Probleme mit EU-Informationsblatt

Bundesregierung erkennt Verzerrungen bei der Berechnung - Brüssel ist gefragt

Probleme mit EU-Informationsblatt

Die Basisinformationsblätter für Kleinanleger in verpackten Finanzprodukten bereiten der Branche schon länger Kopfzerbrechen. Nun konstatiert auch die Bundesregierung Schwächen im System. In Brüssel will das Bundesfinanzministerium seinen Einfluss geltend machen und für Abhilfe sorgen.wf Berlin – Die Finanzbranche kann bei den Problemen mit dem europäische Basisinformationsblatt Priips-Kid für Kleinanleger auf Unterstützung der Bundesregierung bauen. Berlin wird in Brüssel eine Überprüfung in einzelnen Punkten anregen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Antwort der FDP-Fraktion im Bundestag hervor. Dabei geht es vorrangig um die Berechnung von Wertentwicklungs-Szenarien und Kostenstrukturen für Wertpapiere. Kritisch sieht die Finanzbranche schon seit geraumer Zeit die Vorgaben der EU-Verordnung zur Berechnung in diesen beiden Punkten. Die aus Brüssel vorgeschriebene Kalkulationsmethode kann zu fehlerhaften und irreführenden Ergebnissen für die Anleger führen, sind Experten der Branche überzeugt. Der Fondsverband BVI forderte deshalb jüngst eine Überarbeitung der Vorgaben für die Informationsblätter für Anleger. “Die Bundesregierung nimmt Bedenken, dass die Methodologie zur Berechnung der Wertentwicklungs-Szenarien und Kostenstruktur fehlerhaft sein könnte, ernst”, schreibt die parlamentarische Finanzstaatssekretärin, Christine Lambrecht (SPD), in der Antwort auf die Anfrage der FDP. “Die Bedenken werden auf europäischer Ebene vorgetragen und Überprüfungen angeregt.” Die “Sachverhaltsaufklärung” in der Arbeitsgruppe des Gemeinsamen Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden dauere noch an. “Haftungsprinzip hilft” Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler, Mitglied im Bundestags-Finanzausschuss, forderte die Bundesregierung auf, schnell zu handeln, um eine Täuschung der Verbraucher durch staatliche Regulierung zu vermeiden. “Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht, das sieht man an der Priips-Verordnung”, sagt Schäffler der Börsen-Zeitung. “Wertentwicklungsszenarien und Kostenstrukturen sind teilweise grob fehlerhaft.” Bei der Regulierung von Anlageprodukten zeige sich, dass unterschiedliche Produkte nicht so ohne Weiteres vergleichbar gemacht werden könnten. “Besser als ständig neue gesetzliche Dokumentationspflichten einzuführen wäre es, das Haftungsprinzip der Produktanbieter und Vermittler zu stärken”, forderte der FDP-Finanzexperte.Bei Wertentwicklungs-Szenarien befürchtet etwa der BVI bewusste Fehlinformation der Anleger. So könnten bei einem Kurseinbruch nach einem mehrjährigen Börsenaufschwung die Szenarien zu positiv ausfallen und damit die aktuelle Entwicklung ignorieren, schrieb der Verband jüngst. Bei Produkten mit kurzen Laufzeiten kann es laut Regierung zu Verzerrungen kommen. Die Berechnung von Transaktionskosten in weniger liquiden Märkten – wie bei Anleihen – kann zu falschen oder sogar negativen Ergebnissen führen. Die Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (Priips) soll einheitliche Standards für die Information von Kleinanlegern in Europa setzen. Sie gilt seit Ende 2016. Investmentfonds müssen das Informationsblatt von 2020 an anbieten. Informiert werden Kleinanleger, die in verpackte Produkte wie Optionsscheine, Derivate, aber auch Investmentfonds oder Versicherungsprodukte mit Anlagecharakter investieren. Die Verordnung gilt in den EU-Mitgliedsländern unmittelbar und musste nicht mehr in nationales Recht umgesetzt werden. Dem Gesetzgeber hierzulande sind bei angestrebten Änderungen damit die Hände gebunden. Reformen an der Verordnung sind nur direkt auf EU-Ebene möglich. Darauf weist die Bundesregierung in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage mehrfach hin. Lediglich einzelne Teile der Verordnung, die sich an den nationalen Gesetzgeber richteten, waren hierzulande mit dem 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz angepasst worden. Ende 2018 will die EU-Kommission die Priips-Vorschriften von sich aus überprüfen.Bei Fragen nach den Kosten für die Anleger und den Auswirkungen im Markt durch die Priips-Basisinformationsblätter hält sich die Bundesregierung bedeckt. Zusammenhänge zwischen Kosten der Beratung und den Vorgaben der Verordnung “konnten bisher nicht festgestellt werden”, heißt es. Keine Erkenntnisse hat sie nach eigenem Bekunden darüber, ob bestimmte Finanzprodukte durch die Priips-Verordnung nicht mehr angeboten werden.