Notierungsstandard

Schweizer Börse will sich für Kleinwerte öffnen

Was andere Börsenplätze schon länger anbieten, will nun auch die Six Swiss Exchange einführen: Einen niederschwelligen Notierungsstandard, unter dem Kleinfirmen einen vereinfachten Zugang zum Kapitalmarkt erhalten. „Die KMU bilden das Rückgrat der...

Schweizer Börse will sich für Kleinwerte öffnen

dz Zürich

Was andere Börsenplätze schon länger anbieten, will nun auch die Six Swiss Exchange einführen: Einen niederschwelligen Notierungsstandard, unter dem Kleinfirmen einen vereinfachten Zugang zum Kapitalmarkt erhalten. „Die KMU bilden das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft, wir wollen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung Rechnung tragen“, begründete Six-Präsident Thomas Wellauer die Initiative im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das neue Marktsegment soll gleich nach Erhalt der entsprechenden aufsichtsrechtlichen Bewilligung starten. Diese wird in den kommenden Wochen oder Monaten erwartet.

Der neue Standard will die Börse für Unternehmen zugänglich machen, die erst zwei Jahre alt sind. Zurzeit beträgt das Mindestalter drei Jahre. Gelockert werden auch die Be­dingungen zur Streuung der Aktien. Bislang gilt die Regel, das höchsten 80% der Aktien in festen Händen sein dürfen. Neu muss der Free Float nur noch 15% betragen und einen Marktwert von 15 (bisher 25) Mill. sfr aufweisen. Die Anlegerschutzbestimmungen des geplanten KMU-Segments seien identisch mit jenen des Hauptsegmentes, betonte Wellauer. Das neue Segment ist offen für Firmen mit einem Marktwert von höchstens 500 Mill. sfr.

Die Idee ist nicht neu, den KMU den Zugang zur Börse zu erleichtern – auch nicht an der Schweizer Börse. Bis vor etwa sieben Jahren gab es den sogenannten Domestic-Standard. Doch viele Emittenten betrachteten die Notierung in dem Lokalsegment als diskriminierend, zumal auch kleinere Schweizer Unternehmen oft sehr erfolgreich international tätig sind.

2012 provozierte der Uhrenhersteller Swatch Group einen Streit mit der Börse, indem er die Bilanzierung auf den Schweizer Standard Swiss GAAP Fer umstellte und den von der Six-Zulassungsstelle geforderte in­ternationalen Bilanzierungsstandard ignorierte. Die Swatch Group erreichte, dass seither alle an der Six Swiss Exchange kotierte Firmen ihre Rechnung nach Swiss GAAP Fer ablegen dürfen. Für den seinerzeitigen Streit um die Rechnungslegung gab es mehrere Gründe. Ein wichtiger war, dass die Anwendung der internationalen Bilanzierungsstandards deutlich höhere Kosten verursacht.

Die richtige Kalibrierung der Notierungsregeln ist für jede Börsenbetreiberin eine heikle Gratwanderung. Das zeigt auch die Debatte um die sogenannten Special Purpose Acquisition Companies. Die Spacs sind als leere Firmenmäntel konzipiert, um an das Geld von Anlegern zu gelangen und Akquisitionen finanzieren zu können.

Weil das Geschäftsmodell solcher Firmen auf bloßen Versprechen beruht, besteht ein erhebliches Missbrauchspotenzial. Aber Spacs sprießen wie Pilze aus dem Boden. Den Börsenbetreibern sind solche Vehikel als neue Emittenten hochwillkommen. Auch die Six wollte den Spacs im Sinne einer Ausnahmebewilligung im Notierungsreglement den Zugang erleichtern. Doch die Finma legte ihr Veto und verlangte ein neues, separates Reglement für Spacs. Dieses wird bei Six jetzt unter Hochdruck entwickelt.

„Wir möchten mit dem Reglement eine Möglichkeit für Spacs schaffen, auch an die Schweizer Börse zu kommen“, sagt Six-Präsident Wellauer. „Die Erfahrung zeigt: Lässt sich ein Unternehmen an einer ausländischen Börse kotieren, wandert früher oder später die ganze Firma ab.“