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Sekundärmarkt lockt Anleger in Immobilien-Spezialfonds

Von Thomas List, Frankfurt Börsen-Zeitung, 10.9.2020 Offene Immobilien-Spezialfonds sind in den vergangenen Jahren bei institutionellen Anlegern immer beliebter geworden. Das Fondsvolumen lag Ende Juni 2020 bei 126 Mrd. Euro, deutlich mehr als vor...

Sekundärmarkt lockt Anleger in Immobilien-Spezialfonds

Von Thomas List, FrankfurtOffene Immobilien-Spezialfonds sind in den vergangenen Jahren bei institutionellen Anlegern immer beliebter geworden. Das Fondsvolumen lag Ende Juni 2020 bei 126 Mrd. Euro, deutlich mehr als vor zehn Jahren (s. Grafik). Doch nicht jeder Anleger will bis zum Ende der Laufzeit eines solchen alternativen Investmentfonds (AIFs) dabei bleiben. Manche Anleger wollen nach Ablauf eines typischen Anlagehorizonts von zehn Jahren ihre Asset-Allokation ändern, andere die starken Wertsteigerungen der Immobilien realisieren. Eine Rückgabe der Fondsanteile an die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) ist meist nur mit einer zwölfmonatigen Frist möglich. Außerdem verfügen diese Spezialfonds nicht über einen so großen Liquiditätspuffer wie offene Publikumsimmobilienfonds. Großes PotenzialOftmals versuchen aussteigewilligen Investoren daher, ihre Anteile an andere Investoren innerhalb oder außerhalb des Fonds zu verkaufen – durch eigene Anstrengungen oder über den Sekundärmarkt. “Das Potenzial dieser Umallokationen steigt”, hat Tobias Kotz, Executive Director bei der Fondsgesellschaft Real I.S., beobachtet. Da der Sekundärmarkt bisher relativ illiquide ist, hat sich Real I.S. nach Zweitmarktakteuren umgesehen, die die notwendige Lizenz für einen Handel von Zweitmarktanteilen haben und damit für mehr Liquidität sorgen können. “Deshalb haben wir uns im Juni 2020 am Anlagevermittler Real Exchange AG (Reax) mit 15 % beteiligt.”Die Reax, deren Gründungsaktionäre die Fondsgesellschaften HIH Invest und Intreal sind, vermittelt Abnehmer von Immobilien-Fondsanteilen für verkaufswillige Investoren, unterstützt aber auch in der Preisfindung für Abnehmer und begleitet die Transaktion. Erster Schritt ist meist die Preisindikation. “Wir sind aber kein Gutachter, sondern ein reguliertes Finanzdienstleistungsinstitut mit einer Zulassung nach § 32 KWG und vermitteln Käufer und Verkäufer”, betont Heiko Böhnke, Vorstand der Reax. “Unabhängig vom publizierten Net Asset Value (NAV) kann der Preis für die Fondsanteile abweichen. Zur Ersteinschätzung analysieren wir den Cash-flow des Fonds, seine Instandhaltungsrücklagen und beurteilen den aktuellen Marktzyklus.” Daraus ergebe sich eine Preisspanne. Dagegen werde die KVG keinen anderen Preis als den NAV nennen. “Ein anderer Wert würde die KVG in Konflikt mit den Mitinvestoren bringen.”Die von Anlegern auf dem Sekundärmarkt gezahlten Preise für Fondsanteile liegen nach Beobachtung von Reax-Managerin Kathrin Rösner bis zu 20 % über oder unter dem zuletzt festgestellten NAV, wie sie kürzlich in einem Webinar der Reax sagte. Dies kann an den persönlichen Umständen der Investoren wie Opportunitätskosten und damit individuellen Renditeanforderungen liegen. Der Preis der Fondsanteile ist außerdem von den Nutzungsarten der Fondsimmobilien abhängig. So dürften aufgrund der zeitlich hinterherlaufenden Wertermittlungen der Immobilien aktuell Anteile von Wohnungsfonds über NAV gehandelt werden, solche von Shoppingcentern hingegen eher mit Abschlägen. Als relativ wertbeständig, da konjunkturunabhängig gelten Lebensmitteleinzelhandels- und Pflegeimmobilien.Bei der Reax liegen die einzelnen Fondsanteilstransaktionen laut Böhnke zwischen 5 und 50 Mill. Euro. Bei ganzen Portfolien, die die Reax auch umplatziert, sind es über 300 Mill. Euro. Die Provision der Reax variiert hierbei nach Aufwand und Volumen. Die 2018 gegründete Reax war 2019 bei Deals von rund 500 Mill. Euro transaktionsbegleitend tätig (bei einem Marktvolumen von etwa 2 Mrd. Euro). “Diese 500 Mill. Euro haben wir im laufenden Jahr schon bis 30. Juni gesehen”, so Böhnke. Nach Erteilung der §-32-KWG-Lizenz vermittelt die Reax seit Anfang 2020 auch Umplatzierungen. “Das sehen wir als unser Alleinstellungsmerkmal an.” Zwar könnten auch einige KVGs Umplatzierungen vornehmen. Doch brauchen sie teilweise externe Dritte wie die Reax für die Preisfindung, um nicht in einen Interessenkonflikt mit ihren Investoren zu geraten. Außerdem verfügten große Maklerhäuser über entsprechende Vermittlerlizenzen. Die nimmt Böhnke aber aufgrund ihres eigentlichen Geschäftsmodells nicht als Wettbewerber wahr.”Wir merken einen spürbaren Sprung bei Sekundärmarkttransaktionen.” Das könne an den Auswirkungen der Pandemie liegen, weil sich Investoren Portfolien genauer ansehen. “Dabei geht es auch um die Beschaffung von Liquidität.” Bis zum Jahresende werden rund 10 Mrd. Euro Spezialfondsvolumen in die Reifephase von zehn Jahren kommen. “Einige Anleger wollen dann vermutlich die Laufzeit verlängern, andere aussteigen. Umplatzierungen über den Sekundärmarkt sind da für alle Beteiligten besser als die Anteilscheinrückgabe an die KVG, die den Verkauf von Immobilien oder gar die Auflösung des Fonds zur Folge haben kann.” Böhnke tritt für einen transparenteren Sekundärmarkt ein, bei dem eines Tages wie in Großbritannien Anteilspreise regelmäßig veröffentlicht werden. “In Deutschland wollen die Investoren heute nicht, dass bekannt wird, wo sie investiert sind, mit welchen Summen und schon gar nicht, dass sie aus einem Investment aussteigen und zu welchem Preis.”