Unternehmen müssen frühzeitig fit gemacht werden

Franken ist Heimat zahlreicher mittelständisch geprägter Weltmarktführer - doch bei der Nachfolge warten knifflige steuerrechtliche Herausforderungen

Unternehmen müssen frühzeitig fit gemacht werden

Bayern ist mit seinen rund 13 Millionen Einwohnern ein dynamischer Wirtschaftsstandort im Herzen Europas. Mit Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit liegt der Freistaat klar in der Spitzengruppe der deutschen Bundesländer. Die robuste Wirtschaft, verbunden mit hoher Innovationskraft und einer starken Wachstumsrate, hat Bayern auch für zahlreiche mittelständische Familienunternehmen von Weltrang attraktiv gemacht, die dort ihre Heimat haben.Sie führen mit ihren Produkten oftmals den globalen Markt in ihrem Industriesegment an. Diese mittelständisch geprägten Weltmarktführer haben ihren Sitz in ganz Bayern – und damit auch in der Metropolregion Nürnberg. Mittelfranken ist der bevölkerungsreichste Teil der Metropolregion und Heimat diverser innovativer Unternehmenschefs. Mit ihrem Ideenreichtum treiben sie maßgebliche wirtschaftliche Entwicklungen voran und verbinden in ihren Familienunternehmen professionelle Ernsthaftigkeit und wissenschaftliches Know-how mit Spitzentechnologie. Franken trägt damit wesentlich zum Wachstum des international bedeutsamen Wirtschaftsstandortes Bayern bei. Rückgrat der IndustrieFakt ist: Der große Erfolg der deutschen Wirtschaft, die stark durch den Export geprägt ist, geht zu einem wichtigen Teil auf kleine und mittlere Firmen zurück, die das ökonomische Rückgrat der Bundesrepublik bilden. Gerade im Mittelstand gibt es viele Unternehmen, die in ihrer Branche an der Spitze stehen. Sie erzeugen hoch spezialisierte Produkte, produzieren für den internationalen Markt, entwickeln neue Technologien und liefern Beratung und Dienstleistung auf höchstem Niveau.Allein in der europäischen Metropolregion Nürnberg sind rund 150 Weltmarktführer ansässig – darunter viele sogenannte “Hidden Champions”, die hinsichtlich ihrer Eigenschaften weltweit die führenden Plätze einnehmen, in der Öffentlichkeit teils aber gar nicht sonderlich bekannt sind. Weltmarktführer zeichnen sich durch Marktanteilsführerschaft, Technologie- und Innovationsführerschaft und nicht zuletzt durch Umsatzführerschaft aus.Neben der Automobilbranche und dem Energiesektor zählen auch Automation und Produktionstechnik, Information und Kommunikation sowie Medizin und Gesundheit zu den starken Branchen der Metropolregion Nürnberg, in der ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von deutlich über 100 Mrd. Euro erwirtschaftet wird. Erfolg nicht gefährdenTrotz oder gerade wegen der guten wirtschaftlichen Situation der zahlreichen bayerischen und fränkischen Familienunternehmen ist es für die Unternehmer im schnelllebigen operativen Alltag elementar, das Thema ihrer Unternehmensnachfolge nicht aus den Augen zu verlieren, damit der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg nicht gefährdet wird. Eine frühzeitige Planung der Unternehmensnachfolge – die zwangsläufig auf jeden Chef zukommt – ist immens wichtig. Nicht zuletzt, um die Steuerbelastung zu minimieren.Seit Mitte 2016 gelten allerdings geänderte Begünstigungen im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) für Betriebsvermögen und Beteiligungen. Insbesondere sogenannte Großerwerbe ab einer Erwerbsschwelle von mehr als 26 Mill. Euro erhalten nicht mehr in vollem Umfang die Begünstigungen, wie sie noch bis zum Jahr 2015 galten. Eine komplett steuerfreie Schenkung wäre daher heute nicht mehr ohne weiteres möglich – beziehungsweise es bedürfte weiterer gestaltender Maßnahmen, um dies zu erreichen.Bis Mitte 2016 haben überdurchschnittlich viele Unternehmensübertragungen stattgefunden, um eine befürchtete Mehrbelastung ab 2016 nach der Erbschaftsteuerreform zu vermeiden. Manche Unternehmensnachfolge wurde zeitlich vorgezogen.So hatten daher die Chefs einiger namhafter Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft – von denen in und rund um Nürnberg zahlreiche ansässig sind – bereits frühzeitig mit ihrer Nachfolge in die Geschäftsanteile begonnen und Anteile auf ihre damals noch minderjährigen Kinder übertragen. Rückblickend betrachtet haben sie damit aus heutiger Sicht vieles richtig gemacht.Exemplarisch dafür stehen Entwicklungen wie die folgende: Der Inhaber einer in Franken angesiedelten Unternehmensgruppe, die mehrere in- und ausländische Tochtergesellschaften in einer Holding bündelt und einen jährlichen Umsatz von mehreren hundert Mill. Euro macht, schenkte seinen beiden Kindern zunächst nur einen Minderheitsanteil, um noch das Ruder in der Hand zu behalten. Als sich aber im Laufe der Zeit herauskristallisierte, dass seine Nachkommen nach ihrer Ausbildung weiter an einer Tätigkeit im und für das Unternehmen interessiert sind, schenkte er im Jahr 2015 weitere Anteile und behielt sich einen Teil der Erträge über einen Nießbrauch zurück.Unternehmer, die wie skizziert vorgegangen sind, konnten aufgrund der damals noch geltenden Regelungen im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz wesentliche Vermögenswerte steuerfrei auf die nächste Generation übertragen. Sie behielten nur so viele Erträge zurück, wie sie zur Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards zu benötigen glaubten. Die Schenkungen wurden nach dem damals noch geltenden Erbschaftsteuerrecht durchgeführt – was im Ergebnis weder das Unternehmen noch die potenziellen Erben mit Schenkung- und Erbschaftsteuer belastete. Weg in die nächste GenerationUm keine böse Überraschung zu erleben, müssen Unternehmer, die ihre Nachfolge noch nicht geregelt haben, heute einige Dinge beachten. Schließlich wollen viele fränkische Unternehmen den Weg in die nächste Generation auch weiterhin gehen und erfolgreich bleiben. Dabei kämpfen insbesondere Handelsunternehmen mit einer neuen Regelung im ErbStG, die eine Begünstigung versagt, wenn im Unternehmen das Verwaltungsvermögen mehr als 90 % des Unternehmenswerts beträgt. Diese Regelung kann dazu führen, dass Unternehmen mit geringer Eigenkapitalausstattung komplett nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Insbesondere trifft diese Regelung auch Unternehmen mit einem ständig wechselnden hohen Forderungsbestand.Ein inhabergeführter, mittelständischer Hersteller von Produkten im Elektrogroßhandel mit Standorten im In- und Ausland mit einem Eigenkapital von 29 Mill. Euro bei einer Bilanzsumme von 63 Mill. Euro kann hier als Beispiel angeführt werden. Vereinfacht ist von einem gemeinen Wert des Unternehmens von 29 Mill. Euro auszugehen. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen betragen 43 Mill. Euro, was bei Umsätzen in Südeuropa und beim Großhandel üblich ist.Somit beträgt die Verwaltungsvermögensquote allein aus den Forderungen 148 %. Nicht berücksichtigt sind hierbei liquide Mittel zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass ein Schuldenabzug bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögens für die 90-%-Grenze vom Gesetz nicht zugelassen wird. Somit wäre jegliche Begünstigung im Erbfall ausgeschlossen. Die Gesellschaft ist als produzierendes Industrieunternehmen ausschließlich operativ tätig und hat kein Verwaltungsvermögen im eigentlichen Sinne. Dieses Ergebnis ist absurd und kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.Fazit: Es gibt in Franken viele Familienunternehmen und mittelständisch geprägte Weltmarktführer, die über ein solides Eigenkapital verfügen und auch nach dem neuen ErbStG eine weitreichende Begünstigung erreichen können. Der Aufwand hierfür ist aber deutlich gestiegen, sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der Gesetzgeber Missbrauchsfälle vermeiden wollte und es einer exakten und komplizierten Ermittlung von begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen in einem Betrieb oder in einer Konzernstruktur bedarf.Eine gute und enge Zusammenarbeit mit dem Unternehmer oder dessen Steuerabteilung ist hier unabdingbar. Zur Vereinfachung von Prozessen werden künftig auch Digitalisierungstools dienen.Diese Tools sollten die mittelständisch geprägten Weltmarktführer nutzen und sich frühzeitig mit möglichen Nachfolgemodellen vertraut machen. Wer das tut, ist gegenüber anderen Wettbewerbern klar im Vorteil und kann darauf bauen, dass sein Unternehmen auch perspektivisch fit für die Zukunft ist.Somit wäre nicht nur den Unternehmern gedient – die die Übergabe beruhigter angehen und regeln könnten -, sondern auch der Zukunftsfähigkeit etlicher global agierender Mittelständler in Bayern und Franken, die den Freistaat wirtschaftlich so stark und prosperierend gemacht haben. Denn unter den richtigen Rahmenbedingungen wird der Wirtschaftsstandort Bayern auch in Zukunft eine zentrale Bedeutung und Strahlkraft für ganz Deutschland haben.—-Christian Rödl, Vorsitzender der Geschäftsleitung und Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner