Im InterviewLutz Diederichs, CEO von BNP Paribas Deutschland

„Unsere Stärke liegt in der Breite unserer Geschäftsfelder“

Lutz Diederichs, CEO von BNP Paribas Deutschland, spricht über die Bedeutung des deutschen Marktes für die größte kontinentaleuropäische Bank. Themen wie Diversifikation, die Rolle im Mittelstand, strategische Übernahmen und Nachhaltigkeit prägen die Ambitionen der Bank.

„Unsere Stärke liegt in der Breite unserer Geschäftsfelder“

Im Interview: Lutz Diederichs

„Unsere Stärke liegt in der Breite unserer Geschäftsfelder“

BNP-Paribas-CEO über Wachstum und
die Notwendigkeit von Investitionen in Transformation

Lutz Diederichs, CEO von BNP Paribas Deutschland, spricht über die Bedeutung des deutschen Marktes für die größte kontinentaleuropäische Bank. Themen wie Diversifikation, die Rolle im Mittelstand, strategische Übernahmen und Nachhaltigkeit prägen die Ambitionen der Bank. Er erklärt, wie BNP Paribas auf Herausforderungen wie geopolitische Risiken und den wachsenden Wettbewerb reagiert.

Herr Diederichs, viele Banken sprechen von Deutschland als Schlüsselmarkt. Warum ist Deutschland so wichtig für BNP Paribas, und welche Ambitionen verfolgen Sie hier?

Die Bedeutung Deutschlands für uns ist einfach herzuleiten: BNP Paribas ist die größte kontinentaleuropäische Bank, und Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas. Es ist daher nur logisch, dass wir hier stark vertreten sind. Unsere Präsenz ist historisch gewachsen, denn wir sind bereits seit 1947 in Deutschland aktiv – also keine Auslandsbank, sondern eine europäische Bank mit starken Wurzeln in Deutschland. Unsere Besonderheit liegt in der Diversifikation: Wir sind breit aufgestellt – sei es bei Produkten, Geschäftsfeldern oder Kundensegmenten. Das gibt uns Stabilität. Hinzu kommt unsere dezentrale Struktur, die perfekt auf den deutschen Mittelstand zugeschnitten ist. Mit acht Business Centern in allen relevanten deutschen Wirtschaftszentren können wir direkt vor Ort agieren. Darüber hinaus bieten wir spezialisierte Dienstleistungen an, die andere Banken nicht in diesem Umfang bedienen – etwa im Leasing, im Factoring und im Bereich der Mobilität mit unserem Flottenmanagement.

Sind Sie diversifizierter als deutsche Banken?

Ich denke schon. Wir arbeiten in mehr Nischen und Geschäftsfeldern. Beispielsweise haben wir mit Cardif ein eigenes Versicherungsgeschäft, während viele deutsche Banken das nur in Kooperationen betreiben. Zudem bieten wir Basisdienstleistungen über Plattformen an, die andere Banken nicht bespielen. Unsere Stärke liegt insbesondere in der Breite: Von Consumer Finance über Corporate Investment Banking bis hin zu Asset Management und Securities Services sind wir in vielen Bereichen führend.

Sie erwähnten den Mittelstand. Wo sehen Sie Ihre Position im Vergleich zur Commerzbank, die traditionell als Mittelstandsbank gilt?

Wir konzentrieren uns auf den großen, international ausgerichteten Mittelstand mit einem Jahresumsatz von mindestens 500 Mill. Euro. Das sogenannte SME-Geschäft überlassen wir bewusst den deutschen Banken, die hier traditionell stark sind. Unsere Kunden sind oft kapitalmarktfähig und/oder international tätig, selbst wenn sie nicht börsennotiert sind.

Sie haben kürzlich das Private-Banking-Geschäft der HSBC übernommen. Welche Erwartungen haben Sie?

Diese Akquisition war für uns eine strategische Gelegenheit. Sie stärkt unsere Marktposition in einem Bereich, in dem wir noch nicht führend waren. Es handelt sich um einen reinen Asset-Deal – wir übernehmen das Portfolio und die Mitarbeitenden. Dies ermöglicht eine schlankere Integration. Unser Ziel ist es, durch diese Übernahme unter die Top-Player im deutschen Wealth-Management- bzw. Private-Banking-Sektor zu kommen. Wir planen das Closing für Q3 2025 und arbeiten an einer möglichst reibungslosen Zusammenführung der beiden Einheiten.

Wie reagieren Sie auf die zunehmende Konkurrenz durch US-Banken in Deutschland?

US-Banken sind traditionell im Investment Banking stark, sind jedoch zunehmend in anderen Bereichen wie digitalem Retail Banking und Assetmanagement aktiv. Das nehmen wir ernst, aber unsere Strategie unterscheidet sich: Wir sind stärker im Mittelstand verankert und weniger abhängig vom Zinsgeschäft. Während der deutsche Bankenmarkt von 2012 bis 2021 um 1% geschrumpft ist, sind wir jährlich im Durchschnitt um 8 bis 9% gewachsen. Unser Geschäftsmodell zahlt sich hier aus.

Wie wollen Sie diese Wachstumsraten halten?

Das wäre angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen ambitioniert und ein großer Erfolg. Themen wie Energieversorgung, geopolitische Risiken und die Abhängigkeit von China beschäftigen nicht nur unsere Kunden, sondern auch uns. Dennoch setzen wir auf gezielte Akquisitionen und den Ausbau unserer Position als führende Bank für nachhaltige Investments.

Ihre Erträge in Deutschland lagen für 2023 bei 2,5 Mrd. Euro (Net Banking Income). Wie entwickelt sich die Prognose für das laufende Jahr?

Wir rechnen für 2024 mit soliden Erträgen und sind angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen zufrieden.

Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil Ihrer Strategie. Wie messen Sie Ihren Erfolg in diesem Bereich?

Wir messen Nachhaltigkeit unter anderem daran, welcher Anteil unseres Portfolios als nachhaltig gilt. BNP Paribas gehört zu den wenigen Banken weltweit mit einer positiven Ratio zwischen nachhaltigen und nicht nachhaltigen Investments. Gleichzeitig finanzieren wir auch Übergangsprojekte, wie das Stahlwerk von Salzgitter, das zukünftig mit grünem Wasserstoff betrieben werden soll.

Kritiker bemängeln Ihre Beteiligung an Öl- und Gasprojekten ...

Wir haben langfristige Commitments, die wir nicht brechen können – und sollten. Zudem sind wir überzeugt, dass wir den größten Impact erzielen, wenn wir Unternehmen bei ihrer Transformation unterstützen. Ein Beispiel ist die Finanzierung von Projekten, die auf grüne Technologien umgestellt werden. Ohne diese Investitionen wird es keine Transformation geben.

Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit für Ihre Kunden?

Nachhaltigkeit ist ein strategisches Top-Thema für CEOs in Deutschland – vergleichbar mit M&A-Themen. Unsere Kunden verstehen zunehmend, dass nicht nachhaltige Investitionen langfristig für sie ein Risiko darstellen. Deshalb arbeiten wir eng mit ihnen zusammen, um nachhaltige Projekte zu fördern und die Transformation zu begleiten. Nachhaltigkeit und Rentabilität sind dabei kein Widerspruch, sondern langfristig sogar voneinander abhängig.

Wo sehen Sie die Herausforderungen bei der Finanzierung der Wirtschaft?

Deutschland steht vor gewaltigen Investitionssummen, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit und Infrastruktur. Die KfW schätzt, dass allein bis 2045 eine Billion Euro benötigt wird. Angesichts der begrenzten Eigenkapitalbasis deutscher Banken ist das jedoch kaum über Kredite realisierbar. Deshalb muss der Großteil davon privat finanziert werden. Ein funktionierender europäischer Kapitalmarkt ist daher unverzichtbar.

Warum kommen wir in Europa bei der Kapitalmarktunion nicht voran?

Die Kapitalmarktunion scheitert oft an der fehlenden Harmonisierung von Rechtsvorschriften, etwa beim Insolvenzrecht. Zudem sind europäische Märkte fragmentierter und weniger liquide als die in den USA, was Investoren abschreckt. Ein schneller umsetzbarer Schritt wäre die Erleichterung von Verbriefungen, um Bankenbilanzen zu entlasten und Kapital für neue Kredite freizusetzen.

Verbriefungen gelten als potenzieller Schlüssel zur Entlastung der Bankenbilanzen und zur Förderung der Kapitalmarktunion. Wie sehen Sie die Bedeutung dieses Instruments?

Verbriefungen sind ein wichtiger erster Schritt in Richtung Kapitalmarktunion, da sie vergleichsweise einfach umzusetzen sind. Es ist jedoch eine regulatorische Fehlsteuerung, dass es für Banken heute attraktiver ist, Kredite in den eigenen Büchern zu behalten, statt sie zu verbriefen und am Kapitalmarkt zu platzieren. Wir müssen die Eigenkapitalanforderungen für Verbriefungen senken, um Bankenbilanzen zu entlasten und Mittel für neue Kredite freizusetzen. Eine stärkere Nutzung von Verbriefungen wäre ein wesentlicher Beitrag, um den europäischen Kapitalmarkt zu stärken.

Das Interview führte Wolf Brandes.