Riester-Alternative ohne die Politik
jsc Frankfurt – Ein staatlich organisiertes Vorsorgeprodukt als Alternative zur staatlich geförderten Riester-Rente soll nach Vorstellung der Verbraucherzentralen vor politischer Einflussnahme geschützt werden: Der Verwaltungsrat sollte demnach überwiegend aus erfahrenen Finanzfachleuten bestehen und aktive Politiker und Mitglieder der öffentlichen Verwaltung ausschließen, wie ein Gutachten des Marburger Rechtsprofessors Markus Roth vorschlägt, das vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) beauftragt wurde.Auch die Vermögensverwaltung könnte demnach “staatsunabhängig” erfolgen: So schlägt das Gutachten die Vergabe an externe Anbieter vor. Eine “Auswahlarchitektur” mit fortlaufenden Rendite- und Risikovergleichen könnte den Vergleich mit privaten Fonds erleichtern, sollte sich ein versicherter Kunde gegen die öffentlich organisierte Lösung entscheiden. “Ein staatlich organisiertes Standardprodukt ist von einem Staatsfonds zu unterscheiden und vor staatlichem Zugriff sowie vor staatlicher Einflussnahme zu schützen”, schreibt der Experte vom Institut für Handels-, Wirtschafts- und Arbeitsrecht. Ein Beirat soll die Verbraucherinteressen wahren.Das Gutachten ist der neueste Vorstoß für ein staatlich organisiertes Produkt, das möglichst viele Menschen automatisch einbindet, sofern sie nicht widersprechen (Opt-out). Der VZBV, der vom langjährigen Grünen-Politiker Klaus Müller angeführt wird, empfiehlt eine “Extrarente” als Teil der privaten Altersvorsorge in der dritten Säule, und zwar ausdrücklich in Abgrenzung zur Riester-Rente. Damit stößt er auf heftige Kritik der Branche, die ihrerseits eine Vereinfachung und Stärkung der Riester-Rente fordert und vor einem “radikalen Systemwechsel” warnt, wie die Verbände der Versicherer, Fondshäuser und Bausparkassen im November festgehalten haben. In der Politik ist die Idee umstritten: Auf ihrem Parteitag im November hatte sich die CDU auf einen Kompromiss geeinigt, der eine dreijährige Frist für die Finanzbranche vorsieht, um die Zahl der abgeschlossenen Verträge in der privaten Vorsorge um mindestens 30 % zu erhöhen. Sollten sich die Erwartungen nicht erfüllen, soll ein staatlich organisiertes Standardprodukt eingeführt werden.Roth hatte bereits im Januar 2019 in einem Gutachten das Modell einer staatlich organisierten Lösung skizziert und sich für das Opt-out-Prinzip sowie für eine kostengünstige und renditeorientierte Variante ausgesprochen. Als Beispiel zieht er damals wie heute den schwedischen Staatsfonds AP7 heran, der Teil des gesetzlichen Rentensystems (der ersten Säule) ist, das britische Vehikel Nest, das in der betrieblichen Altersvorsorge (der zweiten Säule) aufgehängt ist, und das kalifornische Modell Calsavers, das mit der individuellen Vorsorge (der dritten Säule) verknüpft ist. Sein Urteil zum Einfluss der Politik fällt im Sinne seines Auftraggebers aus: “International lässt sich eine solche Einflussnahme auf Träger staatlich organisierter Standardprodukte nicht feststellen.”