Regierungschefs drücken bei Kapitalmarktunion aufs Tempo
Euro-Gipfel drückt aufs Tempo
Regierungschefs wollen Kapitalmarktunion „unverzüglich“ beschleunigen
fed Frankfurt
Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten machen Dampf: Ernüchtert davon, dass in den vergangenen Jahren wenig Fortschritte bei der angestrebten europäischen Kapitalmarktunion erreicht worden sind, machen sie in der Schlusserklärung ihres Gipfeltreffens deutlich, dass sie langsam die Geduld verlieren. Die Regierungschefs seien „entschlossen, die Vertiefung unserer Kapitalmarktunion unverzüglich zu beschleunigen“.
Die beiden Co-Gesetzgeber, nämlich Rat und EU-Parlament, sollen dafür sorgen, „dass die noch ausstehenden Gesetzgebungsarbeiten in Bezug auf den Aktionsplan 2020 für die Kapitalmarktunion rasch abgeschlossen werden“. Neben dieser – für den diplomatischen Jargon bereits recht pointierenden – Tonalität signalisiert die Tatsache, dass sie regelmäßige Fortschrittsberichte einfordern, die unmissverständliche Erwartung der Chefs, dass endlich etwas passiert.
Dieser Eindruck wird von den Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz nach Abschluss des Euro-Gipfels bestätigt. „Was wir brauchen, sind große Reformen – wir werden das im April weiter diskutieren, denn das hängt zu lange fest.“ Und anschließend: „Es muss so sein, dass wir Fortschritte erzielen. Wir müssen diese Wachstumsressource für Europa endlich nutzen.“
Als Beispiele verweist Scholz auf Insolvenzrecht und Körperschaftsteuer. Er wolle die Möglichkeiten, die Kapitalmarktunion voranzutreiben, nicht eingrenzen. Das erfordere Kompromisse. „Es muss schon ein neuer Wille, ein neuer Geist sein, der uns in die Lage versetzt, hierbei wirklich etwas zu wollen.“ Nach den Worten des Kanzlers gehe es darum, „moderne Angebotspolitik“ zu machen.
Querverweis auf Maßnahmenliste
Die Schlusserklärung referenziert ausdrücklich auf das jüngste Schreiben des Eurogruppen-Präsidenten Paschal Donohoe. Der Ire hatte im Vorfeld des Euro-Gipfels nochmals die Ergebnisse des Euro-Finanzministertreffens in Gent zusammengefasst, darunter ein gutes Dutzend konkreter Vorschläge, die in der nächsten Legislaturperiode unbedingt angegangen werden sollten. Darunter findet sich auf Position eins die Wiederbelebung des EU-Verbriefungsmarkts – einschließlich der Anpassungswünsche, die seit geraumer Zeit von der Kreditwirtschaft vorgetragen werden, nämlich eine Überprüfung der aufsichtlichen Behandlung von Verbriefungen (Stichwort: Risikogewichtung) und der Anforderungen an Berichterstattung und Sorgfaltspflicht.
Daneben sieht der Maßnahmenkatalog der Minister unter anderem eine engere Verzahnung der Aufsicht durch Weiterentwicklung des gemeinsamen Regelwerks vor – ebenso die grundsätzliche Verringerung regulatorischer Vorgaben vor allem für kleinere Finanzmarktakteure oder auch die Angleichung nationaler Insolvenzregeln, insbesondere was die Rangfolge von Forderungen und auslösenden Ereignissen für ein Insolvenzverfahren oder die Regeln für finanzielle Sicherheiten und Abwicklung angeht.
Auch wollen sich die Finanzminister nach den Europawahlen an die Harmonisierung der Rechnungslegung herantrauen, damit die Finanzmarktteilnehmer dann auch den geplanten einheitlichen Datenzugangspunkt (European Singe Access Point) effektiver nutzen können.