Streit auf offener Bühne

Kreditwirtschaft empört sich über Einschätzung der Aufsicht BaFin zur Zahlungsdiensterichtlinie PSD2

Streit auf offener Bühne

Die Neuordnung des Kontozugangs für außenstehende Zahlungsdienstleister im Rahmen der Richtlinie PSD2 erhitzt die Gemüter. Nachdem die Finanzaufsicht BaFin dem Kreditgewerbe die Leviten gelesen hat, keilt die Branche in einer öffentlichen Stellungnahme zurück. Viel Zeit für eine Lösung bleibt nicht.jsc Frankfurt – Das Wesen der Diplomatie bringt es mit sich, den Ärger nicht ganz so offensichtlich hervortreten zu lassen. Nicht empört, sondern “erstaunt” zeigt sich die Deutsche Kreditwirtschaft daher vor dem Wochenende in einer Pressemitteilung über einen Brief der deutschen Finanzaufsicht BaFin. Denn die Geldhäuser müssen außenstehenden Zahlungsdiensten künftig vorerst nicht bloß eine Schnittstelle zum Konto gewähren, die den Vorgaben der Zweiten europäischen Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) genügen soll. Weil in der Praxis nach Auffassung der BaFin die Vorgaben noch nicht erfüllt sind, werden Banken auch bisherige Schnittstellen als Übergangslösung fortführen müssen, wie die Aufsicht zur Wochenmitte klargestellt hat.Die Anträge der Banken, den bisherigen Zugang einzumotten, wird die Behörde voraussichtlich vorerst nicht genehmigen, wie in dem Schreiben deutlich wird. Die Deutsche Kreditwirtschaft, die Interessenvertretung der Verbände BVR, DSGV, BdB, VÖB und VDP, zeigt sich “überrascht” über diese Einschätzung und kritisiert insbesondere die Frist von nur vier Wochen, denn der Stichtag ist der 14. September.In dem Schreiben der Behörde, das der Börsen-Zeitung vorliegt, wählt BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler einen strengen Ton. “Ich möchte noch einmal darauf hinweisen” oder “ausdrücklich betonen”, “ich erwarte” und “rein vorsorglich (…) möchte ich jedoch klarstellen” – der Brief ist offenbar auch als Ermahnung an die Branche gedacht. “Erhebliche Bedenken”Die Aufsicht fürchtet dem Anschein nach, dass der Zugang zu einem Konto über außenstehende Zahlungsdienste unnötig kompliziert gestaltet wird. Eine Umleitung des Kunden dürfe kein Hindernis für Drittanbieter darstellen, schreibt Röseler. Die Notwendigkeit einer manuellen Eingabe der IBAN stelle eine Hürde dar, eine “mangelnde Darstellung von Daueraufträgen” betrachte er “nach eingehender Prüfung als Verstoß gegen die Anforderungen der PSD2”. Auch hält der Exekutivdirektor fest, dass eine Schnittstelle für verschiedene Dienste und Zahlungsvorgänge “mindestens drei Monate lang in breitem Umfang” genutzt werden müsse. “Angesichts der relativ geringen Zeit bis zum 14.09.2019 und den mir bisher vorliegenden Informationen über die bisherige Nutzung der zur Verfügung gestellten Schnittstellen habe ich erhebliche Bedenken, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind bzw. bis zum 14.09.2019 erfüllt werden können.”Unmut war zuvor auch von den Zahlungsdiensteanbietern laut geworden. So erschwere eine von Geldhaus zu Geldhaus unterschiedliche Praxis der Kundenauthentifizierung den Drittanbietern den Zugang über eine PSD2-Schnittstelle, berichtet Peter Schad, Senior Manager bei KPMG Law. Der Fachmann begleitet Zahlungsdiensteanbieter etwa im Zulassungsverfahren der BaFin und betont, dass die Anbieter auf standardisierte Lösungen angewiesen seien. So sei ein Zugriff über außenstehende Dienste zum Beispiel nicht möglich, wenn für eine Kundenerkennung regulär keine TAN mehr erzeugt wird. In der Kreditwirtschaft wiederum wird moniert, dass viele Testverfahren mit neuen Schnittstellen von dritten Anbietern nur wenig genutzt worden seien.Kontoschnittstellen ebnen den Weg für etliche Dienste: So bietet Buchhaltungssoftware für Unternehmer und Selbständige einen Zugriff auf das Konto an, während Multi-Banking-Dienste die Kontrolle über mehrere Konten ermöglichen und Zahlungsdienstleister im Online-Handel über eigene Masken den Kontakt zum Konto herstellen. Ziel der PSD2 ist, bei den zusätzlichen Funktionen einen Wettbewerb zwischen Drittanbietern und Banken zu fördern. Die Kreditwirtschaft experimentiert dabei mit eigenen Diensten. So werben zum Beispiel Sparkassen, Kreditgenossenschaften, Deutsche Bank und Commerzbank damit, dass Kunden über Anwendungen des Mobiltelefons auf mehrere Konten zugreifen können. Etikette bewahrt Trotz der Verstimmung zwischen Aufsicht und Branche mühen sich beide Seite zugleich darum, guten Willen zu demonstrieren. Exekutivdirektor Röseler begrüßt im BaFin-Brief, dass die Branchenverbände sich zu einer “kooperativen Zusammenarbeit” bekannt hätten. Die Deutsche Kreditwirtschaft will sich an dem Dialog “konstruktiv beteiligen” und ruft alle Marktteilnehmer auf, “sich in diesem Geiste schnell zusammenzufinden”. Die BaFin stellt einen weiteren Workshop Anfang September in Aussicht. Dann findet die Auseinandersetzung wieder hinter verschlossenen Türen statt.