Schwerpunkt Heimat
Von Jan Schrader, FrankfurtIn einem globalen Markt, so scheint es, wachsen vor allem die größten Spieler. Der weltgrößte Assetmanager BlackRock verwaltet umgerechnet bereits 5,6 Bill. Euro – mehr als doppelt so viel wie vor sieben Jahren und annähernd so viel, wie alle privaten Haushalte in Deutschland als Geldvermögen besitzen. Vanguard steht mit 4,6 Bill. Euro auf Rang 2, weitere US-Adressen mit Billionen-Vermögen folgen. Man muss die Liste der führenden Vermögensverwalter schon ein wenig länger fassen, um auf eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland zu stoßen. Die börsennotierte Deutsche-Bank-Tochter DWS erreicht immerhin 692 Mrd. Euro, liegt damit aber deutlich unter der Billionen-Schwelle und erreicht nur ein Achtel der Größe von BlackRock. Vor einem Jahr schaffte es die DWS weltweit auf Rang 20, mittlerweile ist sie womöglich abgerutscht.Dabei haben auch die weltgrößten Adressen einen nationalen Schwerpunkt. So hat BlackRock den Anteil der Mittel von Investoren auf dem amerikanischen Kontinent in den vergangenen Jahren leicht auf zuletzt zwei Drittel erhöht, trotz Wachstum in Europa und Asien. Enorme Größe und ein nationaler Schwerpunkt sind im Fondsgeschäft kein Widerspruch. “Wo das Geld ist, da sind auch die Verwalter”, sagt Jan Altmann, Gründer der Beratungsgesellschaft 4-Asset-Management. 22,0 Bill. Euro und damit annähernd die Hälfte der weltweit verwalteten Fondsmittel liegen per Ende September in den USA. “Nirgends ist es einfacher, ein skalierbares Geschäft in einem Rechtsraum aufzubauen.” Das gilt vor allem für das Geschäft mit börsengehandelten Fonds (ETF), das BlackRock, Vanguard und State Street gerade in den USA Volumen beschert hat.Das Fondsgeschäft ist erstaunlich regional. Das zeigt sich in Deutschland, vorneweg im Vertrieb an private Sparer. Nur wenige Privatleute kaufen Fonds und andere Wertpapierprodukte aus Eigeninitiative heraus. Das gibt dem Berater einer Bank eine zentrale Rolle und damit dem provisionsbasierten Vertrieb. Die Familien der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken haben sich, allen internen Querelen zum Trotz, weitgehend abgeschottet und lassen ihren eigenen Fondsadressen DekaBank und Union Investment jeweils viel Raum. Eine Kombination aus auskömmlichen Margen und beachtlichen Volumen macht das Publikumsfondsgeschäft lukrativ.Auch DWS und Allianz Global Investors haben einen wesentlichen Anker im deutschen Privatkundengeschäft. Die DWS profitiert dabei nicht nur vom Vertriebsnetz der Deutschen Bank, sondern auch von Finanzvertrieben wie der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) und vom Einsatz von DWS-Produkten in fondsgebundenen Versicherungen. Allianz Global Investors vertreibt über das Netz der Mutter Allianz, aber ebenso über diverse Privatbanken und Finanzvertriebe Fonds – nicht zuletzt über die Commerzbank, deren Tochter Cominvest 2009 vom Allianz-Fondshaus geschluckt wurde. Und neben den privaten Sparern erreichen Deutschlands führende Adressen auch viele institutionelle Investoren aus Deutschland.Die regionale Prägung des deutschen Geschäfts zeigt sich auch bei ausländischen Adressen hierzulande. Ohne Präsenz vor Ort geht wenig. Franklin Templeton, Fidelity International, BlackRock und Pimco etwa haben bedeutende Präsenzen aufgebaut, ohne die der Absatz hierzulande kaum in Schwung gekommen wäre. Amundi ist dank der Übernahme von Pioneer gewachsen und betreibt ihr Fondsgeschäft seither auch über das Netz der Münchener HypoVereinsbank. Die französische Gruppe Oddo BHF hat sich das Assetmanagement der ehemaligen WestLB einverleibt und mit Übernahme der BHF-Bank auch deren Fondseinheit übernommen. Die britische HSBC hat mit Kauf der Düsseldorfer Trinkaus das Assetmanagement für institutionellen Kunden ausgeweitet und ist dabei gerade im administrativen Fondsgeschäft breit aufgestellt. Ähnlich ergeht es der Frankfurter Universal-Investment, die 2017 von der britischen Beteiligungsfirma Montagu übernommen worden ist. Ein bisschen internationalNatürlich: Auch deutsche Adressen sind international präsent. Zwar zeigt die DekaBank wenige Ambitionen und betont, noch bei weitem nicht alle Sparkassen-Kunden und Investoren in Deutschland erreicht zu haben. Rivalin Union Investment aber bedient in Österreich über das Netz der dort angesiedelten Kreditgenossenschaften private Sparer ebenso wie institutionelle Kunden, während die Tochter Quoniam auf datengetriebene Strategien setzt und einen internationalen Anspruch formuliert. Mit der Bank of East Asia haben die Kreditgenossen 2007 eine gemeinsame Gesellschaft in Hongkong gegründet. Aus Polen aber hat sich Union Investment mit dem Verkauf ihrer Tochter an den Versicherer Generali verabschiedet.Allianz Global Investors ist im Ausland etwa in Italien und Frankreich präsent, nachdem die Mutter Allianz den italienischen Versicherer Ras und die französische AGF übernommen hat. In China verfügt die Gesellschaft über eine Lizenz für den Marktzugang. Gerade Asien und die USA seien Wachstumsmärkte für das Haus, sagt ein Sprecher. Allerdings fällt die Gesellschaft im Konzern der Allianz hinter der kalifornischen Pimco zurück, die weltweit zu den größten Häusern zählt.Als internationale deutsche Adresse sticht die DWS heraus. Das Fondshaus hat sich im Privatkundengeschäft in Spanien und Italien breitgemacht, mischt im ETF-Segment mit, bedient international viele Versicherer und setzt auf alternative Anlagestrategien. Mehr als ein Viertel des global verwalteten Vermögens der Gesellschaft entfällt auf Amerika, darunter die USA. Hier setzt das Haus etwa mit alternativen Strategien und Smart-Beta-ETF auf Nischensegmente. Doch die Gesellschaft steht unter Druck. Das Neugeschäft fiel wiederholt negativ aus und der Börsenkurs ging in die Knie. Die französische Amundi ist mit knapp 1,5 Bill. Euro der mit Abstand größte Vermögensverwalter in Europa, hat aber in Frankreich mit mehr als der Hälfte der eingesammelten Vermögen ebenfalls einen nationalen Fokus.Auf lange Sicht dürfte die regionale Prägung aber etwas verblassen: Börsengehandelte Fonds werden über Ländergrenzen hinweg gehandelt und die Digitalisierung von Vertrieb und Geldanlage fordert womöglich national geprägte Netze heraus. Für große Adressen ist es strategisch sinnvoll, sich auch im Ausland niederzulassen. Fusionen, auch grenzüberschreitend, sind in der Branche eher möglich als unter Großbanken. Doch der Wandel braucht Zeit.