Privatisierungen des Bundes finden kaum statt
Das mögliche Zusammengehen von Deutscher Bank und Commerzbank rückt die Beteiligungspolitik des Bundes in den Blick. Wurde in den 1990er Jahren noch aus Überzeugung privatisiert und Anfang der 2000er Jahre aus Geldnot, ist es danach still geworden. Das könnte sich bald wieder ändern.Von Angela Wefers, BerlinIm Jahr der Finanzkrise, im Dezember 2008, bekannte sich die Bundesregierung zur Politik der Privatisierung. Das Bundeskabinett stimmte dem fortgeschriebenen Bericht zur “Verringerung von Beteiligungen des Bundes” zu, der im Zweijahresrhythmus vorlegt wurde. Tatsächlich war die Zahl der unmittelbaren Beteiligungen des Bundes und in den Sondervermögen per Ende Oktober 2008 auf 108 zurückgegangen – 23 weniger als 1999 mit noch 131. Abgebildet wurde damit der Saldo aus Privatisierungen und Neuzugänge, z. B. durch Ausgründungen von Aufgaben in eine privatwirtschaftliche oder öffentlich-rechtliche Organisationsform.Zugleich erklärte die Bundesregierung im Krisenjahr, dass die Stabilisierungsmaßnahmen von Banken in der Finanzkrise nicht im Widerspruch zum Privatisierungsziel stünden. “Diese Maßnahmen können je nach Inanspruchnahme auch zu einer kurzfristigen Beteiligung des Staates an Finanzinstituten führen”, hieß es mit Blick auf die Stabilisierung Finanzmarktes. Das war zur Zeit der ersten Regierung von Angela Merkel (CDU) mit Peer Steinbrück (SPD) als Bundesfinanzminister. Gut zehn Jahre später hält der Bund über den Finanzmarktstabilisierungsfonds noch immer etwas mehr als 15 % an der Commerzbank. 2013 war der Bundesanteil von ursprünglich 25 % reduziert und die stille Einlage zurückgezahlt worden. Bundesrechnungshof rügtPrivatisierungspolitik hat im Bund seitdem keine große Rolle mehr gespielt. Nach dem jüngsten verfügbaren Beteiligungsbericht des Bundes von 2017 mit dem Stand per Ende 2106 hatten der Bund und seine Sondervermögen 106 unmittelbare Beteiligungen, kaum weniger als 2008. Das erklärte Ziel, Beteiligungen zu reduzieren, gibt es nicht mehr. Zudem rügte der Bundesrechnungshof schon 2016 das Beteiligungsmanagement als unzureichend.Dabei hatte sich der Bund Ende der 1980er und den 1990er Jahre, aber auch noch in der ersten Dekade der 2000er Jahre von zahlreichen Beteiligungen getrennt. Es wurde kräftig privatisiert. Dazu gehörten die großen Börsengänge von Deutscher Telekom, der Lufthansa oder der Deutschen Post. In der konjunkturell schwierigen Zeit Anfang der 2000er Jahre kamen einige Platzhaltergeschäfte mit dem staatlichen Förderinstitut KfW hinzu, die allein der Aufbesserung des Bundesetats dienten. Zuletzt gab es 2013 nur noch Privatisierungsschritte bei Familienheimen in der Rechtsform der Baugenossenschaft und den Verkauf des Gästehauses Petersberg bei Bonn. Auch die Vollprivatisierung des Duisburger Hafens durch den Verkauf des letzten Drittels der Anteile durch den Bund fällt in dieses Jahr. Erst 2016 wurde dann wieder veräußert: knapp 31 % Bundesanteile an der ÖPP Deutschland Beteiligungsgesellschaft. Auch wenn die Privatisierung von Bundesbeteiligungen als politisches Ziel und nicht als Geldbeschaffungsmaßnahmen deklariert war, so ist auffällig, dass das abrupte Ende von Veräußerungen nach 2013 mit dem Umstand zusammenfällt, dass der Bund seit 2014 Überschüsse im Haushalt erzielt. Nur in den Jamaika-Koalitionsverhandlungen im Herbst 2017 hatten Schwarz-Gelb-Grün wieder Privatisierungserlöse in ihre Finanzierungsüberlegungen einbezogen.Auch im Bankensektor hat die Bundesregierung vor der Jahrtausendwende einiges privatisiert: zuletzt 51,5 % an der DSL Bank (1999). Hinzu kamen die zur Vollprivatisierung fehlenden 0,4 % an der damaligen DG Bank (1998), 46,3 % an der Deutschen Außenhandelsbank der ehemaligen DDR (1995), 88 % an der Berliner Industriebank (1992), und 76,3 % an der Depfa Bank (1991). Im Jahr des Mauerfalls brachte der Bund seine Anteile von 99 % an der DSL Bank an die Börse. Im Jahr zuvor hatte er denselben Weg für ein knappes Viertel der voll im Bundesbesitz befindlichen Deutsche Verkehrs-Kredit-Bank gewählt. Fusionsüberlegungen für die Commerzbank nehmen nun auch den Bund als Eigentümer in die Pflicht, seine Beteiligung zu überprüfen.