Regulierungs-Wirrwarr verunsichert Fondsbranche

Mifid II schreibt umfassende Ex-post-Kostenangaben für das zurückliegende Jahr vor - Diverse Details sind dabei noch offen - Preisdruck steigt

Regulierungs-Wirrwarr verunsichert Fondsbranche

Wer glaubt, das EU-Regelwerk Mifid II sei bereits vollständig verarbeitet, hat sich getäuscht. Für das zurückliegende Jahr steht Fondsanlegern erstmals ein Ex-post-Kostenausweis zu. Doch diverse Detailfragen stiften Verwirrung. Ein Vergleich der Kosten bleibt schwer.la Frankfurt – Im April werden viele Fondsanleger den ersten Ex-post-Kostenausweis nach dem Regelwerk Mifid II für ihre Fondsanlagen in der Post haben. Diesen Termin nennen zumindest Union Investment, DekaBank und die Fondsbank FFB. Andere Gesellschaften wie die DWS haben noch nicht entschieden, wann die Kostenausweise verschickt werden. Für die Fondsbranche wird es dann spannend: Denn der zusätzliche Kostenausweis dürfte den Preisdruck auf die Branche erhöhen.Die seit Anfang 2018 wirksame EU-Finanzmarktrichtlinie schreibt vor, dass Anleger mindestens alle zwölf Monate über sämtliche tatsächlich angefallenen Fondskosten des abgelaufenen Geschäftsjahres informiert und diese der erzielten Rendite gegenübergestellt werden müssen. Neu ist, dass die Anleger die Kosten auf einen Blick in Euro und auch in Prozent des Anlagevolumens sehen werden. Der Ausweis umfasst dabei die Kosten des Fonds sowie die Positionen aller beteiligten Dienstleister. Vertriebsstellen und depotführende Banken müssen Provisionszahlungen, die sie erhalten, aus den Produktkosten herausrechnen und als eigene Dienstleistung ausweisen.Neu ist auch, dass die Anleger nun sämtliche Kostenbestandteile, also auch jene, die nicht oder eher versteckt ausgewiesen wurden, nun zu Gesicht bekommen. Dazu zählen nach Angaben des deutschen Fondsverbands BVI ausdrückliche Transaktionskosten wie Brokergebühren, die bisher in den Jahresberichten zu finden sind, aber auch indirekte Transaktionskosten, die im Handel anfallen. Wenn ein Fonds Wertpapiere kauft oder verkauft, beeinflusst er damit auch die Kurse. Unklar ist, wie dieser Effekt geschätzt werden kann. Priips-Methode als Vorbild?Wie diese Kosten erhoben werden, lässt Mifid II offen. Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA lasse aber zu, dass die Berechnungsmethode aus der Verordnung Priips, die ein Basisinformationsblatt für verschiedene Finanzprodukte vorschreibt, nun auch für den anstehenden Kostenausweis verwendet werden kann, sagt BVI-Expertin Magdalena Kuper. Für die Abteilungsdirektorin Recht ist die Priips-Methode aber problematisch. Denn das Ergebnis wird hier stark von Marktbewegungen beeinflusst, die im Mifid-Kostenausweis eigentlich nicht berücksichtigt werden sollen. Die Priips-Methode kann unterschiedlich ausfallen und sogar negative Kosten ausweisen, also ein Plus für den Sparer.”Das ist aus unserer Sicht ein großes rechtliches Risiko für die Fondsgesellschaften”, so die BVI-Expertin. “Wir empfehlen unseren Mitgliedern diese Methode daher nicht.” Priips lasse einen weiteren Ansatz für Fonds zu, die nicht älter als drei Jahre alt sind: die sogenannte Schätzmethode, die zu “deutlich vernünftigeren” Ergebnissen führe.Vor allem Fonds aus Großbritannien und Luxemburg nutzen die originäre Priips-Methode, während viele deutsche Anbieter die Schätzmethode nutzen. Die Angaben seien damit nicht mehr vergleichbar, kritisiert sie. Hinzu komme, dass auch die Berechnungszeiträume nicht geregelt sind, sagt Kuper. Im April werden die Anleger also Kostenausweise sehen, die möglicherweise zu verschiedenen Stichtagen berechnet sind, je nach Geschäftsjahresende der Fonds, die oft nicht dem Kalenderjahr entsprechen. Kuper warnt vor möglichen “Missverständnissen und Fehlsteuerungen”.Die Fondsgesellschaft Union Investment nutzt die Schätzmethode. Die Ergebnisse seien bislang plausibel, sagt Patrick Siegel, Experte im Produktmanagement des genossenschaftlichen Hauses. “In diesem Jahr aber haben wir keinen Fall mit negativen Transaktionskosten.” Schwierig sei es indes, die Daten zu beschaffen. Um die Informationen bereitstellen zu können, sei Union Investment für ein Depotangebot auf die Informationen anderer Fondsadressen angewiesen, sagt Siegel. “Dies klappt aber nur eingeschränkt. Zurzeit fehlt uns von rund einem Drittel der externen Fonds das Datenmaterial für den Ex-post-Kostenausweis.” Schon bei der Ex-ante-Berechnung, also dem Ausweis voraussichtlicher Kosten, habe sich gezeigt, dass viele Anbieter ihre Daten “sehr kurzfristig” lieferten. In den Fällen, in denen Union Investment keine Daten bekomme, müsse das Haus die Kosten auf Basis der Ex-ante-Angaben schätzen. Auch die Sparkassengesellschaft DekaBank berichtet, die Einholung aller Kostenangaben von anderen Fondshäusern und Emittenten sei eine Herausforderung. Zudem sei die Datenqualität unterschiedlich. Es mangele an eindeutigen Vorgaben. Viele, viele KostenausweisePeter Nonner, Geschäftsführer der Kronberger Fondsbank FFB, rechnet mit mehr Rückfragen durch Kunden. Die Fondsbank sei verpflichtet, Kunden die Ex-post-Angaben inklusive aller mit der Fondsanlage verbundenen Kosten zuzustellen. Das sei aufwendig. “Von den rund 600 000 Kunden der FFB verfügen nur rund zwei Drittel über ein Online-Postfach. Die verbleibenden Kunden erhalten die Ausweise per Post. Je nach Anzahl der gehaltenen Fonds kann dies sehr umfangreich sein.”Laut Nonner besteht die Herausforderung besonders darin, die Anleger ausreichend zu informieren, diese Informationen zugleich aber verständlich darzustellen. Zum Beispiel könne beim separaten Ausweis der Provisionen beim Anleger der Eindruck entstehen, dass diese zusätzlich gezahlt würden, dabei seien sie bereits in den Fondskosten enthalten. Neben den reinen Zahlendarstellungen seien deshalb auch verständliche Erläuterungen notwendig.Fragen können auch dann auftreten, wenn der Kunde für einen Fonds zwei oder mehr Kostenausweise erhält. Das kann etwa vorkommen, wenn der Anleger Kunde eines Vermögensverwalters oder eines Vermittlers unter einem Haftungsdach ist. Beide fallen unter Mifid II und sind verpflichtet, einen vollständigen Kostenausweis zu erstellen. Die Fondsbank, die ihre Produkte über Vermittler und Vermögensverwalter an Endkunden vertreibt, muss als Wertpapierdienstleister dem Kunden aber zusätzlich einen Kostenausweis versenden, in dem jedoch die Gebühren des Vermögensverwalters nicht enthalten sind. Auch hier kann laut Nonner angesichts der Mehrfach-Post der falsche Eindruck aufkommen, er müsse mehrfach zahlen.Für diejenigen Vermögensverwalter, die ihre Leistungen nicht selbst, sondern über die Fondsbank abrechnen, will die Plattform deshalb eine Konsolidierung der Kostenausweise als Serviceleistung anbieten. Die Darstellung müsse aber transparent machen, an welcher Stelle welche Entgelte und Gebühren anfallen, so Nonner. “Wir sind gerade dabei, entsprechende Verträge mit den Vermögensverwaltern zu entwickeln.”Die Kostenausweise für den Anleger wird nach Einschätzung von Vermittlern den Preisdruck verschärfen. Die Fondsgesellschaft DWS betont, im Vertrieb und in der Beratung spielten auch Faktoren wie Fairness, Leistung, Mehrwert, Kundennähe und Qualität eine wichtige Rolle: “Wir sind uns sicher, dass Produkte und Lösungen mit erkennbarem Mehrwert und adäquatem Preis-Leistungs-Verhältnis weiterhin nachgefragt sein werden.”