Systemrelevanz verärgert die Assekuranz
Die Einstufung von neun Versicherern als systemrelevant verärgert die Assekuranz. Auf Kritik der Verbände stößt, dass die Versicherer mit dem Maßband gemessen werden, das die Aufseher für die Systemgefährdung durch Banken entwickelt haben.mic München – Insgesamt neun Adressen hat der Financial Stability Board der G 20-Staaten (FSB) auf die Liste systemisch relevanter Versicherer gesetzt. Neben der Allianz (vgl. Seite 1) sind dies die drei US-Versicherer AIG, Metlife und Prudential Financial, die italienische Generali, die britischen Versicherer Aviva und Prudential, die französische Axa sowie Ping An aus China (siehe Grafik). Die Liste soll erstmals im November 2014 überarbeitet und dann jährlich aktualisiert werden.Die Allianz reagierte selbstbewusst auf die Einordnung als systemrelevant und verwies auf ihr widerstandsfähiges Geschäftsmodell. Vorstandsvorsitzender Michael Diekmann hatte im Frühjahr sogar offengelegt, dass man in der Branchenorganisation Genfer Vereinigung darüber diskutiert habe, ob ein derartiger Status nicht sogar Vorteile bringe und man ihn anstreben solle. Davon sei man abgekommen. Im Vorfeld der Entscheidung hatten hohe Vertreter des Versicherers dann betont, die Folgen einer solchen Einstufung seien gut zu managen.Wesentlich schriller fiel die Tonlage der Versicherungslobby aus. Der europäische Branchenverband Insurance Europe kritisierte, FSB und die internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden IAIS hätten ihre Methoden nicht ausreichend auf das Geschäftsmodell der Assekuranz zurechtgeschnitten. “Ein System, das zur Benennung von Versicherern statt zur Identifikation spezieller Aktivitäten führt, die ein systemisches Risiko darstellen, ist nicht korrekt”, sagte Generaldirektorin Michaela Koller. Damit würden Versicherer wie Banken behandelt. Systemgefährdende Vorgänge in der Assekuranz könnten Liquiditätsengpässe oder eine hohe Vernetzung mit anderen Finanzdienstleistern sein. Kritische KapitalausstattungDer Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fasste dies am Freitag unter dem Slogan zusammen, Versicherungsgeschäft sei kein Bankgeschäft. John Fitzpatrick als Generalsekretär der Genfer Vereinigung wies darauf hin, nach der Forschung seines Instituts sei eine starke Aufsicht von Versicherungsgruppen effektiver als ein Kapitalzuschlag. Frank Swedlove, Chef des weltweiten Branchenverbands GFIA, zeigte sich “extrem enttäuscht” über die Vorgehensweise der Aufseher: “Die Natur des Vermögens und der Verbindlichkeiten von Versicherern unterscheidet sich stark von Banken.”FSB und IAIS haben eigenen Angaben zufolge die Liste nach Daten des Jahresendes 2011 erstellt. Mit unterschiedlicher Gewichtung wurden fünf Kriterien bei der Rangfolge berücksichtigt: Aktivitäten jenseits des Versicherungskerngeschäfts (45 %), Vernetzung (40 %), die Exponierung gegenüber bestimmten Zweigen wie Luftfahrt- oder Marineversicherung (5 %), Größe (5 %) und internationale Reichweite (5 %). Insgesamt wurde das Quintett mit 20 Kriterien erfasst, die von der Erfassung der Derivate bis zum Ausmaß fondsgebundener Produkte reichen.Für systemrelevante Versicherer planen die Aufseher drei Maßnahmen: eine verstärkte Aufsicht, die Erstellung von Notfallplänen und Kapitalzuschläge. Um Zuschläge überhaupt errechnen zu können, will die IAIS einen Standard für die Kapitalausstattung auch für das nichttraditionelle Geschäft vorlegen.Der Zeitplan ist wie folgt: Im Oktober soll ein differenzierter Fahrplan erstellt sein, im September 2014 ein Standard für die Kapitalausstattung vorliegen, Ende 2014 sollen Abwicklungspläne erstellt sein, und Ende 2015 soll über Kapitalzuschläge entschieden werden, die im Januar 2019 einzuführen sind.Die Rückstellung der Entscheidung über Systemrelevanz von Rückversichern begründete die IAIS damit, dass beispielsweise die Vernetzung mit anderen Finanzdienstleistern schwieriger zu beurteilen sei.