"Rückwärtsgewandt und ideen- und mutlos"
Das Bankgewerbe ist eine schrumpfende Branche (vgl. Grafik). Umso mehr gewinnen arbeits-, sozial- und tarifpolitische Themen an Bedeutung. Eines davon ist die geplante Lockerung des Kündigungsschutzes für Risikoträger. Mit der Bundesregierung geht der Arbeitgeberverband hart ins Gericht. ski Frankfurt – Die privaten Bankarbeitgeber sind unzufrieden mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Lockerung des Kündigungsschutzes für hoch bezahlte Risikoträger von Finanzinstituten. Der Ansatz, angesichts des bevorstehenden Brexit den Finanzplatz Deutschland auch über Änderungen beim Kündigungsschutz zu stärken, sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, schreibt der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) in seinem Jahresbericht. Doch gehe die vorgesehene Regelung nicht weit genug. “Die Beschränkung auf Risikoträger grenzt den Personenkreis stark ein und vernachlässigt die große Zahl höher vergüteter Nicht-Risikoträger.” Nach den Plänen der großen Koalition sollen Beschäftigte, deren Arbeit sich entsprechend der Definition der Institutsvergütungsverordnung wesentlich auf das Risikoprofil ihres Instituts auswirkt, kündigungsrechtlich leitenden Angestellten gleichgestellt werden, wenn die jährliche Grundvergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung überschreitet. Die Schwelle läge demnach zurzeit bei 234 000 Euro. “Leitende” neu definierenHinzu komme, so der AGV Banken, dass die Gleichstellung mit leitenden Angestellten zwar eine Trennung der Bank von den betreffenden Beschäftigten erlaube, dies bei sozial nicht gerechtfertigter Kündigung aber nur über eine gerichtlich festgelegte Abfindung (bis 18 Monatsgehälter) möglich sei. Der Verband schlägt stattdessen vor, den aus seiner Sicht problematischen Begriff des “leitenden Angestellten” so zu modernisieren, dass Angestellte von einer bestimmten Vergütungshöhe an als “leitend” qualifiziert werden und eine betriebsbedingte Kündigung unabhängig von ihrer sozialen Rechtfertigung zugelassen wird, wenn der Arbeitnehmer vertraglich auf die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes verzichtet hat und eine Mindestkündigungsfrist vereinbart wurde.Das Urteil der Bankarbeitgeber über die aktuelle Arbeits- und Sozialpolitik ganz allgemein läuft auf einen Verriss hinaus. Diese Politik erweise sich “als teilweise rückwärtsgewandt und insgesamt ideen- und mutlos”. Sie beschränke das Direktionsrecht der Arbeitgeber durch einseitige Teilzeitansprüche und das Postulat einer Arbeitszeitsouveränität, die primär Wünsche der Beschäftigten berücksichtige, und lasse berechtigte Interessen der Arbeitgeber außen vor. Zudem gehe die Rentenpolitik zulasten der Jungen. “Die einzige Dynamik, die in Deutschland dadurch entsteht, ist das kraftvolle Verschieben bislang wohl austarierter Gewichte.”Beispielhaft wird ein “Stillstand im Arbeitszeitrecht” kritisiert, der vor allem Branchen mit hohem Digitalisierungs- und Internationalisierungsgrad wie das Kreditgewerbe betreffe. Die Banken, in denen Arbeitsformen vielfach hochflexibel sein müssten, so die Arbeitgeber, würden von einer angemessenen Fortentwicklung der Arbeitszeitregulierung erheblich profitieren. Doch verliere der Koalitionsvertrag etwa über die starre Ruhezeit von elf Stunden kein Wort. Ressource ErreichbarkeitEin Sonderkapitel des Berichts widmet sich ausführlich dem Thema “Erweiterte Erreichbarkeit” für berufliche Belange außerhalb des Büros und der üblichen Arbeitszeiten. Ein Ergebnis einer Studie dazu: Die weit verbreitete These, Erreichbarkeit beeinflusse Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten grundsätzlich negativ, sei deutlich zu relativieren. “Vielmehr kann Erreichbarkeit auch eine Ressource sein, wenn die Umstände stimmen.” Belastend wirkten allerdings allzu häufige, aufgezwungene oder unnötige Kontakte sowie erheblicher Zusatzaufwand nach Feierabend.