Spaniens Banken geben sich trotz Wirtschaftskrise gelassen
Von Thilo Schäfer, Madrid
In einem waren sich die Vorstände der vier führenden Banken Spaniens – Santander, BBVA, Caixabank und Sabadell – bei der Vorlage ihrer Bilanzen diese Woche einig: Auch wenn am Horizont düstere Wolken aufziehen, wird die erwartete Wirtschaftskrise die Finanzbranche bei weitem nicht so hart treffen wie nach Platzen der Immobilienblase 2008.
„Wir sind in einer guten Position, um eine Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfeldes anzugehen. Spanien ist besser vorbereitet als andere Länder in Europa“, erklärte der CEO von Caixabank, Gonzalo Gortázar, am Freitag bei der Vorlage der Quartalszahlen. Zur Begründung verweist er auf die geringere Abhängigkeit Spaniens von russischen Gaslieferungen, die im Vergleich zum europäischen Durchschnitt geringere Verschuldung der spanischen Haushalte und Unternehmen, den weiterhin stabilen Arbeitsmarkt und, im Gegensatz zu 2008, dem Ausbleiben einer Immobilienblase.
„Die Hypothekarkredite werden zurückgehen wegen der steigenden Zinsen. Der August war noch sehr stark, aber wir sehen eine Verringerung der Nachfrage“, sagte Onur Genç, CEO von BBVA ebenfalls am Freitag. Empfindliche Zahlungsausfälle befürchten beide Vorstände nicht, ebenso wenig wie ihre Kollegen von Santander und Sabadell. Der Anteil der notleidenden Kredite ist im Jahresverlauf gesunken – auf sehr niedrige 3,0% bei Caixabank und 3,5% bei BBVA.
Die Ergebnisse des dritten Quartals beider Großbanken übertrafen die Erwartungen der Analysten. BBVA wartete mit einem Anstieg des Reingewinns in den ersten neun Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 46% auf 4,85 Mrd. Euro auf. Der Zinsüberschuss stieg um 29% auf 13,8 Mrd. Euro und die Bruttoerlöse um 18% auf 18,3 Mrd. Euro. Die Erhöhung der Leitzinsen in Mexiko und Spanien, wo BBVA mehr als 80% seines Gewinns erzielte, verhalfen den Ergebnissen auf die Sprünge. Außerdem gewann BBVA 8,6 Millionen neue Kunden.
Die Tochter in Mexiko verdoppelte den Reingewinn auf fast 3 Mrd. Euro und baute damit die Stellung als wichtigster Markt von BBVA aus. Auf dem Heimatmarkt halfen die höheren Zinsen zu einem Gewinnsprung von 27% auf 1,5 Mrd. Euro. Die tiefgreifende Umstrukturierung der vergangenen Jahre drückte die Kosten. Mit einer Rendite auf das materielle Eigenkapital (RoTE) von 15,7 % zählt BBVA zu den rentabelsten Banken Europas. Sorge macht dagegen die türkische Tochter Garanti, die mit 336 Mill. Euro 40 % weniger verdiente als vor einem Jahr. BBVA hat die Bilanzierung auf die Hyperinflation von mehr als 80 % umgestellt und entsprechende Rückstellungen gebildet. Genç räumte ein, dass die Wirtschaftskrise in seiner türkischen Heimat der Bank zu schaffen macht. Aber er bestand einmal mehr auf dem langfristigen Potenzial des Landes.
Caixabank verbuchte dagegen bis September einen Gewinnrückgang von fast 50% auf 2,46 Mrd. Euro. Das ist jedoch auf einen bilanztechnischen Effekt zurückzuführen, da die Bank 2021 durch die Übernahme von Bankia einen Badwill von 4,3 Mrd. Euro auf ihren Gewinn anrechnen musste. Ohne die Auswirkungen der Fusion wäre der Reingewinn bis September um knapp 18% gestiegen, so Caixabank. Dank der Synergien aus dem Zusammenschluss sanken die Kosten um 6%, was die Eigenkapitalrendite auf 8,4% verbesserte.
Das Kreditportfolio wurde nach dem Kauf von Bankia zunächst ausgedünnt, doch die neue Kreditvergabe habe zuletzt deutlich an Fahrt gewonnen. Der Zinsüberschuss wuchs bis September um 9,7% auf 4,8 Mrd. Euro. Gortázar bestand jedoch auf eine andere Zählweise. Einschließlich des ersten Quartals 2021 von Bankia, vor der vollständigen Eingliederung, wäre der Zinsüberschuss bis September 0,4% unter dem Vorjahr geblieben. „Wir profitieren nicht von den gestiegenen Zinsen, sondern von unserem operativen Geschäft“, sagte der CEO. Damit spielte er auf die beschlossene Sondersteuer für die Banken in Spanien an, welche die Linksregierung mit den steigenden Zinsen begründet. Trotz der guten Zahlen verloren BBVA und Caixabank am Freitag an der Börse deutlich. Analysten schrieben dies Gewinnmitnahmen zu, aber auch dem Engagement beider Banken bei den Refinanzierungsgeschäften (TLTRO) der EZB. Diese Einnahmequelle soll ja verschlossen werden.
Wertberichtigt Seite 2