GASTBEITRAG

Regulierung belastet Fondsanbieter immer mehr

Börsen-Zeitung, 12.11.2014 Seit der Finanzkrise 2008 verstärken die staatlichen Institutionen ihre Anstrengungen, die Finanzmärkte stärker zu regulieren. Dies führte in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen - und die...

Regulierung belastet Fondsanbieter immer mehr

Seit der Finanzkrise 2008 verstärken die staatlichen Institutionen ihre Anstrengungen, die Finanzmärkte stärker zu regulieren. Dies führte in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen – und die Geschwindigkeit, mit der diese erlassen werden, nimmt noch zu. Die erweiterten Regulierungsvorgaben von Gesetzgeber und Aufsicht, in Verbindung mit erhöhten Transparenzanforderungen für die Investoren, steigern für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) die Herausforderungen in der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen.Mit regulatorischen Anforderungen aus Berlin, Brüssel (EU), Paris (europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA) und auch aus Washington bewegen sich KVGs in einem immer komplexeren Spannungsfeld zwischen multilateralen Gesetzgebern und überwachenden Behörden. Seit einigen Jahren greift der deutsche Gesetzgeber dem EU-Gesetzgeber dabei immer öfter vor und wartet die umfangreichen Konsultationen der ESMA nicht ab. Auf EU-Ebene gibt es die Tendenz, Regelungen in Form von Verordnungen zu treffen, die direkt in allen Mitgliedsstaaten gelten. Richtlinien müssen hingegen noch in nationales Recht umgesetzt werden. Besonderheiten können dabei nicht immer berücksichtigt werden. Der deutsche Gesetzgeber geht häufig sogar über die Vorgaben aus Brüssel hinaus. Verschärfte RegulierungenNeben den Maßnahmen, welche die KVG selber betreffen, führen verschärfte Regulierungen bei institutionellen Kunden, z. B. durch die Eigenkapitalanforderungen aus Basel III für Banken und Solvency II bei Versicherungen, zu steigenden Anforderungen an Asset Manager. Eine entsprechende Produktgestaltung und ein deutlich erweitertes Reporting z. B. für Spezialfondsanleger steigern die Transparenz für den Kunden, müssen aber auch immer wieder flexibel an die jeweiligen Vorgaben angepasst werden.So bringt die für 2016 geplante Aufhebung der Anlageverordnung unterschiedliche Eigenkapitalregeln für Banken und Versicherungen, soll aber mit veränderten Regeln für Pensionskassen und kleine Versicherungen in Kraft bleiben und würde dabei künftig deren Möglichkeiten limitieren, in Spezialfonds zu investieren. Die Anbieter werden dabei gezwungen, im Reporting gegenüber den Anlegern die unterschiedlichen Regeln zur Anrechnung des Eigenkapitals umzusetzen.Diese Art der Regulierung der institutionellen Anleger beeinflusst in hohem Maße das erfolgreiche und erprobte Konzept des Spezialfonds und stellt es auf eine Stufe mit risikoreichen Hedgefonds. So sieht der aktuelle Entwurf der geplanten EU-Trennbankenverordnung vor, dass Banken, die als “systemrelevante Kreditinstitute” eingestuft werden, nicht mehr in Spezialfonds als sogenannte alternative Investmentfonds investieren dürfen. Und das, obwohl Spezialfonds eine überaus regulierte und transparente Anlageform darstellen, der neben Banken auch Versicherer, Versorgungswerke und Pensionskassen über 1 Bill. Euro in Deutschland anvertraut haben, mit wachsender Tendenz.Die Regulatorik wirkt sich in der KVG in fast allen Bereichen aus. Schwerpunkte liegen hier auf der Organisation, dem Reporting, dem Risikomanagement, dem Vertragsmanagement und dem Marketing. Ein laufendes Monitoring und die aktive Begleitung des Gesetzgebungsprozesses bilden die Grundlage für die rechtzeitige Identifikation der relevanten Vorhaben und die Einbindung der betroffenen Fachbereiche.Durch die aktive Mitarbeit bei Konsultationen, zum Beispiel innerhalb der EU-Gesetzgebungsverfahren, können Auswirkungen auf die bestehenden Prozesse abgeschätzt und Rückmeldungen z. B. über den Branchenverband BVI gegeben werden. Dies hat zusätzlich den Vorteil, dass bei einer folgenden Vorstudie bzw. Umsetzung die Spezialisten aus den Fachbereichen schon eingebunden waren und sich mit den einzelnen Themen intensiv beschäftigen konnten.Die frühzeitige Antizipation regulatorischer Veränderungen ist notwendig, um die Anforderungen umsetzen zu können, denn besonders bei den großen Regulierungsthemen sind viele unterschiedliche Bereiche betroffen. Während bei Mifid II noch eine relativ überschaubare Anzahl von Bereichen wie z. B. Produktmanagement, Vertrieb und Handel involviert ist, wirkt sich die Umsetzung der AIFMD nahezu auf die komplette Organisationsstruktur aus. Lange AnforderungslisteDie Anforderungsliste reicht von einer Überprüfung bereits existierender Anweisungen über die Validierung der Assets in den bestehenden Investmentvermögen (sowohl aus aufsichtsrechtlicher als auch aus steuerrechtlicher Sicht), über die Aktualisierung der Vertragswerke mit externen Asset Managern, Verwahrstellen und den Kunden, bis hin zur Implementierung von neuen Prozessen, inklusive eines komplexen Reportings an die Aufsichtsbehörde.Insgesamt steigt der Anteil regulatorischer Projekte am Projektbudget kontinuierlich. Dies geht unter Umständen zulasten von Weiterentwicklungsthemen, will man die Kosten im Griff behalten. Gleichzeitig sind regulatorische Projekte in der Regel von ihren Anforderungen her volatiler als z. B. klassische IT-Projekte und erfordern daher eine weitaus größere Flexibilität. Somit ist auch die Steuerung und Planung der unterschiedlichen Ressourcen (interne und externe Mitarbeiter, Budget) deutlich komplexer.Für die Gesellschaften wird es deshalb zunehmend wichtig, Gesetzesänderungen oder Ausführungsbestimmungen und deren Auswirkungen noch vor ihrer Verabschiedung zu antizipieren. Denn für neue Regeln müssen Szenarien entwickelt und in Projekten intensiv vorbereitet werden, damit eine rechtzeitige Umsetzung überhaupt möglich ist. Großer PersonalaufwandAllein die AIFMD, die der deutsche Gesetzgeber mit dem KAGB (Kapitalanlagegesetzbuch) umgesetzt hat, verursachte in der Deka-Gruppe rund 11 000 Personentage im Projekt, davon in der KVG über 3 000 Personentage. Die Herausforderung bestand neben dem Zeitdruck in der Komplexität der geforderten Unterlagen. Das KAGB umfasst derzeit 355 Paragrafen (plus entsprechende Auslegungsvorschriften). Mit seiner Umsetzung betraten nicht nur die Fondsgesellschaften, sondern auch die Regulierer Neuland. So kam es unter anderem zu Verzögerungen in der Umsetzung, weil sich der Gesetzgeber bzw. die Aufsichtsbehörden über einzelne Elemente des KAGB, deren Auswirkungen und die Umsetzung erst im Verlauf des Prozesses klar werden mussten. Die Herausforderungen werden noch verschärft, wenn der Gesetzgeber Zeitpläne verändert, wie z. B. bei der zentralen Abwicklung des Derivatehandels über Clearinghäuser.Regulatorische Themen sind inzwischen fester Bestandteil des Managements einer KVG, da sie weit reichende Konsequenzen für die gesamte Wertschöpfungskette haben können. Die gesamte Organisation des Unternehmens muss entsprechend darauf eingestellt werden, um einerseits die Herausforderungen bewältigen zu können und andererseits auch die Chancen nutzen zu können, die durch mehr Transparenz und damit Vertrauen auf Anlegerseite entstehen.—-Victor Moftakhar, Vorsitzender der Geschäftsführung Deka Investment