IM INTERVIEW: PIEBE TEEBOOM, FIA EUROPEAN PRINCIPAL TRADERS ASSOCIATION

"Umfassendes Consolidated Tape ein Muss"

Generalsekretär: Daten sollten von den Handelsplattformen kostenlos zugeliefert werden

"Umfassendes Consolidated Tape ein Muss"

Die europäische Aufsichtsbehörde ESMA dringt darauf, das seit vielen Jahren geforderte umfassende Consolidated Tape für Aktien und aktienähnliche Instrumente in der EU zu errichten. Der Eigenhändlerverband FIA European Principal Traders Association macht sich für das Projekt stark, wie sein Generalsekretär Piebe Teeboom erläutert. Herr Teeboom, aus Sicht welcher Finanzmarktakteure beschäftigt sich Ihr Verband mit regulatorischen Themen wie dem Vorhaben zur Einführung eines Consolidated Tape in der Europäischen Union?Unsere Mitglieder sind Firmen, die Liquidität betreiben. Viele von ihnen sind Marketmaker. Sie handeln also mit eigenem Geld und nicht im Auftrag von Kunden. Im Wesentlichen sind sie selbständige Eigenhändler. Um 40 % der europäischen Aktien-Order-Flows laufen über unsere Mitglieder. Zu ihnen zählen Firmen wie Citadel Securities, Flow Traders, Optiver, Susquehanna International und Virtu Financial. Wir beschäftigen uns u. a. mit Marktstrukturthemen und damit auch mit dem Consolidated Tape. Halten Sie die Einführung eines regulierten Consolidated Tape für eine gute Idee?Wir treten entschieden dafür ein. Ein umfassendes Consolidated Tape ist ein Muss. Eines der Hauptziele der Europäischen Kommission war, dass wir bereits jetzt einen haben, aber das ist nicht geschehen. Es gab mehrere Versuche und Konzepte, ein Consolidated Tape zu etablieren. Alle haben es aufgegeben, weil es zu schwierig ist. Die Folge ist, dass das Datenangebot in der EU nach wie vor durch eine Vielzahl von Handelsausführungsplätzen bzw. Börsen sehr fragmentiert ist. Es ist daher schwierig, einen umfassenden Überblick über den Markt zu erhalten. Man braucht alle Datenströme und muss diese konsolidieren. Das ist sehr teuer, und die mangelhafte Datenqualität erschwert die Datenkonsolidierung. Kann ein Consolidated Tape die Probleme lösen?Das könnte er, indem klare Regeln für die Daten festgelegt werden, diese auf einer Plattform abgerufen werden können und auch das Kostenproblem angegangen wird. Die EU-Initiative zielt auf Nachhandelstransparenz, während an das Consolidated Tape in den USA auch Vorhandelsdaten übermittelt werden müssen. Sollte Letzteres nicht auch in Europa geschehen?Auf Vorhandelsdaten kann verzichtet werden. Ihre Zustellung ist zu langsam, um sie tatsächlich im Handel nutzen zu können. Konsolidierte Nachhandelsdaten bieten dagegen einen echten Mehrwert für Fonds und Investoren. Sie helfen ihnen bei den Best-Execution-Anforderungen und veranschaulichen, was wo gehandelt wird. So kann ein Assetmanager feststellen, ob er am richtigen Platz gehandelt hat. Wenn er ein besseres Bild vom Gesamtmarkt hat, kann er effizienter ausführen. Das ist auch für den Endinvestor gut. Ein Consolidated Tape entspricht auch dem Ziel der Europäischen Kapitalmarktunion. Wenn man nicht weiß, wo der beste Platz für die Ausführung ist, fehlt ein wichtiger Baustein. Wie soll denn ein Consolidated Tape Ihrer Meinung nach errichtet werden?Wichtig ist, dass die zuständigen öffentlichen Behörden das Projekt energisch vorantreiben. Die ESMA muss sagen, was passieren muss und wie. Das Tape soll ein kommerzielles Produkt werden, dass auf einer sogenannten “reasonable commercial basis” angeboten wird. Was genau soll das sein?Das ist nicht so genau definiert. Was wir derzeit bei den Datenangeboten der Handelsplattformen sehen, entspricht in vielen Fällen jedenfalls nicht einer “reasonable commercial basis”. Die Daten sind sehr teuer. Die Mifid-II-Regeln für die Preisgestaltung sind sehr klar, aber viele Handelsplattformen haben sie in einer Weise interpretiert, dass ihre Preisgestaltung nicht der Richtlinie entspricht. Die Preise sollten nichtdiskriminierend sein, d.h. jeder sollte die gleichen Preise bezahlen. Aber die Geschäftsbedingungen sind so kompliziert, dass kaum nachvollzogen werden kann, ob die Kurse nichtdiskriminierend angeboten werden oder nicht. So etwas wollen wir beim Tape nicht sehen. Wir brauchen eine klare Governance, um so etwas zu verhindern. Wie bzw. auf welcher Basis sollen die Daten an das Consolidated Tape übermittelt werden?Wir wollen ein Consolidated Tape, dass die Daten von den Datenanbietern kostenlos erhält. Es soll sie dann auf einer “reasonable commercial basis” an die Nutzer verkaufen. Die Handelsplattformen sollen unseren Vorstellungen nach vom Tape bezahlt werden, wobei sich die Rückzahlung an dem Wert der Daten, die sie zugestellt haben, bzw. deren Beitrag zur Kursbildung orientieren soll. Die Börsen dürften von dieser Idee aber wenig begeistert sein.Das würde mich nicht überraschen. Es geht jedoch darum, jetzt endlich eine richtige Verbesserung für die Endinvestoren zu erreichen. Es wäre dabei die Aufgabe der öffentlichen Behörden wie die ESMA und die Kommission, die verschiedenen Interessen auf eine faire Weise zu balancieren. Das Interview führte Christopher Kalbhenn.