Sparkassen simulieren Baseler Reform

Kapitalregeln kosten Institute in Hessen und Thüringen bis zu 3,5 Prozent Kapitalquote - Verband hadert mit Regulierungskosten

Sparkassen simulieren Baseler Reform

Der Abschluss des Regelwerks Basel III wird die Kapitalquoten der Sparkassen Hessens und Thüringens empfindlich drücken, wie ihr Verband ermittelt hat. Im Fall der Prüfung der Institutssicherung der Sparkassen-Finanzgruppe durch die EZB erhofft sich der SGVHT einen glimpflichen Ausgang.Von Bernd Neubacher, FrankfurtIn den Bilanzpressekonferenzen des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT) sind die Rollen seit Jahren klar verteilt: Der Geschäftsführende Präsident Gerhard Grandke bespielt, um den Verband in politisch oft heiklen Fragen richtig zu positionieren, stets die gesamte Klaviatur der Rhetorik. Verbandsgeschäftsführer Manfred Üffing hingegen bietet, wenn er einmal Ansagen macht, einen ungeschminkten Einblick in die Welt der Sparkassen Hessens und Thüringens. Am Freitag, fast auf den Tag zehn Jahre nachdem er mit Blick auf Kampfkonditionen im Wettbewerb um Einlagen bietende Institute wie die Volkswagen Bank und die Commerzbank von “vorgelagerten Insolvenzfällen” gesprochen hatte, war es wieder einmal so weit, als die Rede auf den Anstieg der Kapitalanforderungen durch den Abschluss des Regelwerks Basel III kam: “Wir wissen ja nicht, was sich die Regulatoren noch alles einfallen lassen. Das weiß kein Mensch”, hob Üffing an. “Aber wenn man sieht, wie die Kosten bei denen gestiegen sind: Die BaFin-Umlage für unsere Sparkassen ist seit 2011 um 400 % gestiegen”, rechnete er mit Blick auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor. “Wenn wir solche prozentualen Steigerungsraten gehabt hätten, dann würden wir Ihnen hier andere Zahlen präsentieren – wir, die wir den ganzen Scheiß umsetzen.” Die 49 Sparkassen im Verband haben ihren Verwaltungsaufwand im vergangenen Jahr übrigens von 1,61 % auf 1,58 % der durchschnittlichen Bilanzsumme reduziert, nach Bewertung stieg das Betriebsergebnis dabei von 0,68 % auf 0,73 % (siehe Bericht auf dieser Seite).Der Verband hadert mit dem Auftrieb der regulatorischen Kosten und Kapitalanforderungen. Mit Blick auf den Abschluss von Basel III appelliert Grandke an die Institute, sich schon jetzt auf die erhöhten Eigenmittelanforderungen vorzubereiten und “möglichst viel” zu thesaurieren. Mit einer Kernkapitalquote von 18,2 % stehen die Häuser zwar sehr achtbar dar, allerdings nicht mehr lange. Denn wie der Verband eigenen Angaben zufolge “in einem Worst-Case-Szenario für ein mittelgroßes Institut durchgerechnet” hat, wird das ab übernächstem Jahr sukzessive in Kraft tretende Regelwerk die Risikoaktiva um 22 % erhöhen, was bei gleicher Kapitalausstattung die Kapitalquote um 3,5 Punkte drückt – solche Szenariorechnungen sind rar in der Branche, die allermeisten Spieler geizen noch mit konkreten Angaben zum Effekt der Baseler Reform. “Dann sind wir bei ganz normalen Kernkapitalquoten, die Sie auch dringend benötigen, wenn Sie am Markt Ihrer Aufgabe noch gerecht werden wollen für die mittelständische Wirtschaft in der jeweiligen Region”, stellt Üffing fest.Im vergangenen Jahr haben die Sparkassen ihre Eigenmittel um 3,2 % auf 13,2 Mrd. Euro ausgebaut. Hinzu kommen rund 2,5 Mrd. Euro an Reserven, wie es am Freitag hieß. Zudem verfügt der Verband über einen regionalen, mit über 500 Mill. Euro dotierten Reservefonds, wie Grandke ausführte. Mit Blick auf die Forderung der Europäischen Zentralbank nach einer Reform der Institutssicherung der Sparkassen-Finanzgruppe stellte er fest: “Wir sind der Auffassung, dass unser Haftungsverbund funktioniert.”Wie im Januar bekannt geworden war, hat die europäische Bankenaufsicht nach der Privatisierung der HSH Nordbank und der Rekapitalisierung der Nord/LB im Zuge einer Prüfung Defizite in der Governance sowie in den Entscheidungsstrukturen des Systems diagnostiziert und fordert Strukturen, die raschere Beschlüsse erlauben.Grandke erklärte, im Falle der Nord/LB sei es nicht nur um eine Barkapitalzufuhr, sondern auf Wunsch des Landes Niedersachsen auch um Garantien gegangen. Andernfalls wäre das Verfahren “in ein paar Wochen” beendet gewesen. “Das lag nicht an der deutschen Sparkassenorganisation”, sagte er und ließ erkennen, dass er nicht mit drastischen Folgen rechnet: “Ich gehe davon aus, dass wir gute Argumente haben, dass die Institutssicherung immer gehalten hat und wir immer geliefert haben.” Er habe jedenfalls nicht den Eindruck, dass die EZB die Institutssicherung “zerschießen” wolle.