Transformation des Gebäudesektors gelingt gemeinsam

Hierfür müssen alle an einem Strang ziehen - und das möglichst in dieselbe Richtung - Optimales Mittelmaß der einzelnen ESG-Komponenten finden

Transformation des Gebäudesektors gelingt gemeinsam

Unsere größte gesellschaftliche Herausforderung stellt der Klimawandel dar. Die Folgen daraus sind langfristig betrachtet wohl eine der größten Gefahren für das Ökosystem und die Weltwirtschaft. Entsprechend gilt es, das europäische Ziel, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, mit allen Mitteln zu unterstützen.Auf den Gebäudesektor in Deutschland entfallen 30 bis 40 % der CO2-Emissionen. Hier liegt ein großer Hebel auf dem Weg hin zur Klimaneutralität. Aufgrund des bislang hohen Energieverbrauchs und hohen Anteils an Treibhausgasemissionen sind die Einsparpotenziale enorm. Wie im Klimaschutzplan 2050 und in der Energieeffizienzstrategie Gebäude verankert, ist das Ziel ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050. Im Neubau lässt sich Energieeffizienz schon problemlos realisieren, aber auch neu bauen ist zunächst sehr CO2-emissionsintensiv und kann nicht die einzige Lösung sein. Der Fokus muss daher verstärkt auf Bestandsimmobilien gelegt werden. Bei diesen, insbesondere bei älteren Gebäuden, ist der Einsatz von Energie meist wenig effizient. Wie gehen wir mit diesem Bestand um?Um die Klimaziele zu unterstützen, sollte ein attraktives Investitionsklima für energetische Sanierungsmaßnahmen geschaffen werden. Auf weniger als 1 % beläuft sich aktuell die Sanierungsquote im Immobilienbestand Deutschlands pro Jahr. Nötig wären Schätzungen zufolge 2 bis 3 %, um die gesetzten Klimaziele bis 2050 erreichen zu können. Diese minimale Sanierungsquote muss folglich dringend gesteigert werden, aber wie kann das realisiert werden? Bei den Akteuren der Immobilienwirtschaft liegt die Aufgabe längst auf dem Tisch. Das Thema “Nachhaltigkeit im Gebäudesektor” muss jedoch noch breiter in der Gesellschaft ankommen. Es sollte Aufklärung darüber geleistet werden, wie relevant Sanierungen von Gebäuden für den Klimawandel sind. Zusätzlich muss es den Menschen wichtiger werden, dass das Gebäude, in dem sie leben oder arbeiten, ein nachhaltiges ist.Letztlich müssten die Anstrengungen in Richtung klimaneutraler Gebäudebestand gerecht verteilt werden: Wir brauchen Konzepte für Public Private Partnerships, so dass Eigentümer, Vermieter, Mieter und Staat angemessen an den Kosten sowie an den Erträgen und Vorteilen energetischer Sanierungen beteiligt werden. Immer klarere Worte und ZieleDie Politik reagiert mittlerweile mit immer klareren Worten und Zielen: Die ehrgeizigen nationalen und internationalen Ziele der Reduzierung der CO2-Emissionen sind ohne Energiesparmaßnahmen im Gebäudebestand nicht zu erreichen. Der Immobiliensektor wird infolgedessen künftig von diesen Zielen immer stärker beeinflusst werden. Aktuell liegt der Fokus beim Klimaschutzgesetz, mit verbindlichen jährlichen Sektorzielen bis 2030 sowie der Einführung des CO2-Preises für Wärme- und Transportsektoren ab 2021. Das Gebäudeenergiegesetz 2020 fasst außerdem Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude zusammen. Die aktuellen Maßnahmen werden aber sicher nicht ausreichen, um die ambitionierten Zielsetzungen der Bundesregierung zu erreichen, somit wird es gegebenenfalls mittelfristig weitere Anpassungen geben.Wie auch immer sich die regulatorischen Herausforderungen aber entwickeln: Es wird sich für die Akteure am Markt auszahlen, schon heute bei allen Entscheidungen die langfristigen Klimaziele im Blick zu haben. Zudem sind sich Akteure am Markt immer häufiger einig darüber, dass der Energieverbrauch einer Immobilie sowie physische und transitorische Klimarisiken den Immobilienwert sehr wahrscheinlich signifikant beeinflussen können. Somit werden sich nachhaltige Gebäude langfristig als resilienter am Markt positionieren können.Um das CO2-Einsparpotenzial der Immobilienwirtschaft in Deutschland nutzen zu können, sollte die Politik noch stärker die Weichen für Änderungen in der Immobilienbranche stellen. Es müssen klare finanzielle Anreize für die Gebäudewirtschaft geschaffen werden. Gleich-zeitig bedeutet das Bekenntnis zu einer klimaneutralen Europäischen Union (EU) aber auch, dass noch einiges passieren muss, damit große Schritte in Sachen CO2-Reduzierung gelingen können. Dieser Widerspruch muss seitens der Politik aufgelöst werden, denn es ist unmöglich, das Klima zu retten, ohne bei den aktuellen energetischen Anforderungen nachzubessern.Der Transformationsprozess zu einer nachhaltigeren Immobilienwirtschaft muss außerdem finanzierbar sein – den Banken kommt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle zu. In der Praxis sehen wir, dass in vielen Instituten entsprechende Prozesse dazu etabliert werden. Die große Herausforderung in diesem Zusammenhang besteht jedoch in der mangelnden Transparenz beziehungsweise Datenverfügbarkeit zur Nachhaltigkeit einer Immobilie. Es ist aktuell noch schwierig, die Effizienz von Sanierungsmaßnahmen im Sinne des Gesetzgebers zu bewerten und zu dokumentieren. Noch nähern sich viele Akteure am Immobilienmarkt diesem Thema auf ihre Weise, ein verbindliches sowie einheitliches Framework ist derzeit nicht vorhanden. Mit der Einführung der EU-Taxonomie ab dem Jahr 2021 wird es eine Grundlage für die Beurteilung einer nachhaltigen Immobilie geben.Die Berlin Hyp als Immobilienbank hat kürzlich eine Nachhaltigkeitsagenda verabschiedet und hier ein ganzes Maßnahmenpaket geschnürt. Mit den gesetzten Klimazielen schlägt die Bank ein neues Kapitel der grünen Transformation auf. Den Klimapfad der Bundesregierung will die Berlin Hyp so mit ihrem Geschäft aktiv unterstützen.Das Thema Nachhaltigkeit ist seit Jahren fest in der Unternehmensstrategie der Bank verankert. Kundenseitig wird die Finanzierung von Green Buildings seit einigen Jahren mit einem Zinsabschlag gefördert. Der Green-Building-Anteil im Darlehensportfolio soll sukzessive immer weiter erhöht werden. Die Refinanzierung dieser energieeffizienten Gebäude erfolgt bereits seit 2015 über Green Bonds. Ehrgeizige PläneBis 2025 soll ein Drittel des Finanzierungsportfolios aus Green Buildings bestehen. Zudem sollen Gebäude, die heute noch nicht den Green-Building-Kriterien entsprechen, gemeinsam mit den Kunden transformiert werden. Hierzu arbeitet die Bank derzeit an neuen Produkten, unter anderem einem Transformationskredit. Dieser Kredit soll die Finanzierung von Transformationsmaßnahmen im Gebäudesektor, wie beispielsweise energetischen Modernisierungsmaßnahmen, ermöglichen. Um die gesetzten Klimaziele erreichen zu können, bedarf es zudem auch einer klaren Transparenz über die tatsächlichen CO2-Emissionen des Finanzierungsportfolios. Bisher wird innerhalb der Bankenbranche die Energieeffizienz der finanzierten Gebäude hauptsächlich geschätzt.Die Berlin Hyp hat es sich zum Ziel gesetzt, zu einer 100-prozentigen Transparenz zu gelangen. Mit dieser soll mittelfristig der CO2-Emissionswert des gesamten Portfolios berechnet und die Ermittlung von Klimarisiken unterstützt werden.”Der Klimawandel steht nicht vor der Tür, er sitzt bereits im Wohnzimmer,” wie es Justus Vogt formulierte. Uns kann die Transformation innerhalb der Immobilienbranche aber nur gemeinsam gelingen. Hierfür müssen wir alle an einem Strang ziehen – und das möglichst in dieselbe Richtung! Aber ein ganzheitlicher Blick darf nicht verloren gehen. “Cherry Picking”, also das Finanzieren von ausschließlich bestbewerteten, grünen Gebäuden wäre langfristig betrachtet auch nicht zielführend. Schließlich enthält eine ganzheitliche ESG-Betrachtung (ESG steht für Environment, Social, Governance) auch die “Social”-Komponente. Die Betrachtung sozialer Aspekte bleibt gleichermaßen wichtig, wenn es beispielsweise um bezahlbaren Wohnraum, Bildungseinrichtungen oder Ähnliches geht.Ziel sollte es daher sein, ein optimales Mittelmaß der einzelnen ESG-Komponenten zu finden, bei dem die positiven Ergebnisse maximiert werden. Nachhaltigkeit im Sinne des ESG-Ansatzes ergibt sich letztlich aus einer sinnvollen Kombination von Maßnahmen, die in ihrer Summe die gewünschten ganzheitlichen Vorzüge entfalten. Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp AG