Streit über Sinn und Unsinn von Mifid II

Aufsicht und Börsenvertreter uneins über Folgen für Wertpapierkultur - Regulierung für Krypto gefordert

Streit über Sinn und Unsinn von Mifid II

spe Stuttgart – Der ständige Dialog mit allen Beteiligten über die Mifid II ist der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA sehr wichtig. “Insgesamt ist die Umsetzung der Regulierung recht reibungslos verlaufen und hat Anlegern höhere Markttransparenz gebracht”, sagte der Leiter EU-Finanzmarktaufsicht ESMA, Steven Maijoor, auf dem 13. Mifid-Kongress der Börse Stuttgart. Nun sei die Zeit gekommen zu prüfen, was Mifid II und Mifir bewirkt hätten und wo Anpassungen mit Blick auf Sekundärmärkte und Anlegerschutz notwendig sein könnten. Mögliche Verbesserungen stünden bei der ESMA weit oben auf der Agenda.Ein eher negatives Fazit zur Mifid II zog indessen Michael Völter, Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse. Die EU-Richtlinie habe die Wertpapierkultur nicht gestärkt, sagte er. Im Gegenteil: “Privatanleger fühlen sich oft von der Vielzahl an Informationen überfordert, die sie beim Kauf von Wertpapieren zwingend von Banken erhalten.” Zudem könnten Privatanleger einfache Finanzprodukte wie Unternehmensanleihen teilweise nicht mehr handeln, weil Zielmarktdefinitionen fehlen. Hier seien Korrekturen an der Richtlinie im Sinne privater Anleger nötig. Wie wichtig jedoch die grundlegenden Zielsetzungen von Mifid II seien, zeige sich aktuell auch abseits des Wertpapierhandels bei digitalen Vermögenswerten. “Wenn Deutschland in diesem Markt eine Rolle spielen möchte, dann müssen wir Kryptowährungen und Token so schnell wie möglich eine gesetzliche Grundlage und eine praxistaugliche Regulierung geben, die Transparenz und Anlegerschutz gewährleisten”, sagte Völter.Dass die Mifid auf den Prüfstand müsse, meint man auch beim Bundesministerium für Finanzen (BMF) in Berlin. Zwar werde insgesamt die Richtlinie nicht in Frage gestellt, an manchen Stellen aber seien die Ziele des Anlegerschutzes nicht erreicht worden, sagte der dort zuständige Referatsleiter, Udo Franke. Nicola Schröder vom Lehrstuhl für Finanzierung und Kreditwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum präsentierte als Ergebnis einer Studie, dass die Papierflut, mit der sie bei der Beratung konfrontiert werden, die Anleger eher verwirren würden. “Und dann muss sie der Berater auffangen”, sagte sie.Genau diesen Umstand kritisierte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mit den Worten, der Berater könne dann “das Vertrauensverhältnis weiter ausnutzen”. Dem widersprach Arne Hertel vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), der das Vertrauensverhältnis zwischen Berater und Kunde als typisches Merkmal in der deutschen Finanzindustrie beschrieb.