Projektentwickler entdecken offene Immobilien-Spezialfonds

Regulierung treibt kleine Anbieter zu Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften - Investmentsteuerreform führt zur Schrumpfung der Fonds

Projektentwickler entdecken offene Immobilien-Spezialfonds

Von Christiane Lang, FrankfurtAlternative Investments sind angesichts der ultraniedrigen Zinsen eine begehrte Anlageklasse. So ist das in offenen Immobilien-Spezial-AIF verwaltete Vermögen seit 2014 von 55 Mrd. Euro auf 83 Mrd. Euro gestiegen. Das ist eine Steigerung von 50 % innerhalb von drei Jahren. Allerdings bedeutet dies am Gesamtvolumen deutscher Spezialfonds nur einen kleinen Anteil von lediglich 5 %, erläutert Michael Schneider, Geschäftsführer von IntReal, in einer Pressekonferenz. Grund sei der Mangel an guten Objekten. Die Nachfrage dagegen sei groß. Konsolidierung erwartetDas Interesse an diesem Segment zeigt sich auch in der wachsenden Zahl von Anbietern. Während die Zahl der Wertpapier-Kapitalverwaltungsgesellschaften seit 2009 geschrumpft ist, ist die der Anbieter offener Immobilien-Spezial-AIF von 24 auf 31 gestiegen – trotz kontinuierlich steigender regulatorischer Hürden. Mittelfristig rechnet Schneider aber auch hier mit einer Konsolidierung.In dieser Zahl nicht enthalten sind die Assetmanager und Projektentwickler, die über keine eigene KVG verfügen, sondern mit Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften kooperieren, also die mit der Auflage und Administration von Fonds verbundenen Dienstleistungen extern einkaufen. Vor allem der Trend zur Regulierung treibe kleinere Anbieter und Fonds-Neulinge zu den Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften, betont Marc Drießen, Geschäftsführer der Hansainvest. Denn habe die kritische Größe für eine KVG früher bei einem Volumen von 1 Mrd. Euro gelegen, sei diese heute bereits bei 3 Mrd. Euro anzusiedeln.Inzwischen steigen verstärkt Projektentwickler ins Fondsgeschäft ein. “Von den insgesamt 3 Mrd. Euro Nettofondsvermögen in unserer Pipeline stammt etwa 1 Mrd. Euro von Projektentwicklern, die bisher keine Fonds aufgelegt haben”, erläutert Drießen. Seine Gesellschaft habe zuletzt mehrere Developer begleitet.Laut Drießen ist der Einstieg der Projektentwickler ins Fondsgeschäft ein naheliegender Schritt. Denn sie schafften mit dem Fonds ein Anlagegut, das derzeit knapp und von Investoren händeringend gesucht sei. Zudem könnten sie mit der laufenden Managementgebühr ihre zyklische Ertragslage verstetigen. Allerdings, betont er, müsse auf Seiten der Projektentwickler oft eine emotionale Hürde überwunden werden. Besonders mittelständische Gesellschaften seien es gewohnt, Entscheidungen unabhängig zu treffen und sie nicht Dritten zu überlassen.Ein weiteres Problem stellen Interessenkonflikte dar. Bringt ein Developer selbst entwickelte Immobilien in einen Fonds ein, steht er damit sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite. Das kann für Investoren ein Hindernis sein.Drießen zufolge können diese Interessenkonflikte aber umgangen werden, wenn die Immobilie auf Basis eines unabhängigen Bewerters dem Anlageausschuss vorgestellt wird oder der Entwickler ein Bieterverfahren durchführt und der Fonds im Anschluss das Objekt zu einem Preis in der Nähe des höchsten Gebotes kauft. Eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft, die allen Ankäufen zustimmen muss, wird Drießen zufolge von Anlegern in der Regel als neutrale Kontrollinstanz wahrgenommen. Deutsche Objekte bevorzugtEine ganz andere Variante sind Fonds, die Projektentwickler finanzieren. Diese seien jedoch nicht über Spezial-AIF darstellbar, erläutert der Hansainvest-Manager. Hier würden vor allem Luxemburger Kreditfonds oder geschlossene Investment-Kapitalgesellschaften eingesetzt. Deutsche Investoren aber fühlten sich vor allem mit deutschen Fondsstrukturen wohl. Neben deutschen Fondsstrukturen werden auch deutsche Objekte bevorzugt. Breites AngebotMehr als 70 % des Volumens der Immobilien-Spezialfonds liegen in deutschen Immobilien. Deutschland biete aufgrund seiner föderalen, dezentralen Struktur im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein sehr breites Angebot in vielen Städten und sei damit der größte Immobilienmarkt Europas, betont Schneider von IntReal.Die hohe Nachfrage lasse die Objektpreise steigen, was wiederum dazu führe, dass mehr Immobilien auf den Markt kommen. Für das laufende Jahr rechnet Schneider mit einer ähnlichen Geschäftsentwicklung wie im laufenden Jahr und einer Zunahme des Nettovermögens der offenen Immobilien-Spezialfonds um mindestens 6 Mrd. auf dann rund 89 Mrd. Euro.Ein wesentlicher Trend bei offenen Immobilien-Spezial-AIF der vergangenen Jahre ist Schneider zufolge die starke Ausdifferenzierung der Subklassen. Büro- und Handelsimmobilien machen zusammen immer noch rund zwei Drittel des Marktes aus. Allerdings sind Büroimmobilien in den vergangenen zwei Jahren um fast 4 % gesunken, während die Nutzungsart Handel/Gastronomie um 6 % zugelegt hat.Am zweitstärksten sind mit rund 2 % Wohnimmobilien gewachsen. Das gestiegene Interesse am Segment Wohnen ist ohne die Niedrigzinsphase kaum möglich, denn die Renditen sind durch Mietbegrenzungen und aufwendige Administration nach oben begrenzt. Mehr Luxemburg-StrukturenFür das kommende Jahr rechnet Schneider damit, dass Kapitalverwaltungsgesellschaften aufgrund des Drucks internationaler Anleger, die sich mit dem deutschen Spezialfonds nicht auskennen, verstärkt auch Luxemburger Fondsstrukturen anbieten werden. Und er erwartet, dass Immobilienfonds auf der Risikokurve weiter nach oben gehen, um attraktive Renditen zu erwirtschaften.Laut Sebastian Gläser, Vice President bei MSCI, ist die durchschnittliche Performance aller offenen Immobilien-Spezialfonds über zehn Jahre betrachtet mit einem Total Return von 2,8 % pro Jahr eher schwach. Dieser Effekt gehe aber im Wesentlichen auf Europafonds zurück, die nur 1,9 % erreichten. Deutschlandfonds dagegen erreichten 4,3 % p.a. über zehn Jahre.Eine weitere Entwicklung bei offenen Immobilien-Spezialfonds wird durch die Investmentsteuerreform, die am 1. Januar in Kraft getreten ist, angestoßen: Die Fonds werden tendenziell kleiner, meint Schneider. Während Publikumsfonds automatisch unter das neue Investmentsteuerrecht fallen und Fondserträge damit künftig nicht mehr individuell beim Anleger, sondern pauschal auf Fondsebene besteuert werden, haben Spezialfonds für Institutionelle die Wahl. Sie können zwischen dem alten und neuen System wählen. Das heißt, sie können sich transparent beim Anleger oder nichttransparent auf Fondsebene besteuern lassen.Schneider zufolge wird es daher zukünftig viele verschiedene Ausgestaltungsformen der Fonds je nach Präferenz des Investors geben. Es sind individuelle Lösungen möglich. Das bedeutet aber, dass es künftig so gut wie keine Poolfonds mit aus steuerlicher Sicht heterogenen Anlegergruppen mehr geben wird. Es wird zu Abspaltungen auf Anlegerebene und damit zu kleineren Fonds kommen.