Treibende Faktoren der Immobilienmärkte
Das Jahr 2018 ist weit fortgeschritten, und an den europäischen Immobilienmärkten hat sich mit wenigen Ausnahmen der Aufschwung fortgesetzt. Schon bald geht er in das zehnte Jahr. Historisch betrachtet dauert die Expansionsphase damit überdurchschnittlich lange. Mit den Immobilienzyklen verhält es sich allerdings wie allgemein mit der Konjunktur: Aufschwünge sterben nicht an Altersschwäche, sondern werden aus anderen Gründen beendet.Wer sich mit der Frage beschäftigt, wie lange der Aufschwung an den nationalen oder internationalen Immobilienmärkten noch andauern kann, muss sich zunächst klar darüber werden, was überhaupt die treibenden Faktoren hinter der langjährig positiven Entwicklung sind. Daran schließt sich die Frage nach den Perspektiven bei diesen Determinanten an.Üblicherweise sind immobilienwirtschaftliche Zyklen eng mit der Gesamtwirtschaft verknüpft. Eine gut laufende Konjunktur geht daher in der Regel über kräftiges Wirtschaftswachstum sowie steigende Beschäftigung und Einkommen mit prosperierenden Immobilienmärkten einher. Günstig wirken sich auch steigende Bevölkerungszahlen auf die Immobilienmärkte aus, da sie für zusätzliche Nachfrage nach Wohnraum, Büroflächen oder Einkaufsmöglichkeiten sorgen. Schließlich ist auch die Bautätigkeit ein wichtiger Treiber für die Entwicklung an den Immobilienmärkten: Ist sie zu niedrig, um die zunehmende Nachfrage zu befriedigen, führt dies zu steigenden Mieten oder Kaufpreisen. Wird sie zu stark ausgeweitet, besteht die Gefahr eines Angebotsüberschusses.Neben diesen fundamentalen Treibern befeuern im laufenden Zyklus vor allem die extrem niedrigen Zinsen die Immobilienmärkte. Sie erleichtern zum einen die Finanzierung der üblicherweise kapitalintensiven Immobilieninvestitionen. Zum anderen erhöhen sie die relative Attraktivität der Assetklasse gegenüber anderen Anlageformen und beflügeln dadurch die Investmentnachfrage nach Immobilien.Mit Blick auf das kommende Jahr müssen wir uns hinsichtlich dieser wesentlichen Treiber der Immobilienmärkte nicht sorgen. Die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland und in der Eurozone hat sich zuletzt zwar etwas abgeschwächt, die Wachstumsraten werden aber im nächsten Jahr wohl nicht unter den langjährigen Durchschnitt fallen. Das reicht aus, um die Lage an den Arbeitsmärkten weiter zu verbessern. Vor allem in Deutschland sorgt die zunehmende Knappheit an Fachkräften zudem für tendenziell höhere Lohnzuwächse und steigende Einkommen. Die Bevölkerungszahl wird weiter zunehmen. Die ganz großen Zuwächse wie 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, wurden seitdem nicht annähernd erreicht und sind auch für die kommenden Jahre wenig wahrscheinlich. Von ebenso großer Bedeutung für die regionalen Immobilienmärkte ist aber die anhaltend starke Binnenwanderung aus den ländlichen Gebieten hin in die dynamisch wachsenden Ballungsräume. Hier zeichnet sich keine Trendwende ab. Moderat erhöhte BautätigkeitDie Bautätigkeit hat in den meisten Immobilienmärkten im Vergleich zu früheren Zyklen bislang nur moderat zugenommen. In Deutschland wachsen zwar die Bauinvestitionen, und die Wohnungsfertigstellungen fallen von Jahr zu Jahr höher aus – allerdings von einem sehr niedrigen Niveau. Der jährliche Bedarf von mindestens 350 000 Wohnungen kann 2018 einmal mehr nicht gedeckt werden, so dass sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weiter öffnet. Auch an einigen der führenden deutschen Bürostandorte herrscht mittlerweile bei Leerstandsraten um 2 % bis 4 % Knappheit.Eine rekordhohe Kapazitätsauslastung in der Bauwirtschaft und der wachsende Fachkräftemangel in der Branche stehen jedoch einer deutlicheren Ausweitung der Bautätigkeit entgegen. Dies ist einerseits für viele Marktakteure unbefriedigend, gestaltet sich damit die Suche nach geeignetem Wohnraum, Büroflächen oder Immobilieninvestments immer schwieriger. Andererseits verhindert gerade die überschaubar ausgeweitete Neubautätigkeit, dass es auf absehbare Zeit zu einem Überangebot kommt. Sie wirkt damit zyklusverlängernd.Aktuell wird vor allem das sehr niedrige Zinsniveau als entscheidender Treiber der Immobilienmärkte gesehen. Die Vergangenheit lehrt, dass häufig das Ende eines Aufschwungs am Immobilienmarkt durch steigende Zinsen eingeleitet wurde. Daher sollte gerade die Immobilienwirtschaft die Geldpolitik nicht aus dem Blick verlieren. Während in den USA die Leitzinsen bereits Ende 2015 zum ersten Mal angehoben wurden und das Anleiheportfolio sukzessive zurückgeführt wird, steht die Normalisierung der Geldpolitik in der Eurozone noch ganz am Anfang. Das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) wird voraussichtlich Ende 2018 eingestellt, der Bestand aber vorerst nicht abgebaut. Vorzieheffekte möglichDer erste zaghafte Zinsschritt ist dann für die zweite Jahreshälfte 2019 zu erwarten. Damit dürften zwar steigende Zinsen am Kapitalmarkt einhergehen. Dieser Anstieg wird sich aber von sehr niedrigem Niveau und so langsam vollziehen, dass er den Aufschwung am Immobilienmarkt bis auf weiteres nicht gefährdet. Nur leicht steigende Finanzierungszinsen dürften die Kreditnachfrage zunächst nicht beeinträchtigen – im Gegenteil, dies könnte sogar zu Vorzieheffekten führen, wenn sich Marktteilnehmer noch schnell die günstigen Zinsen sichern möchten. Am Investmentmarkt wird die Attraktivität von Immobilien mit etwas zunehmenden Renditen festverzinslicher Anlagen zurückgehen, die Risikoprämien bleiben aber im langjährigen Vergleich noch so hoch, dass Immobilien weiterhin gesucht sein werden.Eine etwas schwächere Konjunktur, der weniger starke Bevölkerungsanstieg, eine moderat zunehmende Neubautätigkeit und langsam steigende Zinsen: All dies spricht für eine allmählich ruhigere Gangart am deutschen Immobilienmarkt, aber nicht für ein Ende des Aufschwungs schon 2019. Kaufpreise und Mieten in den meisten regionalen und sektoralen Teilmärkten werden daher sehr wahrscheinlich weiter steigen – wohl aber mit etwas geringerem Tempo. Kritisch zu werten wären ein kräftiger Anstieg der Bautätigkeit oder eine viel großzügigere Vergabe von Immobilienkrediten. Aber erst wenn ein kräftiger Zinsanstieg eintritt oder ein exogener Schock die Konjunktur abwürgt, könnten die Immobilienpreise korrigieren. Bis dahin gilt die alte Weisheit: Immobilienmärkte sind zyklisch, und jeder Aufschwung ist endlich – sein Ende ist aber schwer vorhersehbar.Als einer der führenden gewerblichen Immobilienfinanzierer agieren wir als Helaba auch in dieser Situation aus einer Position der Stärke heraus und sind für anstehende Herausforderungen gut aufgestellt. Auf Basis unserer Marktposition, unserer langjährigen Expertise und eines gut diversifizierten Portfolios legen wir unseren Schwerpunkt weiterhin auf die Stärkung und den Ausbau der Kundenaktivität in bestehenden Märkten, prüfen aber auch neue Märkte und Immobilienarten.—-Christian Schmid, Generalbevollmächtigter und designiertes Vorstandsmitglied der Helaba