Quantitative Anlagelösungen und neue Renditequellen

Mit neuen Managementansätzen einen Mehrertrag erwirtschaften

Quantitative Anlagelösungen und neue Renditequellen

Dr. Ulrich NeugebauerLeiter Quantitatives Fondsmanagement & ETF Deka InvestmentAhmet PekerSenior Portfolio-Manager Multistrategie Deka InvestmentTraditionelle Anlagen bieten im Umfeld niedriger Zinsen und hoher Volatilität nicht mehr die aus der Vergangenheit bekannten Renditen. Stiftungen und Pensionskassen müssen deshalb Anlagelösungen finden, mit denen sich höhere Erträge erzielen lassen, ohne dabei das Risiko aus den Augen zu verlieren. Dazu gehören quantitative Strategien wie Risiko-Overlay und Factor-Investing oder die Erschließung neuer Renditequellen. Es ist Zeit für einen neuen Blickwinkel auf die Welt der Kapitalanlage. Über 30 Jahre lang lebten Investoren in einer Welt, in der sichere Staatspapiere auskömmliche Erträge brachten und das Portfolio stabilisierten. Eine Beimischung von Aktien sorgte für Zusatzerträge. Eine im Nachhinein angenehme und – relativ – sichere Welt. Doch das ist vorbei. Solide Staatstitel bringen kaum noch Rendite. Zugleich haben bei als sicher eingestuften Papieren die Kursschwankungen stark zugenommen, und vermutlich werden die Schwankungen an den Kapitalmärkten hoch bleiben. In einem solchen Umfeld liefern traditionelle Ansätze nicht mehr die aus der Vergangenheit bekannten Renditen. Daher müssen Stiftungen wie Pen­sionskassen entweder geringere Erträge akzeptieren, was vor dem Hintergrund der gegebenen Verpflichtungen als schwierig angesehen werden kann, oder höhere Risiken eingehen, was angesichts der begrenzten Risikobudgets für viele Institutionen nicht immer einfach umsetzbar ist. Ein Perspektivwechsel kann in dieser Situation helfen, um Möglichkeiten für eine proaktive Reaktion zu finden. Beispielsweise kann eine Antwort auf die Herausforderungen ein Risiko-Overlay sein. Damit können Anleger die Risiken im Portfolio gezielt steuern und kontrollieren. Diversifikationsvorteile zwischen verschiedenen Anlageklassen und -strategien zu nutzen und so das Risikobudget effizienter einzusetzen, ist hier das Ziel. Bei einem Risiko-Overlay erfolgt eine permanente Messung der aktuellen Risiken im Portfolio. Diese werden dann mit dem vorhandenen Risikobudget verglichen. Liegt das Verlustpotenzial über dem tolerierbaren Niveau, muss das Risiko heruntergefahren werden. Andernfalls kann der Investor es bei Bedarf sogar erhöhen. Wichtig ist dabei, Extremszenarien jenseits von Normalverteilungen zu berücksichtigen, um die Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung des Risikobudgets zu minimieren. In dem Maße, wie sich institutionelle Investoren im aktuellen Niedrigzins­umfeld verstärkt risikobehafteten Anlagen zuwenden (müssen), steigt die Nachfrage nach diesem Tool. Das Charmante an einem Risiko-Overlay ist, dass Anleger so nach höheren Erträgen suchen können, ohne dabei die Risiken aus den Augen zu verlieren. In einem Masterfonds können damit sogar ungenutzte Risikobudgets in den zugrundeliegenden Einzelsegmenten sinnvoll auf der Gesamtebene des Fonds eingesetzt werden. Damit haben Anleger eine breite Palette an Möglichkeiten, auf die zu erwartenden Herausforderungen zu reagieren und verschiedene Anlagestrategien, Konzepte und Assetklassen effektiver zu kombinieren. Eine weitere Frage ist: Welche Stellhebel bestehen, um die Ertragsseite zu verbessern? Neben benchmark­orientierten traditionellen Anlagen in Aktien und Anleihen bietet sich die Investition in Faktorprämien an.Im Allgemeinen geht man davon aus, dass einem Investment am Aktienmarkt ein allgemeines Risiko gegenübersteht, das durch eine Prämie, die Aktienrisikoprämie, entlohnt wird. Das ist grundsätzlich richtig, greift aber zu kurz. Hinter der Idee des ­Factor-Investing steht die Erkenntnis, dass sich dieses allgemeine Aktienmarktrisiko in verschiedene Teilrisiken oder analog hierzu die Aktienmarktprämie in entsprechend untergliederte Teilprämien (sogenannte Faktor­Prämien), zerlegen lässt. Solche “Eigenschaften” (Faktoren) von Aktien sind zum Beispiel Value, Momentum, Unternehmensgröße, Volatilität und andere Risikomaße. Eine gründliche Analyse und Selektion der Faktoren zahlt sich aus, da manche dieser Prämien attraktiver sind als andere. Darüber hinaus zeigen die einzelnen Faktoren zueinander und zum Gesamtmarkt interessante Korrelationseigenschaften. Richtig miteinander kombiniert besitzt ein Portfolio aus Faktor-Prämien insbesondere eine interessante und höhere Sharpe Ratio, das heißt, Anleger können hier einen zusätzlichen risikoadjustierten Mehrertrag im Vergleich zu einer Investition in eine einzelne Faktor-Prämie erzielen.Einen solchen Mehrertrag bezeichnet man als Anomalie. Ein Beispiel dafür ist die Low-Volatility-Strategie, also die Fokussierung auf Aktien, die weniger risikoreich und schwankungsanfällig sind. Grundsätzlich gilt am Kapitalmarkt das Credo, dass das Eingehen höherer Risiken mit höheren Erträgen kompensiert wird. Aufgrund der Ausrichtung vieler Mandate an einer Benchmark müssen sich In­vestoren, um den Markt zu übertreffen, auf die eher riskanteren Bereiche des Anlageuniversums konzentrieren. Solche Titel weisen aber einen geringeren risikoadjustierten Ertrag auf. Denn tatsächlich zeigen empirische Ergebnisse aus der Kapitalmarktforschung, dass Aktien mit niedrigerer Volatilität langfristig ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis bieten beziehungsweise eine höhere Sharpe Ratio aufweisen. Die Ausnutzung dieses speziellen Effektes gelingt noch besser, wenn man sich nicht allein auf die Volatilität fokussiert. Eine Aktie, die in einem Zeitraum um 10 % sinkt, kann die gleiche Volatilität aufweisen wie eine, die in der gleichen Periode um 10 % steigt. Um Titel zu finden, die eine “positive” Volatilität bieten, sollte im quantitativen Research auch auf weitergehende Faktoren gesetzt werden, die das Ertrags-Risiko-Verhältnis einer Aktie über die Ertragskomponente positiv beeinflussen. Factor-Investing funktioniert aber auch bei Staats- und Unternehmensanleihen, bei Währungen oder bei Rohstoffen. Eine Kombination von Faktor-Prämien über verschiedene Assetklassen erhöht dann zusätzlich die Zahl der Renditequellen und trägt damit zur Reduktion der Risiken und Glättung des Renditeverlaufs bei. Ein solcher Ansatz ist auch marktneutral umsetzbar, in dem mittels Absicherung gegen klassische Märkte die Abhängigkeit von diesen reduziert wird.Einen dritten Weg, um auf die aktuelle Situation zu reagieren, bieten Absolute-Return-Strategien. Zu den besonders etablierten Ansätzen gehören Long-Short-Aktienstrategien. Hier investiert der Fondsmanager in die Aktien, die nach seinem Selektionsprozess besonders attraktiv sind. Umgekehrt setzt er bei Titeln, die er als unattraktiv identifiziert, auf fallende Kurse. Durch die Balance zwischen diesen Long- und Short-Positionen ist das Portfolio marktneutral. Der Renditetreiber ist dann vornehmlich der Kursanstieg der Long-Aktien und der Kursrückgang der Short-Aktien. Theoretisch ist der Fondsmanager damit in der Lage, in jedem Umfeld eine positive Rendite zu erzielen, unabhängig davon, wie sich der Markt insgesamt entwickelt.Das Entscheidende bei solchen Strategien ist es, die richtigen Ansätze zu selektieren und die einzelnen Strate­gien zum Umfeld passend zu gewichten. So kann das vorhandene Risikobudget effizienter genutzt und eine große Anzahl von Renditetreibern erschlossen werden. Dabei sollte besonderer Fokus auf stringente Beta-Neutralität und ein dezidiertes Risikomanagement gelegt werden.Managementansätze müssen laufend weiterentwickelt werden. Schließlich ist der Kapitalmarkt nicht statisch, sondern im Gegenteil extrem dynamischen Entwicklungen unterworfen. Die DekaBank verfügt mit IQ-Kap (www.iq-kap.de) über ein eigenes Institut für quantitative Kapitalmarktforschung, in dem Experten verschiedener Gebiete eingebunden sind. Grundsätzlich geht es darum, Fähigkeiten im quantitativen Research kontinuierlich weiter zu verbessern, also Risiken schneller zu erkennen und präziser zu berechnen sowie die Güte von Prognosen zu verbessern.In den nächsten Jahren wird eine andere Stoßrichtung von besonderer Bedeutung sein: Die Digitalisierung zeigt auch hier ihre Auswirkungen beispielsweise bei der Integration neuer Datentypen in den Anlageprozess und der Erfassung zusätzlicher entscheidungsrelevanter Daten. Darüber hinaus wird die zeitliche Verfügbarkeit von Daten immer wichtiger. Informationen wie volkswirtschaftliche oder firmenspezifische Kennzahlen sind erst mit einer gewissen Zeitverzögerung vorhanden. Aktuell wird daran geforscht, wie man andere Quellen oder Datenstrukturen nutzen kann, um ökonomische Daten, zum Beispiel zu Inflation oder Wirtschaftswachstum, schneller zu erhalten, als das gegenwärtig möglich ist. So kann man noch früher auf Entwicklungen reagieren.Durch diese Neuerungen werden auch Anpassungen in der IT-Infrastruktur notwendig, um neue Datentypen, höhere Datenmengen und schnellere Verarbeitungszeiten zu ermöglichen. Langfristig ist davon auszugehen, dass dies ein wichtiger Baustein sein wird, um Investoren künftig noch bessere Lösungen für jedes Kapitalmarktumfeld zu bieten.Dr. Ulrich NeugebauerLeiter Quantitatives Fondsmanagement & ETFDeka InvestmentAhmet PekerSenior Portfolio-Manager MultistrategieDeka Investment