Skepsis gegenüber der britischen Bankenreform

Erste Debatte des Gesetzesentwurfs im Parlament

Skepsis gegenüber der britischen Bankenreform

pra London – Vor fast leeren grünen Bänken im Unterhaus ist am Montagnachmittag erstmals der Gesetzesentwurf der britischen Regierung zur Bankenreform debattiert worden. Trotz der dominierenden Bedeutung der Finanzbranche befand es der konservative Schatzkanzler Osborne nicht für nötig, das Gesetz persönlich zu verteidigen. Er ließ sich von Finanzstaatssekretär Greg Clark vertreten. Der dürre Rahmen gab nicht nur der Opposition, sondern auch konservativen Parlamentariern Anlass für die Klage, die Regierung missbrauche das Unterhaus für das bloße Absegnen einer derart wichtigen Reform, die ihren Zielen überdies nicht gerecht werde. Zorn der ExpertenDer abwesende Schatzkanzler hat den Zorn vieler Finanzexperten im Parlament auf sich gezogen, weil er ihrem Rat wenig Achtung schenkte. Im vergangenen Sommer hatte Osborne eine neue, aus Vertretern beider Häuser gebildete parlamentarische Bankenkommission gegründet, um genau diese Reform und die weiterreichende Frage zu prüfen, wie die Finanzbranche zu einer nachhaltigen Kultur und zu akzeptablen Standards geführt werden könnte. Die Kommission wird ihren Schlussbericht zum Gesetzesvorschlag im Mai vorlegen, aber die Beratung im Finanzausschuss soll bereits Mitte April abgeschlossen werden.Der gedrängte Zeitplan brachte viele Parlamentarier gegen die Regierung auf. Doch die vom konservativen Vorsitzenden des Finanzausschusses, Andrew Tyrie, geführte Bankenkommission gab nicht klein bei. Sie publizierte am Montag ihren bereits zweiten Zwischenbericht, in dem sie den Gesetzesvorschlag mit ungewöhnlich harschen Worten kritisierte. Sie ging gar so weit, Änderungsvorschläge im Anhang des Berichts explizit auszuformulieren.Der Gesetzesvorschlag gibt lediglich die Rahmenkompetenz für die Regierung, um später jene sekundären Gesetze zu erlassen, mit denen eine 2011 von einer Kommission unter Vorsitz des Wirtschaftsprofessors John Vickers vorgeschlagene Strukturreform umzusetzen ist. Jene sieht als Kernelement die organisatorische und rechtliche Trennung von elementaren Bankfunktionen vom riskanteren Investment Banking vor. Zudem schlug die Kommission höhere Eigenmittelanforderungen sowie einen geringeren maximalen Leverage für systemrelevante Banken vor. In wichtigen Punkten geht die Regierung allerdings weniger weit, als dies die Vickers-Kommission vorgeschlagen haben. Letztere bezeichnete einzelne Begründungen der Regierung als “vollkommen unangemessen”. Die wichtigsten Differenzen betreffen die Überwachung und Durchsetzung regulatorischer Zäune zwischen den einzelnen Bankbereichen sowie den Hebel, mit dem eine Bank ihr Eigenkapital ins Verhältnis zum Fremdkapital setzen darf. Beide Kommissionen schlugen eine Eigenkapitalausstattung von mindestens 4 % der Bilanzsumme vor, während sich die Regierung entsprechend den Regelungen des Baseler Ausschusses mit 3 % begnügen will. Unabhängige PrüfinstanzScharf verteidigte die Kommission zudem ihren Vorschlag, die Respektierung der “Einzäunungen” durch die Banken periodisch durch eine unabhängige Instanz überprüfen zu lassen. Jene soll der künftigen Aufsichtsbehörde Prudential Regulation Authority bzw. dem Schatzamt vorschlagen können, bei Zuwiderhandeln gegen den Geist der Reform einzelne Banken oder alle Institute am Finanzplatz zwangsweise aufzuspalten. In jedem Fall soll dafür ein Parlamentsbeschluss erforderlich sein. Die Regierung lehnt sowohl die unabhängige Prüfinstanz als auch die Möglichkeit einer umfassenden Aufspaltung ab, wofür die Parlamentarier kein Verständnis zeigten. Die historische Erfahrung zeige, erklärten sie im Kommissionsbericht, dass die Banken die neuen Regeln eher als Verhandlungsbasis denn als festen Rahmen betrachten und mit der Zeit unterlaufen würden. Deshalb müssten sie durch Sanktionsdrohungen dazu gezwungen werden, dem Geist der Regeln zu folgen.—– Kommentar Seite 1