FONDSKRISEN

Unkalkulierbar

Das Wesen einer Vertrauenskrise im Assetmanagement klingt mittlerweile fast vertraut: Eine Fondsgesellschaft investiert das Geld der Anleger in undurchsichtige Instrumente, der Fall wird bekannt, die Investoren ziehen die Mittel ab, der Fonds gerät...

Unkalkulierbar

Das Wesen einer Vertrauenskrise im Assetmanagement klingt mittlerweile fast vertraut: Eine Fondsgesellschaft investiert das Geld der Anleger in undurchsichtige Instrumente, der Fall wird bekannt, die Investoren ziehen die Mittel ab, der Fonds gerät unter Druck und die Fondsgesellschaft in Erklärungsnot. Kein Jahr, nachdem die Schweizer Adresse GAM wegen mutmaßlicher Regelverstöße eines Fondsmanagers in die Schlagzeilen geriet, musste jüngst das Vehikel des britischen Starfondsmanagers Neil Woodford eingefroren werden, während die Natixis-Tochter H2O nach hohen Abflüssen ebenfalls um das Vertrauen der Anleger ringt.Dabei gelten Liquiditätskrisen vor allem als Problem von Banken und von Anleihegläubigern, darunter Staaten. Wer kurzfristige Mittel in Form von Einlagen von Bankkunden einsammelt, um langlaufende Kredite auszureichen, ist ebenso auf Vertrauen angewiesen wie Anleihegläubiger, die immer wieder auslaufende Titel durch neue Anleihen ersetzen müssen. Einlagensicherungssysteme für Banken und Rettungsschirme für Staaten sollen Krisen vorbeugen. Gewissheit gibt es allerdings nicht.Auch die Fondsbranche lebt von Vertrauen. Was passieren kann, wenn es ausbleibt, haben wiederholt offene Immobilienfonds erlebt, vor allem in der vergangenen Finanzkrise. Hier hat der Gesetzgeber etwa mit Mindesthalte- und Kündigungsfristen reagiert und das Vertrauen in die Produktkategorie wieder gefestigt. Weil in den aktuellen Fällen Vehikel im Ucits-Mantel betroffen sind, also Investments in der europäischen Standardhülle der eigentlich äußerst liquiden Wertpapier-Publikumsfonds, sehen Investoren, Fondsbranche und Aufseher nun genauer hin. Die Frage steht im Raum, ob das Ucits-Format zu viel Spielraum für windige Investments lässt.Doch wie immer die Lösung aussehen mag, ein Kernproblem bleibt: Geschehnisse an Kapitalmärkten sind soziale Phänomene, viele Beobachter sind zugleich auch Akteure. Befürchtungen von Investoren können sich somit als selbsterfüllende Prophezeiung erweisen, selbst wenn der Anlass klein erscheint. Vertrauenskrisen lassen sich damit nicht vorhersagen.Bereits in liquiden Märkten gibt es viel Unsicherheit, da sich mögliche Kursverläufe nicht verlässlich berechnen und in starre Kennziffern pressen lassen. Die jüngsten Fondskrisen führen nun auch für illiquide Titel vor Augen, dass hohe Renditeaussichten einen Preis haben. Kein Verzicht auf Risiken, aber ein gesundes Maß an Skepsis ist gefragt – immer.