Wachstum im ersten Quartal

Simcorp schiebt Deutsche Börse an

Die Rekordübernahme von Simcorp hat das erste Quartal der Deutschen Börse geprägt. Die Nettoerlöse im Segment Investment Management Solutions haben sich dadurch fast verdoppelt, doch hohe M&A-Kosten belasten den operativen Gewinn und drücken auf die Marge.

Simcorp schiebt Deutsche Börse an

Simcorp schiebt Deutsche Börse an

Rekordübernahme treibt Nettoerlöse im ersten Quartal – Integrationskosten drücken auf die Profitabilität

phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt

Die Rekordübernahme von Simcorp hat das erste Quartal der Deutschen Börse geprägt. Die Nettoerlöse im Segment Investment Management Solutions haben sich fast verdoppelt, doch hohe M&A-Kosten belasten den operativen Gewinn und drücken auf die Profitabilität der Sparte.

Die Deutsche Börse ist mit Schwung ins neue Jahr gestartet. Im ersten Quartal stiegen die Nettoerlöse um 16% auf rund 1,4 Mrd. Euro. 10% des Wachstums (rund 122,5 Mill. Euro) gehen dabei auf Konsolidierungseffekte durch den dänischen Finanzsoftware-Anbieter Simcorp zurück, den die Deutsche Börse im vergangenen Jahr übernommen hat. Treiber für die 6% organisches Wachstum waren eine hohe Nachfrage nach Stromderivaten, mehr Geschäft im Bereich Software Solutions sowie eine hohe Nachfrage nach Repo-Produkten und ein starkes Fondsgeschäft.

Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verbesserte sich in den ersten drei Monaten um 13% auf 875,3 Mill. Euro und übertraf damit die Erwartungen der Analysten. Davon entfielen 44,5% auf das Handels- und Clearinggeschäft, 35,4% auf Wertpapierdienstleistungen, 12,1% auf den Bereich Investment Management Solutions (IMS) und 7,9% auf Fondsdienstleistungen.

Simcorp gewinnt Neukunden

Innerhalb von Investment Management Solutions haben sich die Nettoerlöse im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 300 Mill. Euro fast verdoppelt. Hier bündelt die Deutsche Börse ihr Daten-, Index- und Software-Geschäft. Der hohe Anstieg ist in erster Linie auf den Bereich Software-Solutions zurückzuführen, wo sich die Nettoerlöse dank Simcorp auf 161,4 Mill. Euro verachtfacht haben.

Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer und Finanzchef Gregor Pottmeyer sehen Simcorp damit auf einem guten Weg, das ausgegebene Jahresziel von 600 Mill. Euro zu erreichen – zumal das vierte Quartal traditionell das stärkste für Simcorp sei. Im ersten Quartal habe Simcorp sieben Neukunden gewonnen – fünf davon in den USA, wie Weimer in einer Telefonschalte mit Analysten betonte. Wie viele Neukunden Simcorp insgesamt brauche, um die 600 Mill. Euro zu erreichen, sei schwer zu sagen. CFO Pottmeyer zufolge hängt das davon ab, wie viel Umsatz aus einem Kunden herauszuholen sei. Dies könnten lediglich 100.000 oder auch 3, 4 oder 5 Mill. Euro sein.

Einer dieser Neukunden ist Quoniam Asset Management. Der Assetmanager verwaltet 20 Mrd. Euro, gehört mehrheitlich Union Investment und wird sein komplettes Middle Office an Simcorp auslagern. Simcorp wird künftig für Datenmanagement-Dienstleistungen sowohl für Investmentaktivitäten als auch für die kompletten Nachhandelsaktivitäten verantwortlich sein und übernimmt auch das gesamte regulatorische Reporting. Weimer nannte das gestiegene Kostenbewusstsein unter Assetmanagern einen wichtigen Treiber für das Geschäft.

Handelsgeschäft stagniert

Im ersten Quartal sieht Weimer die Strategie der Börse bestätigt, sich durch den Ausbau von Investment Management Solutions unabhängiger vom volatilen Handelsgeschäft zu machen. Ihr Handels- und Clearinggeschäft bündelt die Deutsche Börse im Segment Trading & Clearing. Im ersten Quartal hat das Geschäft unterm Strich stagniert. Die Nettoerlöse und das Ebitda sanken jeweils um 1% auf 603,9 Mill. bzw. 390 Mill. Euro. Starken Erlöszuwächsen bei Stromderivaten (Plus 39%) standen deutliche Rückgänge bei Aktienderivaten (Minus 21%) gegenüber.

Im Segment Trading & Clearing ist auch das Kryptogeschäft angesiedelt, wo die Deutsche Börse nach der Übernahme von Crypto Finance dabei ist, ein Ökosystem für digitale Vermögenswerte zu bauen. Im Februar erhielt Crypto Finance vier Lizenzen der BaFin, mit denen die Gruppe nun digitale Assets in Deutschland handeln, abwickeln und verwalten darf.

Deutsche Börse mit operativem Kostenanstieg durch Simcorp-Übernahme

Das Wertpapier- und Fondsdienstleistungsgeschäft der Deutschen Börse profitierte jeweils von Nettozinserträgen aus dem Bankgeschäft. Diese werden über Clearstream generiert, wenn Kunden für die Abwicklung von Wertpapieren Bareinlagen als Sicherheit hinterlegen, die Clearstream über Nacht anlegen kann. Die daraus generierten Nettozinserträge summierten sich im ersten Quartal auf 192,4 Mill. Euro. Das Ebitda im Wertpapier- und Fondsdienstleistungsgeschäft verbesserte sich dadurch jeweils um 17% auf 310 Mill. beziehungsweise 69,2 Mill. Euro. Dass der operative Gewinn im ersten Quartal prozentual etwas weniger als die Nettoerlöse zugelegt hat, liegt daran, dass die Simcorp-Übernahme auch hohe Kosten verursacht. Die operativen Kosten der Deutschen Börse sind im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Viertel auf 564,5 Mill. Euro gestiegen. Analysten hatten allerdings mit mehr gerechnet. Der Anstieg sei zu einem großen Teil auf Konsolidierungseffekte durch Simcorp zurückzuführen, heißt es. Organisch seien die Kosten nur um rund 4% höher ausgefallen.

Die höheren Simcorp-Kosten spiegeln sich auch in den Margen der vier Segmente wider. So weist das Segment Investment Management Solutions im ersten Quartal mit 35,3% aktuell noch die mit Abstand niedrigste Gewinnmarge aus – gemessen am Ebitda in Relation zu den Nettoerlösen. Am profitabelsten war im Quartal die Sparte Securities Services (76,4%), gefolgt von Trading & Clearing mit 64,6% und Fund Services mit 58,8%.

Ergebnisbelastend wirkte auch die Refinanzierung der 3,9 Mrd. Euro schweren Übernahme von Simcorp durch drei Anleihen im Gesamtvolumen von rund 3 Mrd. Euro. Die dadurch entstehende Zinslast belastete erwartungsgemäß das Finanzergebnis, das sich von −9,1 auf −42,1 Mill. Euro verschlechterte. Dafür sei das Commercial-Paper-Programm frühzeitig vollständig zurückgeführt worden. Die Entschuldung der Bilanz sei auf gutem Weg.

Deutsche Börse bestätigt Prognose fürs Gesamtjahr

Ihre Prognose für das Geschäftsjahr hat die Deutsche Börse bestätigt und nicht nach oben korrigiert. Die Nettoerlöse sollen um mindestens 10% auf mehr als 5,6 Mrd. Euro zulegen, der operative Gewinn um rund 9% auf mehr als 3,2 Mrd. Euro. Bis 2026 strebt der Vorstand um Börsenchef Weimer jährlich ein zweistelliges Plus beim Umsatz und Ergebnis an.

Weimer geht in sein letztes Jahr bei der Deutschen Börse und wird diese zum Jahresende verlassen. Sein Nachfolger wird Stephan Leithner, der bisher das Segment Investment Management Solutions verantwortet, zu dem auch Simcorp gehört. Ab Oktober wird Leithner mit Weimer gemeinsam eine Doppelspitze bilden und die Deutsche Börse dann, ausgestattet mit einem Fünfjahresvertrag, im kommenden Jahr allein führen.

Das zu Jahresbeginn angekündigte Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 300 Mill. Euro hat die Deutsche Börse am 19. April bereits planmäßig abgeschlossen. Die Aktionäre reagierten am Mittwochvormittag zunächst verhalten auf die präsentierten Geschäftszahlen. Der Aktienkurs gab im Laufe des Tages um etwa 2,5% auf rund 183 Euro nach und liegt damit wieder unter dem Allzeithoch, das die Börse Ende Februar bei 194,5 Euro markiert hatte.

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