Reihen in Riad lichten sich
Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Fall des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi, der seit einem Besuch des Konsulats seines Heimatlandes in Istanbul verschwunden ist, hat den Finanzsektor erreicht. In den Fokus ist die “Future Investment Initiative” (FII) gerückt, eine breit angelegte Finanzkonferenz in Riad, der Hauptstadt des Königreichs, und damit die sich dort engagierenden Institute.Türkische Ermittler gehen davon aus, dass der Regierungskritiker Khashoggi im Konsulat von Agenten seines Landes ermordet worden ist. Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman steht im Verdacht, den Mord an einem Kritiker in Auftrag gegeben zu haben. US-Präsident Donald Trump hatte Saudi-Arabien zunächst mit einer “schweren Strafe” gedroht, um zu Wochenbeginn dann zu erklären, die Versicherung des saudischen Königs Salman, die Führung des Königreichs habe nichts mit dem Verschwinden Khashoggis zu tun, sei “sehr, sehr stark” gewesen. Der Journalist hatte unter anderem für die “Washington Post” berichtet.Inzwischen lichten sich die Reihen der Finanzprofis, die auf der als “Davos der Wüste” apostrophierten FII vom 23. bis 25. Oktober Flagge zeigen wollen. Jamie Dimon, Chef von J.P. Morgan, hat neben diversen US-Unternehmensgrößen seine Teilnahme bereits abgesagt, ebenso BNP-Paribas-Chairman Jean Lemierre, wie gemeldet wird. Laurence Fink, Gründer, Aufsichtsratvorsitzender und Vorstandsvorsitzender des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, sowie Stephen Schwarzman, Chief Executive Officer der Beteiligungsgesellschaft Blackstone, sollen mittlerweile kurz davor stehen, auf die Reise nach Riad zu verzichten.Pikant: Schwarzman sitzt im Beirat der Konferenz, was einen geräuschlosen Rückzieher zweifelsohne erschwert. Dimon, Fink und Schwarzman hätten bereits versucht, eine Verschiebung der Konferenz zu erreichen, schreibt die “New York Times”. Neben Dimon, Fink und Schwarzman hatten die Organisatoren Ende September etliche Finanzprominente als Redner aufgeführt, darunter IWF-Präsidentin Christine Lagarde, US-Finanzminister Steven Mnuchin, Bank-of-China-Chef Tong Li, KKR-Chairman David Petraeus, MUFG-Bank-Chef Kanetsugu Mike, HSBC-CEO John Flint sowie TPG-Capital-Chairman David Bonderman.In eine heikle Lage manövriert haben sich insbesondere die beiden Großbanken HSBC und Credit Suisse: sie treten neben MasterCard, Siemens und anderen als “strategische Partner” der Veranstaltung auf. Wie Blackstone-Chef Schwarzman, Softbank-CEO Masayoshi Son, Siemens-Chef Josef Käser sowie der Investor Peter Thiel sitzt überdies auch Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam im Advisory Board der Veranstalter. Kein KommentarWeder Credit Suisse noch HSBC äußerten sich am Montag auf Anfrage der Börsen-Zeitung dazu, ob sie ihr Engagement im Lichte des Verschwindens Khashoggis überdenken. Nicht äußern wollte sich auch die Deutsche Bank. In Finanzkreisen wurde darauf hingewiesen, dass das Institut bei der Zusammenkunft in der Wüste “keine aktive Rolle” etwa durch eine Entsendung eines Redners spiele. Ob ein Vertreter des Hauses, das für sich mit dem Slogan “Positiver Beitrag” wirbt, teilnehmen wird, ist noch nicht entschieden, wie es heißt. Für die Finanzinstitute geht es um die Folgen für die Reputation und ums Geschäft. Wichtiges StandbeinSo ist Saudi-Arabien für Credit Suisse ein wichtiges Standbein der Bankstrategie im Nahen Osten, wie das schweizerische Nachrichtenportal “finews.ch” schreibt. Erst im vergangenen Sommer habe Thiam Journalisten erklärt, er arbeite im Königreich weiterhin auf eine volle Banklizenz hin. Zudem gilt ein Börsengang des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco als womöglich größter Börsengang aller Zeiten. Die Platzierung von 5 % der Anteile an der Gesellschaft, die ebenfalls als “strategischer Partner” der Konferenz in der Wüste auftritt, soll nach dem Willen des Königreiches bis zu 100 Mrd. Dollar einspielen. Entsprechend hoch wären die Provisionen der Konsorten. Allerdings hieß es zuletzt, Saudi-Arabien habe die Emission auf Eis gelegt.Die Liste der “Knowledge Partners” der Konferenz liest sich derweil wie eine Aufstellung der wichtigsten Spieler im Beratungs- und Prüfgeschäft: Die Boston Consulting Group, Deloitte und EY sind ebenso dabei wie McKinsey, Oliver Wyman, PwC und deren Beratungsarm Strategy&. Als “Summit Partners” fungieren Roland Berger und Bain.Eigener Darstellung zufolge will die “Future Investment Initiative” unter Führung von Kronprinz Mohammad bin Salman nicht weniger liefern als “eine Blaupause für das 22. Jahrhundert”.”FII wird die Zukunft der globalen Anlage weiterhin formen durch ein eindringendes Drei-Tage-Programm, das interaktive Gespräche mit globalen Führungspersönlichkeiten ebenso umfasst wie private Treffen, kuratierte Roundtables, Entertainment von Weltklasse, beispielloses CEO-Networking und einen tiefen Dialog mit globalen Medien”, heißt es. Inzwischen haben allerdings auch diverse Medien angekündigt, dem Treffen fernzubleiben, unter anderem die “Financial Times”, die “New York Times”, der “Economist”, Bloomberg und CNN.