Jahresergebnis

Russland-Exposure trifft ING

Deutlich angezogene Kreditrisikovorsorge hat die Ergebnisse der ING Groep wie ihrer Deutschlandtochter belastet. Sie überkompensierten bei stabilen Kosten die leichten Einnahmenzuwächse im operativen Geschäft.

Russland-Exposure trifft ING

fir Frankfurt

– Der niederländische ING-Konzern hat im vergangenen Jahr wegen hoher Kreditrisikovorsorge mit 5,5 Mrd. Euro vor Steuern knapp ein Fünftel weniger verdient als 2021. Auch in Deutschland hat ING wegen der vervierfachten Risikovorsorge deutlich an Gewinn eingebüßt, wie bereits aus den am Donnerstag veröffentlichten Jahreszahlen der Gruppe hervorgeht. Die Deutschland-Tochter hält an diesem Freitag ihre Bilanzpressekonferenz in Frankfurt ab.

Das Vorsteuerergebnis der ING Deutschland, zu der auch Interhyp und das nach dem Retail-Ausstieg verbliebene Unternehmenskundengeschäft in Österreich zählen, gab um 16,5% auf 936 Mill. Euro nach. Grund dafür war die auf insgesamt 460 Mill. Euro hochgefahrene Kreditrisikovorsorge, wovon vor allem wegen des wackligen Ex­­posures mit Russlandbezug 413 Mill. Euro im ersten Quartal verbucht wurden. Davon entfielen nach Angaben aus dem Mai 391 Mill. Euro auf das dortige Firmenkundengeschäft (Whole­sale Banking). Die ING-Gruppe hatte im ersten Quartal die Vorsorge um das Vierfache auf fast 1 Mrd. Euro aufgestockt, davon 834 Mill. Euro wegen des Russland-Engagements, wie sie seinerzeit mitgeteilt hatte. Danach sattelte sie alles in allem noch fast 900 Mill. Euro drauf, sodass sich die Risikovorsorge der Gruppe im Gesamtjahr auf annähernd 1,9 Mrd. Euro summiert nach mehr als 500 Mill. Euro 2021. Die ING Groep wolle ihre seit drei Jahrzehnten währende Präsenz in Russland mit der ING Bank (Eurasia) aufrechterhalten, hieß es im Frühjahr. Das Neugeschäft sei jedoch eingestellt worden.

Angesichts nahezu konstanter Kosten und der vor allem dank deutlich angewachsenen Zinsüberschusses höheren Gesamteinnahmen strich die Bank in Deutschland vor Risikovorsorge und Steuern 1,4 Mrd. Euro ein und damit fast 13% mehr als im Vorjahr. Das Provisionsergebnis gab 2022 leicht nach.

Kundeneinlagen wachsen

Wegen der Vorsorge brach das Vorsteuerergebnis der ING Deutschland im Wholesale Banking auf 34 Mill. Euro und damit ein Zehntel des Vorjahreswerts ein. Im Privatkundengeschäft verbesserte es sich hingegen um 15% auf 900 Mill. Euro. Dabei lag das Kreditvolumen Ende 2022 mit 127Mrd. Euro auf Vorjahresniveau: Baufinanzierungen waren unverändert bei knapp 86 Mrd. Euro, andere Finanzierungen, d.h. hauptsächlich im Firmenkundengeschäft, mit 41 Mrd. Euro leicht unter dem 2021er-Wert.

Die Kunden hatten zum Jahresende 139 Mrd. Euro bei der ING angelegt und damit 3 Mrd. Euro mehr als ein Jahr zuvor und 10 Mrd. Euro mehr als Ende März. Hatten sie zunächst wegen des Verwahrentgelts Gelder abgezogen, so kehrte sich dieser Trend um, als die ING im Zuge der sich anbahnenden Zinswende erst die Abschaffung des Strafzinses andeutete und später Zinsen auf Einlagenprodukte anhob. Im vierten Quartal legte der Zinsüberschuss hierzulande im Jahresvergleich gar um 48% auf 639 Mill. zu, derweil der Provisionsüberschuss um ein Fünftel auf 111 Mill. Euro abrutschte, was das Institut auf weniger Geschäfte mit Anlageprodukten und geringere Gebühren aus der Hypothekenvermittlung zurückführt.

Im Gesamtkonzern verharrten die Gesamterträge 2022 mit 18,5 Mrd. Euro auf Vorjahresniveau, wobei sich hier die Belastung im Zusammenhang mit den längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO III) der EZB niederschlägt. Die ING-Gruppe hatte bereits im November angekündigt, wegen von der EZB vorgenommener Änderungen bei der Aufnahme der vergünstigten Notenbankkredite entsprechende Derivatepositionen aufzulösen und den resultierenden negativen Effekt in Höhe von 315 Mill. Euro im vierten Quartal zu verbuchen. Für das Retail Banking in Deutschland weist ING für das vierte Quartal ein TLTRO-bezogenes Zinsminus von 42 Mill. Euro nach plus 2 Mill. Euro im Vorjahresquartal aus. Wie die ING Groep am Donnerstag mitteilte, zieht sich Aufsichtsratsvorsitzender Hans Wijers aus persönlichen Gründen in der zweiten Jahreshälfte zurück. Er steht dem Gremium seit 2018 vor.

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