Universal-Investment geht auf Einkaufstour
Von Silke Stoltenberg, Frankfurt
Der Fondsdienstleister Universal-Investment will nach Akquisitionen im gerade beendeten Geschäftsjahr 2020/21 auch in den kommenden Monaten auf Einkaufstour gehen und das internationale Vertriebsnetz weiter ausbauen. „Wir wollen die Marktkonsolidierung im Assetmanagement beschleunigen“, zeigt Chief Executive Officer Michael Reinhard im Gespräch mit der Börsen-Zeitung deutlich seine noch ungestillte Expansionslust. In Deutschland würden sich im Segment der Kapitalverwaltungsgesellschaften in naher Zukunft Zukaufsgelegenheiten bieten, darüber hinaus habe sein Haus Interesse an einem Administrationsdienstleister für alternative Assets in Frankreich, zählt der seit zwei Jahren amtierende CEO mögliche Übernahmeziele auf. Dagegen seien Zukäufe in Großbritannien angesichts der Unklarheiten, welche Richtung die Regulierung nach dem Brexit dort nehmen werde, vorerst zurückgestellt worden.
Zuletzt war zumindest eine Niederlassung in London eröffnet worden als neues Büro des per Mai erworbenen irischen Fondsverwaltungsgeschäfts von Metzler. Nach Deutschland und Luxemburg ist Irland nun der dritte Standort, über den Universal britische und nordamerikanische Vermögensverwalter als Kunden gewinnen möchte, die für den europäischen Markt Ucits- oder AIFM-Fonds auflegen wollen.
Grundsätzlich gibt es bei Universal nach Darlegung Reinhards drei Motivationen bei Übernahmen. Erstens sollen neue Dienstleistungen angeboten werden. Vor diesem Hintergrund war im vergangenen Jahr Capinside erworben worden, eine Daten- und Vertriebsplattform für Anleger und Assetmanager. Der zweite Ansatz „make or buy“ habe für die Übernahme des Metzlergeschäfts in Irland gesorgt. Der dritte Grund sei die allgemeine Marktkonsolidierung. Hier sei die Gesellschaft ein Antreiber.
Ausbau in Skandinavien
Im Vertrieb sollen in den kommenden Monaten die Kapazitäten in Skandinavien ausgebaut werden. Bis Ende 2022 soll zudem der wegen der Pandemie verschobene Vertriebsaufbau in Hongkong nachgeholt und ebenso an der Ostküste der USA ein Vertriebsbüro in den USA aufgebaut werden. Die US- wie auch die asiatischen Anbieter nutzen Luxemburger oder irische Fondsvehikel für den europäischen Markt, hier fungiert Universal also als Schnittstelle.
In Deutschland wie auch in Luxemburg ist die 1968 als Joint Venture einer Reihe von Privatbanken gegründete Universal die größte unabhängige Verwaltungsgesellschaft für Investoren und Assetmanager (Management Company, Manco). Das Angebot umfasst das Master-KVG-Geschäft als übergeordnete Administration mehrerer Spezialfonds (Kapitalverwaltungsgesellschaft), Private-Label-Fonds (Fondshüllen für Vermögensverwalter), das Reporting und das Risikomanagement.
Erklärtes Ziel der Gesellschaft ist, bis 2023 die führende europäische Fonds-Service-Plattform zu werden. „Diesem Ziel sind wir schon sehr nahe gekommen“, sagt der 48-Jährige, der seit Mai 2019 die Gesellschaft führt. Wobei sein Haus sich angesichts des bereits verteilten Kuchens bei offenen Immobilien-Publikumsfonds bewusst von dieser Assetklasse fernhält. Dieses Segment ist fest in der Hand der großen deutschen Fondsgesellschaften und einiger weniger Dienstleister für die paar kleinen Anbieter. Insofern kümmert man sich nur um Immobilien-Spezialfonds. Und von noch etwas anderem lässt Universal bewusst die Finger: von unregulierten Produkten.
„Wir blicken auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2020/21 zurück, per Ende September lagen die administrierten Assets bei 710 Mrd. Euro und damit 19 % über dem Vorjahr“, so Reinhard. Konzernzahlen weist die seit 2017 dem Private-Equity-Haus Montagu gehörende Gesellschaft nicht aus. „Wir sind sehr zufrieden mit allen Kennzahlen und der Umsatzentwicklung“, sagt Reinhard hierzu lediglich auf Nachfrage.
Zweistellig gewachsen
Das Servicegeschäft für Fonds und Investoren ist vor dem Hintergrund der boomenden Assetmanagementbranche ein rasant wachsendes Geschäft, weswegen sich auch Universal im vergangenen Jahrzehnt rasch entwickelt hat. Die Assets haben sich in dem Zeitraum mehr als vervierfacht (siehe Grafik). Die Mitarbeiterzahl lag zuletzt bei mehr als 1 000, mehr als dreimal so viel wie vor zehn Jahren.
Alle Geschäftsbereiche seien zweistellig gewachsen, so Reinhard. Besonders dynamisch zeigten sich die Real-Estate-Anlagen vor dem Hintergrund des florierenden Immobilienmarktes. Insofern ist hier die Nachfrage der institutionellen Investoren sehr hoch, insbesondere Pensionswerke erwähnt Reinhard. Auch wenn die liquiden Assets, also der Wertpapierbereich, weiterhin den überwiegenden Anteil bei den Assets von Universal ausmachen, sind die alternativen Investments stark im Kommen. Das Geschäft mit Verbriefungen, strukturierten Produkten oder Hedgefonds hat sich innerhalb von zehn Jahren auf ein investiertes Kapital von 65 Mrd. Euro vervielfacht. Inklusive der Immobilienanlagen kommen die alternativen Assets am administrierten Vermögen auf rund 15 % – zehn Jahre zuvor waren es erst 2 % gewesen.
„Wir sehen auch die ersten ernsthaften Versuche, in digitale Währungen zu gehen“, so der verheiratete Vater von drei Kindern, der seit 2018 Geschäftsführer bei Universal ist und zuvor für den Axa-Konzern tätig war.
Seit Anfang August ist die eigene Fondsserviceplattform UI Enlyte in Betrieb und wird für digitale Bonds genutzt. Nach eigenen Angaben ist es die erste zertifizierte Kryptofondsplattform in ganz Europa und deckt den gesamten Abwicklungsprozess ab. Im Rahmen des seit Juli geltenden deutschen Fondsstandortgesetzes war der Assetmanagementbranche und Investoren hierzulande erlaubt worden, innerhalb von Spezialfonds bis zu 20 % in Kryptoassets zu investieren. „Ich bin stolz darauf, dass Deutschland europaweit hier eine der Vorreiterrollen einnimmt“, betont Reinhard. Aktuell laufen bei Universal Vorbereitungen, bald den ersten Spezialfonds mit Kryptowährungen aufzulegen.
Ein neues Angebot des Administrationsdienstleisters soll das tagesaktuelle Berechnen der Risiken bei der Frage der Nachhaltigkeit werden. Das System, das auf maschinelles Lernen aufbaut, befinde sich derzeit in der Erprobung. Es werde jeglichen der noch vielen ausstehenden Regulierungsschritte in der EU hierzu und die sich daraus entwickelnden Standards abbilden können, wie Reinhard versichert.
Über öffentliche zugängliche Daten ermittelt Universal das Risiko für das Portfolio unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit, wobei die Grenzwerte für den ESG-Risikofaktor (Environment, Social, Governance) vom Assetmanager oder Investor vorgegeben wird. Durch die Prognose zur Entwicklung des Risikofaktors beziehungsweise dessen maximalen Änderungsrisikos kann der Investor oder Fondsmanager dann über eventuell notwendige Anpassungen im Portfolio entscheiden.
Aktuell testet die Gesellschaft im System 35 Faktoren, es werde wohl auf 15 bis 20 hinauslaufen. Grundsätzlich ist das Geschäftsfeld Risikomanagement allerdings eher klein. Zuletzt belief sich das Volumen auf 49 Mrd. Euro Assets under Management (siehe Grafik).
Reinhard berichtet von erregten Diskussionen im Kreis der 400 Assetmanager, als die Frage der Einstufung ihrer Fonds nach der neuen EU-Offenlegungsverordnung zur Nachhaltigkeit zur Debatte stand. „Wir sind bei der Frage, welcher Fonds als nachhaltig im Sinne von Artikel 8 oder 9 eingestuft werden kann, bewusst sehr konservativ vorgegangen. Derzeit sind 14 % der Fonds auf unserer Plattform als solche klassifiziert, die meisten davon erfüllen die Anforderungen des Artikels 8. Damit liegen wir im Branchenschnitt“, führt Reinhard aus. Artikel 8 der Offenlegungsverordnung definiert Fonds, die nachhaltige Kriterien im Anlageprozess mitberücksichtigen. Artikel-9-Fonds sollen ein erklärtes Nachhaltigkeitsziel haben. Da ein Nachhaltigkeitsetikett sich positiv bei der Vermarktung auswirkt, ist natürlich das Interesse von Vermögensverwaltern groß, ihre Fonds so gekennzeichnet zu haben.
Schnelle Klarheit gewünscht
Auf Nachfrage, wie er zur umstrittenen, geplanten BaFin-Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen stehe, hält sich Reinhard mit einer Bewertung des nationalen Alleingangs zurück. „Ich wäre froh, wenn wir über die letztlich gültigen Vorgaben der Richtlinie schnell Klarheit hätten, Unsicherheit kostet die Fonds Performance. Ohnehin bewegt sich das Ganze in einem Spannungsfeld: Die Vorgaben der EU-Taxonomie sowie die künftigen Mifid-Vorgaben für den Vertrieb bei der Einstufung von nachhaltigen Fonds sind nicht deckungsgleich.“
Ein erster Entwurf von BaFin-Vorgaben für die Portfolien nachhaltiger Fonds war im Mai bekannt geworden. Der überarbeitete Entwurf wurde im Sommer konsultiert. Bis Jahresende soll die Richtlinie endgültig veröffentlicht werden. Die Fondsanbieter befürchten dadurch Nachteile im internationalen Wettbewerb.