sogar günstiger als 1st-out-Banken“, sagt Weber. Das ist durchaus ungewöhnlich, da der Debt Fund in dieser Finanzierungsstruktur das höhere Risiko trägt.
Auch bei den Margen kommen Debt Funds den Kreditnehmern entgegen. Riefen sie im vergangenen Jahr im Schnitt noch zwischen 6 und 7% auf, sind es aktuell bei vergleichbaren Deals Weber zufolge ein halber bis 1 Prozentpunkte weniger. Damit können Kreditfonds ihren Private-Equity-Kunden aktuell sogar bessere Konditionen bieten als im Rekordjahr. Bei der Marge haben Debt Funds aktuell mehr Verhandlungsspielraum, da die Preisgleichung mit dem Euribor eine neue Variable hat, die 2021 gefehlt hat. Durch ihn können Debt Funds trotz niedrigerer Marge eine höhere Gesamtverzinsung erzielen.