GASTBEITRAG

Regulierung der Wohnkredite ist ein Stückwerk

Börsen-Zeitung, 7.12.2016 Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) plant derzeit eine verschärfte Regulierung der Wohnungskredite. Der aktuelle Entwurf kann jedoch nur als Stückwerk bezeichnet werden und kann in der Praxis nicht funktionieren. Die...

Regulierung der Wohnkredite ist ein Stückwerk

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) plant derzeit eine verschärfte Regulierung der Wohnungskredite. Der aktuelle Entwurf kann jedoch nur als Stückwerk bezeichnet werden und kann in der Praxis nicht funktionieren. Die Regulierung der Wohnungsfinanzierung sollte entweder richtig gemacht werden oder gar nicht. Kommt der Entwurf in seiner aktuellen Fassung, werden die damit verbundenen Ziele nicht erreicht.Die deutsche Immobilienwirtschaft wird von den Plänen des BMF umgetrieben, die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten weiter zu regulieren. Ziel des Vorhabens: Die Bildung von Immobilienblasen soll verhindert werden. Allerdings hat der Entwurf einen Konstruktionsfehler: Das notwendige Kreditregister ist nicht mehr vorgesehen. Darüber hinaus sehen wir derzeit keine Anzeichen einer Blase. Informationen fehlenAktuell gibt es einen ersten Referentenentwurf, der im BMF zirkuliert. Demnach darf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Bedarfsfall Regeln erlassen, welche die Kreditvergabe für Wohnimmobilien einschränken. Vorgesehen sind eine Begrenzung der Loan-to-Value-Quote (LTV), verschärfte Anforderungen an die Tilgungshöhe und eine Obergrenze für das Verhältnis von Schuldendienst beziehungsweise Schuldenhöhe und Einkommen.Das ursprünglich vorgesehene Register für Wohnimmobilienkredite ist in dem Entwurf nicht mehr vorgesehen. Banken und Bankenverbände haben dies begrüßt, da ein Register einen erheblichen organisatorischen Aufwand bedeutet hätte. Diese Freude ist – zumindest aus Sicht der Immobilienwirtschaft – voreilig. Denn ohne das Kreditregister fehlen der BaFin genaue Informationen zum Markt. Dies ist ein schwerer Konstruktionsfehler des Vorhabens, denn die Aufsicht hat die Pflicht, in den Markt einzugreifen, wenn aus ihrer Sicht eine Blase droht. Ohne Kreditregister erhöht sich das Risiko, dass ein Eingriff der BaFin zur Unzeit kommt – entweder zu früh und damit unnötig oder zu spät. In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass Blasen erst im Nachhinein erkannt werden. Im Voraus ist dies praktisch unmöglich.Aus unserer Sicht gibt es einen weiteren Kritikpunkt: Die Maßnahmen greifen nur insofern, als eine Immobilienblase auch tatsächlich durch Kreditvergabe entsteht. Dies muss aber keineswegs der einzige Grund für eine Überhitzung sein. Bereits jetzt wird eine Vielzahl von Transaktionen substanziell von Eigenkapitalgebern finanziert. Um den Zustand des Marktes wirklich beurteilen zu können, fehlen wesentliche Informationen über den Immobilienmarkt selbst. Es ist bezeichnend, dass die Deutsche Bundesbank und andere Institutionen nicht auf die Daten der Gutachterausschüsse und Statistischen Ämter zurückgreifen, sondern auf Auswertungen und Erhebungen privatwirtschaftlicher Institutionen wie IPD, Bulwiengesa oder Immobilienscout.In seiner jetzigen Form ist der Entwurf daher ungeeignet. Soll er wirklich die Blasengefahr eindämmen, muss er um ein Kreditregister und umfassende Informationen über den Immobilienmarkt ergänzt werden. Nur so hat die BaFin eine gesicherte Entscheidungsgrundlage. Sollte der Referentenentwurf dennoch in der aktuellen Fassung umgesetzt werden, schätzen wir derzeit die Auswirkungen in der Praxis als überschaubar ein. Zu früher Eingriff als RisikoErstens ist der Entwurf nur eine Option für den Krisenfall – im Gegensatz zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die in sehr kurzer Frist für alle Verbraucherkredite umgesetzt werden musste. Und zweitens sehen wir – trotz der hohen Dynamik in vielen Märkten – derzeit keine Anzeichen einer Blase.Für die Immobilienbranche bleibt allerdings das Risiko, dass die Wahrnehmung der BaFin davon abweicht und sie die Instrumente zu früh zum Einsatz bringt. Dies hätte dann sehr wohl negative Auswirkungen auf den Markt.—-Francesco Fedele, Chief Executive Officer BF.direkt