Schäuble wünscht sich höhere Zinsen

Einhaltung von Bail-in-Regeln angemahnt - Für Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht

Schäuble wünscht sich höhere Zinsen

ski Berlin – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält nichts von dauerhaft niedrigen oder gar negativen Zinsen. Bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) sagte Schäuble, die Profitabilität des schon unter Überkapazitäten, dem auch durch die Digitalisierung verschärften Wettbewerb sowie leistungsgestörten Krediten leidenden europäischen Bankensektors werde auch durch die anhaltende Niedrigzinsphase erheblich belastet.Was ihn selbst als Haushaltsminister betreffe, lese er immer, welches Glück er mit den niedrigen Zinsen habe. Doch: “Mir wäre lieber, sie wären nicht so niedrig.” Und ihm wäre lieber, wenn sie – sicher nicht schockartig, aber allmählich – wieder stiegen. Andernfalls sei die Gefahr, auf der Jagd nach höheren Erträgen viel zu riskante Investitionsentscheidungen zu treffen, fast unvermeidlich.Der CDU-Politiker wies “Ratschläge von bedeutenden Ökonomen” zurück, die Staaten könnten dank der Niedrigzinsen weitere Schulden aufbauen, ohne zusätzliche Risiken einzugehen. “Was mit den Schulden wird, wenn die Zinsen hoffentlich mal wieder steigen, damit beschäftigen sich die Nobelpreisträger offenbar nicht. Als Finanzminister muss man es leider tun.” Dringend notwendig sei der Abbau der weltweit viel zu hohen öffentlichen und privaten Verschuldung, um die Widerstandskraft der Volkswirtschaften gegen Schocks und Krisen zu stärken.Ohne die EZB namentlich zu nennen, meinte Schäuble, die “bemerkenswert hohe Liquidität” als Folge der Geldpolitik aller großen Zentralbanken erleichtere es Ländern, dringend nötige Reformen auf die lange Bank zu schieben. Hier gebe es Fehlanreize. So könne man Zeit kaufen, aber die langfristigen Wachstumsaussichten würden nicht besser. Ausgesprochen schwerhörigSchäuble forderte, die europäische Bankenunion weiter zu stärken. Dazu gehöre, vereinbarte Regeln umzusetzen, vor allem beim Bail-in, der Heranziehung der Gläubiger bei Bankschieflagen. “Alle haben große Reden geschwungen”, nie wieder sollten die Steuerzahler für Risiken der Banken haften. Nun werde in manchen Ländern der Ruf nach Aussetzung dieser Regeln laut. “Ich bin da ausgesprochen schwerhörig”, so Schäuble. Ein Abweichen von den Vereinbarungen schaffe auch nicht gerade Vertrauen bei den Bürgern.Keine Stärkung der Bankenunion wäre eine verfrühte Vergemeinschaftung der offensichtlich zu großen Risiken in den nationalen Banksystemen, fügte Schäuble mit Blick auf die Diskussion über eine gemeinsame europäische Einlagensicherung hinzu. Entscheidend sei die Verringerung der Risiken, nicht deren Verteilung. Man müsse schließlich für eine Vergemeinschaftung die Legitimation durch den Souverän gewinnen, und zwar in den Geberstaaten ebenso wie in den Empfängerländern.Schäuble hielte es für richtig, die europäische Bankenaufsicht wieder von der für die Geldpolitik zuständigen EZB zu trennen, ließ aber zugleich durchblicken, dass er eine solche Umkehr für unrealistisch hält. Die erforderliche EU-Vertragsänderung mit Einstimmigkeit und nationalen Ratifizierungsverfahren hinzubekommen, wäre “schwierig”.—– Notiert in Berlin Seite 8