Sackgasse oder Sprungbrett? - Karrieren von IR-Managern

Forschungsprojekt zielt auf belastbare Daten über die Werdegänge ab - Berufsbild ist durch ein breites Tätigkeitsfeld gekennzeichnet

Sackgasse oder Sprungbrett? - Karrieren von IR-Managern

Das Berufsfeld “Investor Relations” (IR) ist der deutschen Öffentlichkeit bisher noch relativ unbekannt. Viele Studenten und Universitätsabsolventen haben oft nur vage Vorstellungen über die Aufgaben und Tätigkeitsfelder eines IR-Managers. Daher fragen sich zahlreiche Berufsanfänger, welche Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten Investor Relations überhaupt bietet. Fragen über FragenDie Unwissenheit ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass in Deutschland das Berufsfeld Investor Relations noch relativ jung ist und sich erst in den letzten Jahren erheblich professionalisierte. Ausschlaggebend hierfür waren unter anderem die Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt. Der Boom auf dem Aktienmarkt in den neunziger Jahren und der Börsencrash Anfang 2000 haben das Berufsbild des IR-Managers grundlegend verändert. So kam es beispielsweise zu einem Anstieg der rechtlichen Anforderungen und der Publikationspflichten. Um die gestiegenen Anforderungen zu bewältigen und um das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer zu gewinnen, sind Unternehmen zunehmend auf eine professionelle Kapitalmarktkommunikation angewiesen.Ungeachtet dieser Entwicklungen ist bisher wenig darüber bekannt, wie die beruflichen Karrieren von IR-Managern verlaufen. Welche Ausbildungswege führen in den IR-Bereich? Welche Karrieremöglichkeiten bietet IR, und wo werden die für den Werdegang entscheidenden Weichen gestellt?Um Antworten auf diese Fragen zu finden, sind Forscher der Universität Hamburg vom Deutschen Investor Relations Verband (DIRK) mit der Durchführung einer wissenschaftlichen Studie beauftragt worden. Ziel des groß angelegten Projekts ist es, erstmals belastbare Daten über die beruflichen Werdegänge von IR-Managern zu erheben. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach den Determinanten einer erfolgreichen IR-Tätigkeit. Was sind Motoren oder Blockaden? Welche Qualifikationen, Kompetenzen und institutionelle Rahmenbedingungen sind Eckpfeiler einer erfolgreichen Investor-Relations-Tätigkeit? Zufriedene StimmenIn der Pilotphase der Studie wurden Expertengespräche und Interviews mit Investor-Relations-Managern, Personalverantwortlichen und Unternehmensvorständen geführt. Aktuell läuft die Hauptstudie, eine große standardisierte Online-Befragung der IR-Manager in Deutschland.Die Antworten der bisherigen Studienteilnehmer zeigen, dass viele IR-Manager mit ihrer beruflichen Tätigkeit zufrieden sind. Nur wenige Befragte gaben an, das Berufsfeld in den nächsten Jahren wieder verlassen zu wollen. Was aber ist das Besondere an dem Berufsfeld Investor Relations? Zu den Kernaufgaben eines IR-Managers gehören bekanntlich vor allem die Kommunikation mit Investoren und Analysten sowie die Erstellung von Berichten und anderen Dokumenten. Je nach UnternehmensgrößeDarüber hinaus ist die Pressearbeit ebenso wie die Beschäftigung mit strategischen Prozessen und Rechtsthemen Bestandteil der Arbeit. Zu den Routineaufgaben zählen die vierteljährlich anstehende Aufbereitung der Quartalszahlen, Berichtspflichten und die Organisation von Hauptversammlungen. Das Aufgabenspektrum variiert oft nach Unternehmensgröße. In kleineren Unternehmen gibt es häufig keine eigenständige IR-Abteilung, sondern IR- und PR-Aufgaben werden beispielsweise vom Leiter Unternehmenskommunikation ausgeübt. Ganz anders sieht die Situation in größeren Unternehmen mit eigenständigen IR-Abteilungen aus, in denen sich die Mitarbeiter auf verschiedene Aufgabenbereiche spezialisiert haben. Kommunikation im FokusUnabhängig davon, ob die IR-Manager ursprünglich aus dem Bereich Finance oder Kommunikation in den IR-Bereich gekommen sind: Die Kommunikation mit den Akteuren am Kapitalmarkt betrachten die meisten als Besonderheit und als besonders spannenden Aspekt der IR-Tätigkeit. So erzählt ein Interviewteilnehmer in der Studie:”Ich war früher in der strategischen Abteilung. Ich habe viele tolle Projekte bearbeitet, aber ich durfte nicht darüber reden. Heute habe ich (…)die Lizenz, die Firma nach außen zu vertreten. Es gibt nur eine Handvoll Leute im Unternehmen, die nach draußen kommunizieren dürfen, und der IR-Leiter ist einer von denen, und ich finde das eine wahnsinnig privilegierte Stellung, die man sich aber auch erarbeiten muss. Ich finde das eine sehr vertrauensvolle Aufgabe.”Auch die enge Zusammenarbeit mit dem Unternehmensvorstand wird als eine besondere Herausforderung betrachtet. Ein Aspekt, der besonders hervorgehoben wurde, ist hierbei, dass IR nicht nur “Sprachrohr des Unternehmens” nach außen ist, sondern dass IR-Manager – da sie intensiv mit allen Akteuren am Kapitalmarkt kommunizieren – auch eine wichtige Funktion nach innen, in das Unternehmen hinein haben. Wie es ein befragter IR-Manager ausdrückt, hat ein guter IR-Manager “das Ohr am Markt”: Er informiert über aktuelle Entwicklungen am Kapitalmarkt. Zuweilen “erklärt” er auch den Kapitalmarkt. Vor allem spiegelt er auch Rückmeldungen aus dem Kapitalmarkt in das Unternehmen wider. Aus diesem Grund wird IR in manchen Unternehmen auch in strategische Prozesse eingebunden, ein Aspekt der Tätigkeit, der von den Befragten als besonders herausfordernd und spannend beschrieben wird. Allerdings setzt dies auch eine gute Zusammenarbeit mit dem Unternehmensvorstand voraus. Dies wird im Übrigen durchgängig als zentrale Voraussetzung für erfolgreiche IR-Arbeit angesehen. Insgesamt zeigt sich, dass das Berufsfeld eines IR-Managers durch ein breites Tätigkeitsfeld gekennzeichnet ist. Die bisher zu den Karrierepfaden vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen, dass die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des Berufsfeldes IR-Manager zu sehr unterschiedlichen Karrierewegen führen. Welche weiteren Faktoren und Einflüsse sich auf die berufliche Karriere auswirken, wird derzeit im Rahmen der Online-Studie genauer untersucht. Die Ergebnisse der Studie werden auf der kommenden DIRK-Mitgliederversammlung im Oktober 2013 vorgestellt.—Von Alexander Bassen Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Lehrstuhl für BWL, Universität Hamburg und Betina Hollstein Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Lehrstuhl für Soziologie, Universität Hamburg und Martina Maas Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg