Überregulierung im Blick
Die europäischen Versicherer spielen eine zentrale Rolle bei der Finanzierung der Wirtschaft. Diese Funktion darf nicht durch unüberlegte Regulierungsschritte gefährdet werden, warnt der Verband Insurance Europe in einer Studie.tl Frankfurt – Die europäischen Versicherer haben Ende 2012 ein Vermögen von etwa 8,5 Bill. Euro verwaltet. Damit ist die Assekuranz die größte institutionelle Investorengruppe und vereinigt etwa die Hälfte aller Anlagen auf sich (vgl. Grafik auf Basis der Zahlen von Ende 2011). Versicherer könnten aufgrund ihrer meist langfristigen Verpflichtungen in langfristige und illiquide Anlagen investieren, heißt es in der Studie “Finding the future” des Versicherungsverbandes Insurance Europe und der Unternehmensberatung Oliver Wyman. “Versicherer können einen antizyklischen und stabilisierenden Effekt auf Finanzmärkte und die Volkswirtschaft haben.”Die Finanzierungskraft der Banken ist mit etwa 46 Bill. Euro deutlich größer als die der Versicherer. Die verschärfte Regulierung, aber auch die wichtige Rolle bei der Unterstützung des Wirtschaftswachstums in Europa werden zwischen 2012 und 2016 zu einer Finanzierungslücke von 4 bis 5 Bill. Euro führen, heißt es warnend in der Studie.Umso dringlicher erscheint es daher dem europäischen Versicherungsverband, auf die wichtige Funktion der Assekuranz als Langfristinvestor hinzuweisen. Gefahren sieht Insurance Europe bei der Regulierung, der Steuergesetzgebung und den Sicherheitenregeln bei Derivaten.Bei den neuen Eigenmittelregeln Solvency II bemängelt die Studie, dass dort nicht berücksichtigt werde, dass Versicherer häufig ihre Assets langfristig oder sogar bis zu ihrer Fälligkeit halten. Risiken würden daher überbewertet und in der Konsequenz müssten sie mit zu viel Kapital unterlegt werden. “Dadurch steigen nicht nur die Kapitalkosten für langfristige Anlagen, sondern es wird auch eine exzessive Volatilität ausgewiesen.” Dies könne sowohl zu einer Reduktion als auch zu einer Fehlallokation langfristiger Investitionen führen, warnt die Studie. Die jüngsten Entwicklungen bei der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA konnten in der Studie allerdings nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BZ vom 18. Juni). Steuerliche Anreize erhaltenKritisiert wird in der Studie auch der Trend bei den Regierungen, steuerliche Anreize zur Förderung der Altersvorsorge zu reduzieren oder ganz zu streichen. Dadurch könne es nicht nur zu Engpässen bei der Finanzierung der Wirtschaft, sondern auch über ein schwächeres Wirtschaftswachstum zu einer Erosion der Steuerbasis kommen.Schließlich stoßen den Studienautoren neue Regeln bei Derivaten sauer auf. Sie würden Versicherer zwingen, “suboptimal große Cashbestände zu halten, Assets über den Repomarkt zu monetarisieren oder schlicht bestimmte Produkte nicht mehr anzubieten, für die die Aktiv-Passiv-Steuerung mit Hilfe von Derivaten unverzichtbar ist”.Insgesamt ist für den Versicherungsverband das Ziel der Politik zwar sinnvoll, das Finanzsystem sicherer zu machen. “Die Effekte, die eine veränderte Regulierung auf das Investitionsverhalten der Versicherer und damit auf die Wirtschaft insgesamt haben, müssen erkannt und berücksichtigt werden.” Andernfalls könnte der wirtschaftliche Nutzen, den die Assekuranz stifte, unwiderruflich geschädigt werden, heißt es in der Studie.