Swift warnt vor Hacker-Kampagne

Cyberangriff auf weitere Bank - EZB arbeitet an Frühwarnsystem

Swift warnt vor Hacker-Kampagne

Reuters New York/Chicago – Nach dem spektakulären Cyberbankraub bei der Zentralbank Bangladeschs ist ein weiteres Finanzinstitut Ziel eines Hackerangriffs geworden. Diesmal traf es eine Geschäftsbank, wie das internationale Zahlungsverkehrssystem Swift bestätigte, ohne das Institut zu nennen. Unklar blieb bei der erneuten Attacke zudem, ob es den Angreifern auch in diesem Fall gelang, Geld zu stehlen.Die jüngsten Attacken haben die Finanzwelt aufgeschreckt. Die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt inzwischen ihre Anstrengungen zur Abwehr solcher Angriffe. Sie will in Zusammenarbeit mit großen Banken der Eurozone ein Frühwarnsystem aufbauen, um die Ausbreitung von Cyberattacken zu verhindern.Während Swift den Namen der Bank nicht preisgab, veröffentlichte die auf Abwehr von Cyberattacken spezialisierte Firma BAE Systems am Freitag einen Bericht, in dem von einem Angriff auf ein vietnamesisches Geldhaus die Rede ist. Ob es sich um dasselbe Institut handelt, konnte nicht geklärt werden. Bei den Behörden in Hanoi war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.Swift erklärte, der zweite Fall zeige laut Expertenmeinung, dass der Bankraub von Bangladesch kein Einzelfall gewesen sei. Es handele sich um einen Teil einer groß angelegten und stark anpassungsfähigen Kampagne, die auf Banken abziele. Swift-Chef Gottfried Leibbrandt hatte am Donnerstag von einem “Wettrüsten” (“arms race”) in der Finanzwelt gesprochen (vgl. BZ vom 13. Mai). Tippfehler sorgt für KlärungCyberdiebe hatten Anfang Februar von der Notenbank Bangladeschs 81 Mill. Dollar erbeutet. Abgesehen hatten sie es auf rund 1 Mrd. Dollar. Dass sie damit nicht erfolgreich waren, lag an einem Tippfehler in einer Überweisung, der eine Bank misstrauisch werden ließ. Sowohl im Fall der Zentralbank Bangladeschs als auch im Fall der Geschäftsbank verschafften sich Swift zufolge die Kriminellen Zugang zu den Computersystemen, ergatterten Nutzerdaten und verschickten betrügerische Nachrichten über das Abwicklungssystem, die in Zusammenhang mit dem Transfer von Geld standen.Society of Worldwide Interbank Financial Telecommunication, kurz Swift, mit Sitz in Brüssel ist eine internationale Kooperative von 3 000 Instituten. Das Netzwerk ist ein Dreh- und Angelpunkt des internationalen Finanzsystems. Es soll dafür sorgen, dass Zahlungsvorgänge sicher und reibungslos über die Bühne gehen. Swift wird von rund 11 000 Instituten weltweit genutzt.Experten zufolge haben Hacker inzwischen verstärkt große Ziele im Visier, weil dort im Verhältnis zum Aufwand eine wesentlich höhere Beute in Aussicht steht als bei Cyberangriffen auf Privatleute oder kleinere Firmen. Bereits im vergangenen Monat hatte Swift eingeräumt, dass es mehrere Vorfälle gegeben hat, bei denen betrügerische Nachrichten versendet wurden.Die Angriffe zwingen die Finanzinstitute zum Handeln. Die EZB arbeitet deshalb zurzeit daran, zusammen mit großen Geldhäusern im Euroraum eine Datenbank für Cyber-vorfälle aufzubauen. Sie soll als Frühwarn- und Analysesystem dienen und so die Zentralbank in die Lage versetzen, Muster zu erkennen und andere Institute vor aufkommenden Gefahren zu warnen. Ein Pilotprojekt für das System läuft bereits seit Februar.