Sparda-Bank Hamburg denkt über Pfandbriefemissionen nach
Sparda-Bank Hamburg denkt über Pfandbrief nach
Genossenschaftsinstitut strebt Entscheidung bis Jahresende an – Anstrengungen für mehr Wachstum bei Girokonten verstärkt
Die Sparda-Bank Hamburg denkt über eine Begebung von Pfandbriefen nach, sollten Pläne für eine Steigerung der Einlagen durch Neukundenakquise nicht umzusetzen sein. Vorstandschef Stephan Liesegang, der mit seinem Institut auf Wachstumskurs eingeschwenkt ist, hofft auf eine Entscheidung bis Jahresende.
Von Carsten Steevens, Hamburg
Die Zahl der Pfandbriefemittenten unter den gut 650 genossenschaftlichen Primärbanken in Deutschland ist gering, nimmt aber zu. Laut dem Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) sind es bislang einige Häuser unter den ersten hundert Adressen, die auf dem Pfandbriefmarkt aktiv geworden sind. Dazu gehören die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, die BBBank, Evangelische Bank, Liga Bank, die PSD Banken Nürnberg und Rhein-Ruhr sowie seit diesem Jahr die Volksbank Freiburg. Neben der Sparda-Bank Südwest könnte aus dem ebenfalls genossenschaftlichen Lager der früheren Eisenbahner-Banken die Sparda-Bank Hamburg Pfandbriefbank werden.
Ein Prüfauftrag, ob das in Hamburg, Schleswig-Holstein und im nördlichen Niedersachsen präsente Institut diesen Status annehmen wird, könnte in diesem Herbst erteilt werden, wie Vorstandschef Stephan Liesegang im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagte. „Wenn der Plan, jährlich 10.000 bis 15.000 neue Girokonten zu gewinnen, nicht aufgeht, brauchen wir einen Plan B für unseren Wachstumskurs.“ 2023 verfehlte die Bank ihr Ziel, brutto 10.000 und netto 2.000 Neukunden hinzuzubekommen. Gewonnen wurden 6.671 bzw. 841 Kunden.
Zu wenige Neukunden
Die Bruttozahl sei zufriedenstellend, das Nettowachstum enttäuschend, resümiert Liesegang. „Es gab eine hohe Zahl an Sterbefällen in unserer Kundschaft.“ Dass die Bank die Kundenzahl nicht stärker gesteigert habe, sei zudem auf das nur „in gewissen Grenzen“ ausgeweitete Marketingbudget zurückzuführen. Nach schwierigen Null- und Negativzinsjahren und dem Zinswendejahr 2022, das neben höheren Zinsen auch Abschreibungen brachte, habe man zwar die Werbeschleusen geöffnet. „Wir merken aber auch, dass wir mehr Aufwand betreiben müssen als gedacht“, erklärt der seit Herbst 2021 amtierende Sparda Bank-Chef.
Der Wettbewerb habe sich weiter verschärft. Der Neobroker Trade Republic etwa, der „von amerikanischen Investoren durchfinanziert" werde, trete mit einem „enormen Tagesgeldzinsangebot im Markt auf, das kaum rentabel erscheint“. Zudem sei man angesichts der hohen Inflation und Gebührenerhöhungen bei anderen Häusern von einer stärkeren Bereitschaft der Menschen ausgegangen, ihre Hauptbankverbindung zu wechseln, so Liesegang. „Wir haben lernen müssen, dass wir für ein Nettowachstum von 1.000 Kunden einen Zuwachs um insgesamt 8.000 bis 9.000 Kunden benötigen und nicht so bekannt sind, wie wir es sein sollten.“
Marketingbudget erhöht
Die nach Bilanzsumme neuntgrößte der bundesweit elf Sparda-Banken, die eine Kooperation mit dem Fußball-Zweitligisten Hamburger SV eingegangen ist, um, so Liesegang, „an Image und Reichweite zu partizipieren“, hat ihr Marketingbudget um 20% erhöht, um „die Botschaften mit unserem gebührenfreien Girokonto auch digital zu platzieren“. Das Girokonto ist auch Voraussetzung für eine Baufinanzierung durch die Bank. 2024 strebt das Institut erneut brutto 10.000 Neukunden an, in den Folgejahren 12.000 bis 15.000. Als Ziele nennt der Vorstandschef ferner die Verjüngung des Kundenbestands sowie weiteres Bilanzwachstum.
Aktuell übertrifft die Sparda-Bank Hamburg mit ihrer Bilanzsumme von 5,3 Mrd. Euro bereits das Jahresziel von 5 Mrd. Euro. 2025 werden 5,5 Mrd. Euro angestrebt, 2029 soll das Bilanzvolumen zwischen 6 und 6,5 Mrd. Euro liegen. Das Wachstum soll durch Baufinanzierungsgeschäft und Einlagensteigerung erreicht werden. „Wenn wir über Giralgeld oder über Einlagen nicht so schnell wachsen, dann müssen wir sehen, ob wir die nächste Stufe zünden, Pfandbriefbank werden und Pfandbriefe ausgeben, um an vernünftig bezahlbare Passiva zu kommen“, unterstreicht Liesegang.
Entschluss bis Jahresende?
Eine Unternehmensberatung soll nun darlegen, inwiefern die Sparda-Bank in der Lage ist, Pfandbriefe zu begeben, wie gut besichert der Kreditbestand ist, wer zu welchem Preis Abnehmer der Papiere sein könnte. „Aus meiner Sicht ist der Bestand sehr gut besichert, weil er nur durch Wohnungen beziehungsweise Häuser besichert ist, nicht durch Lager- und Gewerbehallen“, sagt der Bankchef, der darauf hofft, noch im zweiten Halbjahr ein Signal der Beratungsfirma zu erhalten. „Wenn es eine Empfehlung geben sollte und wir bei den Mitarbeiterkapazitäten und Projekttagen zu einem vernünftigen Ergebnis kommen, dann könnten wir bis Jahresende zu einer Entscheidung kommen, ob wir eine Pfandbriefbank werden wollen.“
Für den Wachstumskurs sieht Liesegang die Sparda-Bank ausreichend kapitalisiert. „Wir haben kein Eigenkapitalproblem“, sagt er und verweist auf Gesamtkapitalquoten zwischen 18 und 20%. Die Bank habe noch nie so viel Eigenkapital gewonnen wie im vergangenen Jahr. Geplant ist bis 2025, jedes Jahr 15 bis 20 Mill. Euro zu thesaurieren. Der Bilanzgewinn soll zwischen 6 und 8 Mill. Euro liegen. Aktuell betrage das Eigenkapital 340 Mill. Euro. In den nächsten fünf Jahren sollen 400 Mill. Euro erreicht sein.
Baufinanzierung als Treiber
Die Bank, die ihren Eigentümern für 2023 eine auf 3,5 (i.V. 1,25)% erhöhte Dividende zahlte, erwartet einen Anstieg des Zinsüberschusses von zuletzt rund 65 Mill. auf 100 bis 110 Mill. Euro im Jahr 2029. Die größten Impulse für die Steigerung soll das Baufinanzierungsgeschäft liefern. Die Aufwandsquote soll langfristig bei 50 bis 55% liegen – nach unter 60%, die 2024 erwartet werden.
„Wenn wir das schaffen, sind wir dauerhaft retailfähig“, betont Liesegang. Dann könne die Bank mit dem Mengengeschäft langfristig gutes Geld verdienen, um ausreichend Rücklagen zu bilden und gute Mitarbeiter zu gewinnen. Der wichtigste Hebel, um auf dieses Niveau zu kommen, sei die Effizienzsteigerung in der Produktion. „Aus margenschwachem Geschäft möglichst viel machen, lautet die Devise“, erläutert der Vorstandschef. Mittelfristig soll das Betriebsergebnis vor Bewertung auf über 1% der Durchschnittsbilanzsumme steigen - nach 0,7 bis 0,8% im laufenden Jahr. In der Nullzinsphase habe es Werte von 0,4% und weniger gegeben, erinnert Liesegang an die Jahre vor 2022. Kreditausfälle hätten die Bank aber nicht belastet. Das gelte weiterhin.
Sympathie für Volksbanken
Der Sparda-Bank-Chef betont, 2023 habe man nur das Neukundenziel verfehlt. Andere Vorgaben etwa für das Bilanzwachstum und die Ertragsverbesserung seien deutlich übertroffen worden. Gedanken über eine mögliche Fusion mit einer anderen Sparda-Bank macht man sich in Hamburg nicht. Das würde nicht helfen, so Liesegang. „Uns würde eine Bank gut zu Gesicht stehen, die Firmenkundengeschäft kann.“ Als „denkbare Konstellation, die uns weiterbringen würde“, bringt der Sparda-Bank-Chef den Zusammenschluss mit einer Volksbank ins Spiel.
Volksbanken, so Liesegang, hätten eine gute Verortung beim Mittelstand, seien nah an ihren Kunden, betrieben das gleiche Geschäftsmodell wie Sparda-Banken, verfügten über die gleiche juristische Form und eine gut ausbalancierte Vertreterversammlung. „Sollte sich eine solche Gelegenheit ergeben, würden wir gut zuhören“, fügt er hinzu - zusammen mit dem Verweis, dass es solche Zusammenschlüsse einer Sparda-Bank mit einer Volks- oder Raiffeisenbank in Deutschland bislang noch nicht gab.
Drittes Vorstandsmitglied
Dass es sich bei den Gedanken vor allem um Fantasiegebilde handelt, ist Liesegang klar. „Ein Zusammenschluss mit einer Volksbank steht nicht auf unserer Agenda.“ Für die kommenden fünf bis zehn Jahre plane die Sparda-Bank Hamburg mit organischem Wachstum aus eigener Kraft. Vom 1. Oktober an auch mit einem dritten Vorstandsmitglied: Christian Heins, seit April 2023 für das Institut tätig und bislang Generalbevollmächtigter, soll in den Vorstand aufrücken und zugleich stellvertretender Vorstandsvorsitzender werden. Er werde von ihm den Bereich Steuerung übernehmen und zudem für die Bereiche Rechnungswesen, Controlling und Produktion verantwortlich sein, teilt Liesegang mit.