TITEL

Überflieger Technologie

Die großen Tech-Konzerne erwirtschaften hohe und stetig wachsende Gewinne. Daher bleibt der Sektor aussichtsreich. Anleger sollten breit gestreute Fonds bevorzugen. Von Werner Rüppel Als im Februar und März dieses Jahres die Kurse am Aktienmarkt...

Überflieger Technologie

Die großen Tech-Konzerne erwirtschaften hohe und stetig wachsende Gewinne. Daher bleibt der Sektor aussichtsreich. Anleger sollten breit gestreute Fonds bevorzugen.Von Werner RüppelAls im Februar und März dieses Jahres die Kurse am Aktienmarkt pandemiebedingt eingebrochen sind, hätte kaum jemand mit dieser Entwicklung ge­rechnet. Doch die im US-Technologieindex Nasdaq 100 enthaltenen Werte tendierten nur kurz nach Süden. Bald ging es für die Tech-Aktien wieder stramm aufwärts, hat doch der coronabedingte Lockdown weltweit zu einem Schub sondergleichen für Digitalisierung, Homeoffice und Onlinehandel gesorgt. Die Kurse von Technologiewerten legten markant zu, vor allem ein­zelne große Tech-Titel waren kaum mehr zu bremsen und haben dabei auch die Wertsteigerungen anderer Branchen klar abgehängt. Bald schon lag der Nasdaq 100 deutlich über dem Niveau vor Corona und erreichte zwischenzeitlich beinahe täglich ein neues Hoch. Zuletzt kam es aber zu zum Teil deutlichen Korrekturen. Doch trotz der Einbußen liegt der Nasdaq 100 Ende September rund 40% über dem Stand vor Jahresfrist.Vor diesem Hintergrund türmen sich für den Anleger mehrere Fragen auf. Bleibt der Wachstumsmarkt Technologie der Überflieger an der Börse wie in den vergangenen zehn Jahren, oder liegt eine deutliche Übertreibung wie die Dotcom-Blase vor rund zwanzig Jahren vor? Welche Technologiewerte sind besonders aussichtsreich? Und wenn sich Tech-Investments weiterhin in den kommenden Jahren lohnen dürften, mit welchen Fonds und ETFs können Anleger dann von diesem “Überflieger-Segment” profitieren. Vergleich mit Dotcom hinktJetzt die Antworten der Reihe nach. Gemessen an gängigen rein statischen Bewertungskriterien wie Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Kurs-Buchwert-Verhältnis erscheint der Technologiesektor nach den jüngsten Kurssteigerungen hoch bewertet. Gleichwohl hinkt der Vergleich mit der Dotcom-Blase. “Die Unterschiede zu der Situation vor zwanzig Jahren sind schon erheblich”, erklärt Hyun Ho Sohn, Manager des Fidelity Global Technology Fund, im Interview mit rendite (vgl. Seite 20). “Die großen Tech-Unternehmen heute sind gesund und befinden sich in einer exzellenten Verfassung, es liegt vor diesem Hintergrund keine Blase des Sektors vor. “Damals war das Internet neu und viele Technologietitel arbeiteten nicht profitabel. Dies hat laut Sohn zu Bewertungsexzessen des gesamten Sektors geführt. Und wer sich zurückerinnert, der weiß um die Unterschiede. So gingen zu Zeiten des Dotcom- und Neuen-Markt-Booms etliche Unternehmen an die Börse, die tiefrote Zahlen schrieben. Und es waren von Unternehmensseite Sprüche an der Tagesordnung, die zum Beispiel wie folgt lauteten: “Wir erzielen zwar keinen Gewinn, aber wir könnten, wenn wir wollten, nur hat Wachstum für uns Vorrang.” Der Kaiser hatte damals seine neuen Kleider an und blieb letztendlich nackt.Inzwischen ist das Internet aber für uns alle kein Neuland mehr. Technologie ist allgegenwärtig und bestimmt zunehmend unseren Alltag. Vor allem sind aber mit den FAANG-Titeln (Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google) inklusive Microsoft große Technologiekonzerne entstanden, die hohe Cash-flows und wachsende Gewinne erzielen. “Heute machen Firmen wie Apple, Amazon, Google, Microsoft oder Facebook, und übrigens auch eine SAP, reales Geschäft in erheblichem Ausmaß und verdienen dabei enormes Geld”, sagt Sohn. Und wenn man auf die Ertragsentwicklung von Big Tech schaut, dann wird deutlich, dass die großen Technologiefirmen echte Gewinnmaschinen sind (vgl. hierzu die Entwicklung der Gewinne je Aktie, Seite 19). Schnelleres Gewinnwachstum”Trotz der hohen Zahl an Nasdaq-Mitgliedern konnte der Gewinntrend des S&P 500 in der längerfristigen Betrachtung nicht einmal im Ansatz mit der Entwicklung im Nasdaq 100 mithalten”, stellt Uwe Streich, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg fest. “Während der 12-Monats-Forward-Gewinn des S&P 500 seit Ende 2004 ‚nur’ um gut 75% stieg, legte er im Nasdaq 100 seither um sage und schreibe 547% zu.” Doch nicht nur längerfristig hätten die Nasdaq-Titel weit besser als die Werte des marktbreiten US-Aktienindex S&P 500 abgeschnitten, sondern vor allem auch seit Beginn der Pandemie.”Die Tech-Stocks zeigten sich dabei nicht erst jetzt, sondern bereits seit längerem als Fels in der Brandung”, analysiert Streich. Inzwischen befänden sich unter den großen Tech-Stocks wahre Cash Cows, welche “teilweise fast schon als Monopolisten durchgehen könnten”. Ihre Gewinne zeigten sich daher, im Unterschied zu früher, als ziemlich krisenresistent. Vor diesem Hintergrund werde das Segment der Tech-Stocks nicht mehr als offensive Anlage, sondern immer häufiger als defensives Investment empfunden.Hinzu kommt jetzt noch, dass die Notenbanken nicht mehr – wie zum Beispiel im Jahr 2000 – auf der Bremse stehen, sondern massiv Liquidität in die Märkte pumpen. Die Zinsen erscheinen inzwischen abgeschafft, Geld kostet nichts mehr, Anleger können Erträge nur mehr mit realen Investments wie Aktien erzielen. Und dies wird in den kommenden Jahren anhalten.Dieser Meinung ist auch der renommierte Volkswirt Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute. In mehreren Beispielrechnungen zeigt er auf, “dass die Aktien insgesamt und auch die höher bewerteten Technologieaktien nicht überteuert sind”. Mayer erklärt: “Der Grund dafür ist, dass uns die niedrigen Zinsen aller Wahrscheinlichkeit noch eine Weile erhalten bleiben werden.” Korrekturen völlig normalDie Hausse der Technologieaktien ist also gut fundiert und angesichts positiver Gewinnperspektiven bleibt der Reichmacher-Sektor aussichtsreich. Dass es nach einem deutlichen Kursanstieg der Tech-Werte zu einer Korrektur gekommen ist, noch dazu im schwierigen Börsenmonat September, das ist im Grunde völlig normal und für langfristig orientierte Investoren eher positiv zu werten. Denn es eröffnet die Chance auf eine günstigere Einstiegsgelegenheit im zuletzt doch etwas heißgelaufenen Segment.Denn bei einzelnen Tech-Werten gab es durchaus Anzeichen einer kurzfristigen Übertreibung. So zogen zum Beispiel die Kurse von Apple und Tesla merklich an, allein weil diese Unternehmen einen Aktiensplit angekündigt hatten. Nur ändert ein Split an den Fundamentals eines Unternehmens rein gar nichts. Zudem gingen etliche Tech-IPOs an die Börse, wobei die Aktienkurse für Börsenneulinge zum Teil überzogen waren. Saison ab November besserEs mag auch sein, dass Technologieaktien im Oktober noch eine Weile korrigieren, zumal die Pandemie sich auch wieder zu verstärken scheint. Gleichwohl bleibt der Sektor attraktiv. Ab November sieht dann auch das saisonale Muster für Technologieinvestments wieder besser als im September oder Oktober aus.Anleger, die in den Technologiesektor einsteigen wollen, sollten dies unter Risikogesichtspunkten am besten breit gestreut tun. Insofern bieten sich Fonds an. Doch sind auch diese keine Witwen-und-Waisen-Papiere, sprich: Technologiefonds sind im Grunde nur für längerfristig ausgerichtete Investoren geeignet, die auch bereit sind, ein entsprechendes Aktienrisiko zu tragen. Zudem bieten sich gestaffelte Käufe an, um das Risiko eines ungünstigen Einstiegszeitpunkts zu minimieren.Doch gibt es auch eine gute Botschaft für Investoren: Für Investments in den Technologiesektor sind eine Reihe guter aktiver Fonds im Angebot, die von Morningstar mit den Top-Noten von vier oder fünf Sternen bewertet werden (vgl. Tabelle, Seite 16). Dazu zählen der Deka-Technologie, der DNB Fund Technology, der DWS Artificial ­Intelligence, der Fidelity Global Technology, der Franklin Technology, der Polar Global Technology und der UniSector HighTechA. Praktisch alle diese Produkte überzeugen langfristig mit einem hohen Wertzuwachs: Die Performance dieser Fonds über zehn Jahre mit einem Wertzuwachs von bis zu 20?% pro Jahr beeindruckt geradezu. Solche Wertzuwächse fortzuschreiben, wäre aber falsch. Denn die gibt es in dieser Höhe nur, wenn es an der Nasdaq wie in den vergangenen zehn Jahren so richtig gut läuft. Sektor bleibt aussichtsreichAuch über passive ETFs können Anleger zu niedrigen Gebühren an einer positiven Entwicklung des Technologiesektors partizipieren. Hier bietet sich zum Beispiel ein Investment in den Nasdaq 100 via börsennotierter Indexfonds an. Zu beachten ist aber, dass bei manchen der den Tech-ETFs zugrunde liegenden Indizes vor allem große Tech-Konzerne wie Apple und Microsoft hoch gewichtet sind. Das ist dann positiv, wenn diese Aktien sich gut entwickeln, führt aber zu Rückschlägen, wenn gerade eines der Schwergewichte einbricht.Trotz aller Schwankungen haben sich Technologiefonds auf lange Sicht als die Reichmacher-Produkte erwiesen. Künftig könnten die Zuwächse zwar eher niedriger ausfallen. Doch sind Investments in den Tech-Sektor insgesamt aussichtsreich.