Studie fordert Stärkung regulärer Handelsplätze

Wirtschaftsweiser plädiert für Einführung von Mindesthaltefristen im Hochfrequenzhandel durch Börsenbetreiber

Studie fordert Stärkung regulärer Handelsplätze

igo Stuttgart – Die effiziente Allokation von Ressourcen auf Basis öffentlicher Informationen sorgt unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten für Wirtschaftswachstum. Diese Informationen werden auch durch den Handel an Börsenplätzen generiert. In den vergangenen Jahren hat sich der Börsenhandel durch die zunehmende Fragmentierung, das Aufkommen alternativer Handelsplätze wie Dark Pools und den Hochfrequenzhandel stark verändert. In einer von der Börse Stuttgart beauftragten Studie hat Prof. Dr. Lars P. Feld, Direktor des Walter Eucken Instituts und einer der fünf Wirtschaftsweisen, untersucht, wie dadurch die Effizienz der Preisfeststellung an den Börsen beeinflusst wird und ob es diesbezüglich weiteren Regulierungsbedarf gibt. Die Ergebnisse wurden am Montag in Stuttgart vorgestellt.Der seit 2008 erhobene Fidessa Fragmentation Index gibt an, wie viele Börsenplätze im Schnitt an der Quotierung eines Wertpapiers abseits seines Emissionsortes beteiligt sind. Per Ende Juli 2015 betrug der Wert für den Dax der Studie zufolge 2,2, an den US-Börsen lag er bei 4. In den USA habe die Fragmentierung im Jahr 2005 zugenommen. Seither müssen Handelsaufträge dort ausgeführt werden, wo der beste Preis geboten wird. In Europa wurde dieses Prinzip durch die Markets in Financial Instruments Directive (Mifid) 2007 eingeführt.Die zunehmende Fragmentierung des Börsenhandels ist Feld zufolge aus ordnungspolitischer Sicht zunächst positiv. Eine größere Zahl an Handelsplätzen stärke den Wettbewerb und senke die Transaktionskosten. Entsprechende empirische Untersuchungen deuteten zudem auf eine geringere Geld-Brief-Spanne durch Fragmentierung hin. Allerdings werde die Fragmentierung zum Problem, wenn ein großer Teil des Handels in Dark Pools abwandere, die kaum Informationen veröffentlichten. Diese verlorenen Informationen verzerrten die Preisfindung. Zudem stiegen die Volatilität und die Geld-Brief-Spannen, wenn ein großer Teil des Handels in Dark Pools wandere. Mifid greift nur teilweiseVerschärft wird die Informationsverzerrung Feld zufolge von Hochfrequenzhändlern, deren Strategie oft nur auf einem Geschwindigkeitsvorteil gegenüber anderen Händlern oder einem Handelssystem basiere. Die Blitzhändler erhöhten tendenziell die Geld-Brief-Spanne für langsamere Marktteilnehmer und mache den Markt für sie unattraktiver. Das erhöhe den Anreiz, auf alternative Handelsplätze auszuweichen.In Dark Pools tummeln sich in der Regel nur große Investoren. Auch der Hochfrequenzhandel mit den erforderlichen Rechnerkapazitäten wird von institutionellen Investoren bestimmt. Die Studienerkenntnisse sind daher für Privatanlegerbörsen wie die Börse Stuttgart sehr interessant. Schließlich führen Dark Pools und Hochfrequenzhandel der Studie zufolge zu einer Benachteiligung privater Anleger. Aus ordnungsökonomischer Sicht, schlussfolgert Feld, bestehe daher Bedarf nach einer Börsenregulierung, die “einen diskriminierungsfreien Zugang aller Marktteilnehmer zu Börsengeschäften ermöglicht und gleichzeitig dazu beiträgt, dass die Preisfindung auf Börsen unverzerrt stattfinden kann”.Die 2017 in Kraft tretende Finanzmarktrichtlinie Mifid II greife zwar einige der Probleme auf – etwa indem das maximale Handelsvolumen in Dark Pools teilweise gesenkt oder die Reporting-Pflicht erweitert wird. Allerdings sei die Umsetzung der Vorschriften kritisch, da etwa nicht geregelt wurde, wie das Volumen des Dark-Pool-Handels gemessen werden soll. Auch seien große Aktienpakete weiterhin unbegrenzt handelbar, so dass nach wie vor eine große Menge an Informationen verloren gehe. Mit Blick auf Hochfrequenzhändler werde zudem die Vergrößerung der Geld-Brief-Spanne “allenfalls rudimentär adressiert”, weil umfassende Handelsdaten von Hochfrequenzhändlern fehlten.Feld begrüßt daher die Möglichkeit, Hochfrequenzhändlern für ihre überproportional hohe Nutzung der Marktinfrastruktur höhere Nutzungsgebühren in Rechnung zu stellen. Zudem plädierte er für die Einführung einer Mindesthaltefrist. Statt einer globalen Einführung, wie sie im Rahmen von MiFID II diskutiert und verworfen wurde, sollte diese Mindesthaltefrist jedoch den Börsenbetreibern überlassen werden. So könne im Wettbewerb die beste Lösung ermittelt werden und zudem schnell reagiert werden, falls eine solche Mindesthaltefrist, wie von Kritikern befürchtet, die Liquidität in Wertpapieren mindert.