Robuster Boom
Der Verkauf von Mischfonds gewinnt weiter an Fahrt. Von Januar bis April haben die Fondsgesellschaften von deutschen Anlegern netto bereits mehr als 17 Mrd. Euro eingesammelt, wie der Fondsverband BVI berichtet – mehr als das Doppelte dessen, was in den ersten vier Monaten des Vorjahres erzielt worden war. Waren die Produkte vor der Finanzkrise eher eine Randerscheinung, sind vermögensverwaltende Fonds und Multi-Asset-Konzepte mittlerweile weit verbreitet. Mit zuletzt 205 Mrd. Euro Volumen haben sich die Produkte bereits vor die Rentenfonds geschoben. Alles deutet darauf hin, dass sich der Boom fortsetzt.Denn der starke Absatz wird von allen Beteiligten im Fondsgeschäft getragen: Die privaten Anleger erkennen, dass sie mit sicheren Sparangeboten keine Rendite mehr erzielen können. Da sie reine Aktienprodukte nach der Finanzkrise und dem Platzen der Dotcom-Blase vielfach meiden, rücken Mischfonds in den Fokus. Finanzberater wiederum greifen zu den Produkten, weil sie hiermit ohne großen Aufwand ein Anlagekonzept aus einer Hand anbieten können. Und die Fondsgesellschaften verdienen prächtig an den Mischfonds, deren Gebühren durchaus mit jenen aktiv verwalteter Aktienfonds vergleichbar sind. Das schlägt sich auch in den Vertriebsprovisionen nieder, die den Verkauf ankurbeln. Die jüngsten Erfolge im Fondsgeschäft hängen aber nicht zuletzt auch an der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), die mit dem laufenden Anleihenkaufprogramm die Märkte beflügelt hat, während die Leitsätze weiterhin nahe der Nullmarke verharren.Zuletzt ging es an den Börsen wieder etwas turbulenter zu, doch wird das die Verkaufswelle der Mischfonds nicht stoppen. Die Produkte sind flexibler als reine Aktien- oder Rentenfonds, sie können das Portfolio je nach Anlagekonzept neu gewichten und so auf Schwankungen reagieren. Im Fall eines breiten Kursrutsches können einige Fonds sogar ganz aus den Märkten aussteigen und Liquidität horten. Ob sich diese Flexibilität im Ernstfall auszahlt, muss sich zeigen, doch geben die Sparer den Fonds einen Vertrauensvorschuss und setzen darauf, dass sie Verluste abfedern können. Im Vertrieb dominieren daher ausgewogene und konservative Anlagekonzepte.Auch der Erfolg börsengehandelter Indexfonds (ETF), über den die Branche aufgeregt diskutiert, wird die Mischfonds nicht bremsen. Zwar kann jeder Anleger selbst ein Portfolio mit den billigen Instrumenten zusammenstellen. Mit dieser Strategie würden Sparer, so jedenfalls wird rückblickend deutlich, sehr häufig bessere Ergebnisse erzielen als mit aktiv verwalteten Mischfonds. Doch sind bislang nur wenige private Anleger dazu übergegangen, den Portfoliomix in Eigenregie mit ETF zu steuern. Wer die passiven Produkte nutzen will, muss die Frage beantworten können, welche Indexzusammenstellung sinnvoll ist. Der typische Anleger ist angesichts des verbreiteten Unwissens in Finanzfragen damit überfordert – falls er überhaupt schon mal von ETF gehört hat. Bislang setzen daher vor allem Profis, insbesondere institutionelle Anleger, auf die passiven Fondsprodukte. Die meisten Privatkunden werden hingegen auf absehbare Zeit ihre Bank oder Sparkasse um Rat fragen, die im provisionsbasierten Vertrieb keine ETF empfiehlt.Bleiben noch Politik und Aufsicht, die das florierende Geschäft mit Mischfonds bremsen könnten – die Provisionsberatung und die damit einhergehenden Interessenkonflikte sind manchen schließlich ein Dorn im Auge. Seit der Finanzkrise sind die Regeln für die Wertpapierberatung bereits erheblich verschärft worden. Die überarbeitete Finanzmarktrichtlinie Mifid II wird ab 2017 weitere Vorgaben mit sich bringen. Doch auch das ist kein Hindernis für Mischfonds – im Gegenteil. Die Produkte haben immer dann gute Chancen, wenn Finanzberater es meiden, viele einzelne Fonds oder Wertpapiere zu vermitteln oder sehr komplexe Produkte. Das Beratungsprotokoll, das im Vertrieb mit spürbarem Aufwand verbunden ist, entfaltet diese Wirkung bereits heute. Ähnliche Folgen wird Mifid II mit sich bringen. Die Details sind noch unklar, doch wird es eine wichtige Vorgabe sein, dass die Finanzbranche Zielgruppen für ihre Produkte benennen muss. Mischfonds kommen für ein breites Publikum in Frage und werden diese Vorgabe leicht erfüllen können.Welche Produkte vor allem verkauft werden, liegt also auch in den Händen der Aufseher. Mischfonds haben sie bislang nicht speziell im Visier. Auch das spricht für eine Fortsetzung des Booms.——–Von Jan SchraderMischfonds verkaufen sich prächtig. Der Trend wird sich fortsetzen, auch wenn Assetmanager vor vielen Herausforderungen stehen.——-