LEITARTIKEL

Ring frei!

Gong - die nächste Runde im Boxkampf zwischen Aufsicht und Fondsanbietern wegen der Gebühren ist eingeläutet. Zu Jahresbeginn hat die Wertpapieraufsicht ESMA eine sogenannte Common Supervisory Action, also eine gemeinschaftliche Überprüfung des...

Ring frei!

Gong – die nächste Runde im Boxkampf zwischen Aufsicht und Fondsanbietern wegen der Gebühren ist eingeläutet. Zu Jahresbeginn hat die Wertpapieraufsicht ESMA eine sogenannte Common Supervisory Action, also eine gemeinschaftliche Überprüfung des Themas zusammen mit den nationalen Behörden, angekündigt. Sind die Gebühren angemessen für die Leistung eines Fonds oder zu hoch, wie im Vergleich zu Wettbewerbern? Werden alle Anleger gleich behandelt oder bekommen manche gar günstigere Konditionen? Wie transparent sind die Kosten? Solche und ähnliche Fragen sollen geprüft werden, um im Sinne der angestrebten Kapitalmarktunion in allen EU-Ländern eine einheitliche Aufsichtspraxis bei Fondsgebühren zu erreichen, die Gebühren insgesamt zu senken und das Vertrauen der Anleger in Finanzmärkte zu stärken. Da die Gebührenhöhe angesichts niedriger Zinsen und volatiler Aktienmärkte entscheidend bei der Frage ist, wie viel Rendite nach Kosten überhaupt bei den Anlegern verbleibt, sind die Gebühren von Fonds trotz verschärfter Vorschriften und Preiskämpfen bei Indexfonds weiterhin ein Thema, das die Aufsicht umtreibt.Die Höhe der Fondsgebühren sowie häufig ein Mangel an Klarheit über sämtliche Kostenpositionen sind seit Jahren ein Zankapfel zwischen Anbietern und der Aufsicht. Vor einem Jahr hatte die ESMA in einer Untersuchung festgestellt, dass Gebühren und Kosten im Schnitt rund ein Viertel der Wertentwicklung eines Investmentfonds für Privatanleger auffressen und dass diesen doppelt so hohe Gebühren in Rechnung gestellt werden wie den institutionellen Investoren. Die Gebührenspanne ist zudem zwischen den einzelnen Ländern ziemlich groß. Deutschland schnitt als größter Absatzmarkt immerhin mit vergleichsweise moderaten Gebühren ab.Nun bezog sich diese Studie auf die Jahre 2015 bis 2017. Seitdem hat sich, angetrieben durch den Preiskampf bei den ETFs und das immer stärkere Interesse der Anleger an diesen kostengünstigen Anlageformen, auch bei den deutlich teureren aktiven Fonds ein bisschen was getan. Zuletzt etwa wies das Analysehaus Morningstar in einer Studie für die aktiv gesteuerten Vehikel eine Quote für die laufenden Kosten per Ende Oktober 2020 von im Schnitt 1,35 % aus gegenüber 1,63 % sieben Jahre zuvor. Allerdings rührt ein guter Teil des Rückgangs daher, dass Länder wie Großbritannien oder die Niederlande Kickbacks verboten haben. Wird der Vertrieb nämlich nicht mehr über Provisionen der Fondsanbieter vergütet, sinken die Gebühren schlagartig. In Deutschland dagegen hält man am provisionsfinanzierten Vertrieb fest.Nicht jedem Anleger ist bewusst, auf welchen Betrag sich der nur auf den ersten Blick niedrige Prozentsatz für laufende Kosten über die Jahre summiert. Auf Dauer übertreffen die Gebühren des Provisionsvertriebs den Preis einer Honorarberatung. Hinzu kommen Ausgabeaufschläge oder Rücknahmeabschläge, mitunter erfolgsabhängige Gebühren. Während diese Posten im Anlegerinformationsblatt klar aufgeführt sind, muss man für die weiteren Gebühren wie Transaktionskosten für die Anpassungen im Portfolio, für Wertpapierleihe oder die Entlohnung von Dienstleistern nicht selten den Verkaufsprospekt oder den Jahresbericht durchackern. Wer da im Voraus weiß, wie viel Euro ihn Fonds xy auf 100 Euro Anlagesumme kostet – Chapeau! Versierte Anleger mögen den Überblick behalten und wissen, wie teuer aktive Fonds wirklich sind. Sie wechseln daher häufig zu den Indexfonds, wie der Rekord von fast 8 Bill. Dollar weltweit in ETFs zeigt – auch weil die Performance passiver Produkte diejenige der aktiven Fonds gar nicht so selten übertrifft.Auch wenn die Investoren also auf diese Weise schon mit den Füßen abstimmen – es ist richtig, dass die ESMA bei den Fondsgebühren nicht locker lässt und eine einheitliche Aufsicht anstrebt. Denn es gibt immer noch überteuerte Produkte. Zudem suchen sich die Anbieter gezielt Standorte für die Fondsauflage aus, wo die Aufseher auch mal fünfe gerade sein lassen. Mit ihrer Untersuchung schaut die ESMA nun genau hin und steigert den Druck auf die Anbieter, bei überteuerten Produkten Gebühren zu senken und die Kosten endlich übersichtlich auszuweisen. Wenn die Aufsicht den Kampf nach Punkten gewinnt und Kleinanleger vermehrt in den Markt gelockt werden, was erklärtes Ziel der ESMA ist, wäre letztlich auch den Fondsgesellschaften geholfen, die jetzt über die Untersuchung stöhnen!——Von Silke StoltenbergÜber die Fondsgebühren streiten Anbieter und Aufsicht seit Jahren. Jetzt will die ESMA mit einer Untersuchung die Aufsichtspraxis vereinheitlichen. ——