Streit über die Verwertung der FTX-Assets
lee Frankfurt
Im Sog der FTX-Pleite kommt es zu weiteren Verwerfungen in Wirtschaft und Politik. Nachdem sich Ryan Pinder, Justizminister der Bahamas, verbal gegen Insolvenzverwalter John J. Ray in Stellung gebracht hatte, folgte am Montag der Insolvenzantrag der Digital-Assets-Plattform Blockfi. Die Frage, wer welche Vermögenswerte der insolventen Kryptobörse verwerten darf, wird maßgeblich dafür sein, wann und in welchem Umfang die Forderungen von Kunden und Gläubigern der Plattform erfüllt werden.
Nach dem Anfang des Monats Berichte über heimlich verschobene Einlagen die Runde gemacht hatten, zogen Kunden innerhalb von Tag Milliarden von der Kryptobörse ab, so dass der zu diesem Zeitpunkt noch als CEO amtierende FTX-Gründer Sam Bankman-Fried sich am 11. November gezwungen sah, in den USA Gläubigerschutz für das weit verzweigte Firmenkonstrukt mit mehr als 100 Tochterunternehmen zu beantragen. Inzwischen hat der Insolvenzverwalter Ray die Geschäfte übernommen. Anders als im herkömmlichen deutschen Insolvenzrecht ist er nicht in erster Linie den finanziellen Interessen der Gläubiger verpflichtet. Sein Auftrag ist vielmehr zu überprüfen, ob eine Sanierung des Unternehmens möglich ist, und diese gegebenenfalls umzusetzen. In diesem Zusammenhang hatte Ray in Zweifel gezogen, ob die Aufsichtsbehörden der Bahamas berechtigt waren, die Vermögensgegenstände der dort angesiedelten Töchter einzuziehen.
Am späten Sonntagabend hielt der Justizminister des dem Commonwealth angehörenden Karibikstaats in einer Videoansprache dagegen. Ray habe mit seinen „bedauerlichen Aussagen“ die Maßnahmen der Wertpapieraufsichtsbehörde seines Landes falsch dargestellt. „Möglicherweise treibt die Aussicht auf millionenschwere Anwalts- und Beraterhonorare sowohl die juristische Strategie als auch die unangebrachten Äußerungen voran“, sagte Pinder. „In jedem Fall mahnen wir zu Vorsicht und Genauigkeit bei allen zukünftigen Einreichungen.“
Die Anwälte der Kryptobörse werfen Bankman-Fried vor, die Bemühungen um eine Restrukturierung des Unternehmens durch seine Auslassungen über den Kurzmitteilungsdienst Twitter zu untergraben. Sie äußerten zudem die Vermutung, dass einige FTX-Vermögenswerte noch nach dem Antrag auf Gläubigerschutz an die Regierung der Bahamas übertragen werden sollten. Pinder betonte, dass der Inselstaat sich trotz der Erschütterung durch die FTX-Pleite weiter um die Ansiedlung von Kryptofirmen bemühen werde.
Dominoeffekt setzt sich fort
Unterdessen geriet mit Blockfi eine weitere Plattform in den Sog der FTX-Pleite. Das in New Jersey ansässige Unternehmen, das FTX und Bankman-Frieds Handelsfirma Alameda im Sommer mit einer umfangreichen Kapitalspritze hatte retten wollen, beantragte am Montag ebenfalls Gläubigerschutz. Die Aktiva und Passiva von Blockfi werden mit jeweils zwischen 1 und 10 Mrd. Dollar angegeben, die Barmittel beliefen sich demnach auf rund 257 Mill. Dollar. FTX wird der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge in dem Antrag als einer der wichtigsten Gläubiger mit einem Darlehen in Höhe von 275 Mill. Euro eingeführt. Ein drastischer Sparplan, der „auch die Arbeitskosten betreffe“, soll nun das Überleben des Unternehmens sichern.