Tradevest übernimmt die Renell Wertpapierhandelsbank
Tradevest übernimmt Renell
Geschäftsbetrieb der Wertpapierhandelsbank soll unter neuem Namen fortgeführt werden
bg Frankfurt
Die Renell Wertpapierhandelsbank hat einen neuen Eigentümer. Wie am Mittwoch bekannt wurde, beabsichtigt die Münchener Tradevest das Frankfurter Traditionshaus zu übernehmen. Die Transaktion erfolge vorbehaltlich der Freigabe durch die BaFin, sprich es laufe nun ein Inhaberkontrollverfahren, sagte Dierk Wilhelmsmeyer, Gründer und Geschäftsführer von Tradevest, der Börsen-Zeitung.
BaFin-Prüfung ist angelaufen
Wilhelmsmeyer sollte über alle notwendigen Finanz-Führerscheine verfügen, war er doch zuvor unter anderem für DAB BNP Paribas, HypoVereinsbank und Allianz tätig. Tradevest sei über strategische Investoren aus dem Netzwerk sowie Friends&Family finanziert, sagt er. „Ich gehe davon aus, dass das Inhaberkontrollverfahren bis Ende Dezember abgeschlossen ist, sodass wir im neuen Jahr dann direkt loslegen können. Wir werden klassischen Wertpapierhandel und Digital Assets miteinander kombinieren und dafür unsere Technologie einbringen.“
„Wir werden klassischen Wertpapierhandel und Digital Assets miteinander kombinieren und dafür unsere Technologie einbringen.“
Dierk Wilhelmsmeyer
Die Übernahme erfolgt auf Basis eines durch Tradevest maßgeblich entwickelten Insolvenzplans, den die bisherigen Gläubiger von Renell bereits angenommen haben. Ziel dieser Übernahme ist es, den Geschäftsbetrieb unter dem neuen Namen Tradevest Markets AG künftig am Standort München fortzuführen, heißt es. „Tradevest wird die bisherigen Stärken der Renell Wertpapierhandelsbank mit modernen API-basierten Lösungen und fortschrittlichen Technologien ergänzen,“ so der Tradevest-Chef. Die Tradevest Unternehmensgruppe entwickele derzeit eine KI-basierte Plattform, die skalierbare Bank-, Handels- Verwahrungs- und Zahlungs-Schnittstellen integriert.
EU-Lizenz angestrebt
Über die Marke Wawex bietet die Gruppe institutionellen Investoren in Osteuropa bereits die Möglichkeit, Kryptowährungen zu handeln und sicher zu verwahren. Wawex soll als Handelsplattform künftig mit Tradevest Markets zusammenwirken, um den Handel mit Wertpapieren und digitalen Assets mit europäischer Perspektive abzubilden. In Polen hat Wawex eine Lizenz als VASP (Virtual Asset Service Provider) und kann Kryptowerte handeln und verwahren – wobei die Verwahrlizenz auf Polen beschränkt sei, so Wilhelmsmeyer. Eine Micar-Lizenz zu erhalten, gehöre dann zu den kommenden Aufgaben.
In Deutschland kann Tradevest mit den Lizenzen von Renell nun beschleunigt loslegen. Im Mai war eine Übernahme der Frankfurter Traditionsadresse noch gescheitert. Insolvenzverwalter Lason Gutsche (Kanzlei Hoge Gutsche Walter (PG) war da aber schon optimistisch, dass noch eine Transaktion zustande kommen kann. Denn Interessenten gab es damals schon, die über Renell ein Deutschlandgeschäft hochziehen wollten.
Mit Insolvenzplan soll Renell umfassend saniert werden
Wie Gutsche am Mittwoch mitteilte, regelt der von den Gläubigern und den Aktionären angenommene Insolvenzplan sämtliche Maßnahmen zur nachhaltigen finanzwirtschaftlichen Sanierung der AG. Tradevest werde alleinige Aktionärin der AG. Dazu werden das Grundkapital der Gesellschaft zunächst herabgesetzt und anschließend über eine Kapitalerhöhung neue Aktien ausgegeben.
Diese neuen Aktien wird Tradevest komplett zeichnen. Parallel erfolge „eine nachhaltige und umfassende Kapitalisierung der Gesellschaft durch eine signifikante Stärkung der Kapitalrücklage seitens der Investorin,“ so Gutsche in einer Mitteilung.
Weiter heißt es, die Gläubigergruppen erhalten nach dem bestätigten Insolvenzplan eine Quotenauszahlung auf ihre festgestellten Forderungen. Zudem könnten sämtliche Masseverbindlichkeiten beglichen werden. Die Renell Wertpapierhandelsbank sei dann vollständig schuldenfrei. Der Insolvenzverwalter hatte den Geschäftsbetrieb der Bank während des eröffneten Insolvenzverfahrens in enger Abstimmung mit den beiden Renell-Vorständen fortgeführt. Parallel sei direkt nach Verfahrenseröffnung der nun rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan unter Beteiligung aller Stakeholder, der Gläubiger, der (Alt-)Aktionäre sowie dem Investor ausgearbeitet worden. Sämtliche geplanten Maßnahmen seien zudem mit dem Amtsgericht Frankfurt am Main und der BaFin eng abgestimmt bzw. kommuniziert worden, so Gutsche weiter. „Auf diese Weise gelang es bereits am 08.10.2024 – mithin lediglich sechs Wochen nach der Verfahrenseröffnung – die finanzwirtschaftliche Sanierung der Bank im Erörterungs- und Abstimmungstermin zu beschließen.“
Renell-Vorstandssprecher Rainer Bergmann erklärte, es handele sich bei der Sanierung um einen Meilenstein im Insolvenz- und Aufsichtsrecht. „Es ist erstmals gelungen, ein Insolvenzplanverfahren unter Geltung des Wertpapierinstitutsgesetztes (WpIG) erfolgreich durchzuführen. In meiner Laufbahn habe ich schon einige Restrukturierungs- und Neuausrichtungsprojekte von Banken und Finanzdienstleistern begleitet. Allerdings noch nie innerhalb so kurzer Zeit.“ Gutsche ergänzt, man habe erstmals in Deutschland eine Wertpapierhandelsbank mit aktiven BaFin-Lizenzen innerhalb kürzester Zeit nachhaltig saniert. „Die vom Gesetzgeber vorgesehene mögliche Restrukturierung (auch von Finanzinstituten) im Rahmen eines erfolgreichen Insolvenzplanverfahrens konnte so bestmöglich umgesetzt werden.“