US-Markt ist zurück auf der Agenda internationaler Anleger

Standorte mit starkem Bevölkerungswachstum und Boomsektoren im Fokus

US-Markt ist zurück auf der Agenda internationaler Anleger

Gute Wirtschaftsdaten, ein starker Technologiesektor und ein geringes Neubauvolumen – der US-Immobilienmarkt ist für Investoren wieder attraktiv. Noch vor wenigen Jahren verdarben Bilder massenhaft auftretender “For Sale”-Schilder vor Wohnhäusern, wachsende Leerstandsraten bei Büros oder der Gedanke an faule Immobilienkredite die Investitionslaune. Heute ist der Markt längst zurück auf der Agenda internationaler Immobilieninvestoren. Rund 158,5 Mrd. Dollar betrug das Investmentvolumen im ersten Halbjahr 2014, ein Plus von gut 20 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 18,3 Mrd. Dollar entfielen auf Aktivitäten internationaler Investoren. Auch institutionelle Anleger, die sich auf das Core-Segment beschränken und ihr Portfolio global diversifizieren möchten, kaufen wieder verstärkt in den USA. Neben dem Bürosektor stehen vor allem die Marktsegmente Einzelhandel und hochwertiger Mietwohnungsbau (Multi-Family) im Fokus des Anlegerinteresses.Obwohl die Spitzenrenditen auf dem US-Markt mit rund 5 % für Core-Objekte nur geringfügig über den am deutschen Markt erzielbaren Renditen liegen, rücken die robusten wirtschaftlichen Fundamentaldaten den weltweit größten und liquidesten Immobilienmarkt weiter in den Fokus. Die konjunkturellen Indikatoren zeigen sich nach einem harten Winter und schwächeren ersten Quartal wieder freundlich. Für das zweite Quartal 2014 verzeichnete das Bureau of Economic Analysis ein Wirtschaftswachstum von annualisiert 4 %. Gleichzeitig fiel die Arbeitslosenquote nach Angaben des Bureau of Labor Statistics im Juni auf 6,1 %, den niedrigsten Stand seit 2008. Allein im zweiten Quartal entstanden rund 831 000 neue Jobs. In der Folge erholten sich die Haushaltseinkommen, und die Konsumausgaben legten um 2,5 % zu. Ebenfalls auf einem gesunden Niveau präsentierten sich die Investitionsvolumen der Unternehmen, und auch der öffentliche Sektor soll nach Angaben der Analysehäuser wieder leicht zum Wachstum beitragen, nachdem sich die negativen Auswirkungen der Sparpolitik seitens der US-Regierung deutlich verringert haben. Die Staatsverschuldung liegt mit mehr als 18 Bill. Dollar zwar bei circa 105 % des jährlichen Bruttoinlandsprodukts, dennoch sind die Aussichten für Wirtschaft und Immobilienmarkt weiterhin positiv. Konjunkturbelebung hilftDie wirtschaftliche Erholung bringt insbesondere Bewegung in den Transaktionsmarkt für Gewerbeimmobilien: Die Verkäufe in den Segmenten Büro, Industrie, Einzelhandel und Wohnen summierten sich im zweiten Quartal 2014 auf rund 80 Mrd. Dollar, was einen Anstieg um 22 % gegenüber dem Vorjahreswert bedeutet. In der Folge stiegen die Gebäudewerte im zweiten Quartal 2014 um 2,9 %. Vor allem die gute Stimmung auf dem Arbeitsmarkt sorgte für positive Effekte. Im Bürosektor erwies sich das zweite Quartal 2014 im Hinblick auf den Vermietungsmarkt als das stärkste der zurückliegenden sieben Jahre. Die Leerstandsrate ist landesweit leicht auf 14,5 % gesunken (14,8 % im ersten Quartal), was dem Trend der vergangenen beiden Jahre entspricht. Experten gehen davon aus, dass sie im Jahresverlauf noch weiter fallen wird. Aufgrund der steigenden Nachfrage in Verbindung mit einem historisch niedrigen Neubauvolumen wird ein nachhaltiges Mietwachstum erwartet.Als ein wesentlicher Wachstumstreiber für die Büroflächennachfrage erwies sich die High-Tech-Industrie, insbesondere Software- und Informationsdienstleister. In den vergangenen fünf Jahren entstand etwa jeder vierte Büroarbeitsplatz in diesem Bereich. An den Standorten, die besonders von den High-Tech-Industrien profitieren, stieg die Flächennachfrage entsprechend deutlich. Im ersten Halbjahr 2014 gingen rund 20 % aller neu geschlossenen Mietverträge auf Nachfragen aus dem High-Tech-Sektor zurück.Zudem lässt sich an attraktiven Bürostandorten eine steigende Nachfrage im Segment Multi-Family-Apartmentanlagen beobachten: Gerade viele junge Amerikaner, die sogenannte Echo-Boomer-Generation der 19- bis 34-Jährigen, die mit knapp 80 Millionen Personen die größte Bevölkerungsgruppe der USA bilden, fragen vermehrt Mietwohnungen nach. Diese zumeist gut ausgebildete Generation ist mobil, sucht nach attraktiven Arbeitsplätzen und möchte möglichst urban wohnen. Entsprechend niedrig ist die durchschnittliche nationale Leerstandsrate bei Apartmentanlagen: Sie liegt bei derzeit rund 4,4 %, was sich ebenfalls in einem positiven Mietwachstum widerspiegelt. Aus Investorensicht bieten Multi-Family-Apartmentanlagen weitere Vorteile: Die Mietverträge laufen in der Regel nur sechs oder zwölf Monate, und der Vermieter kann die Miete jederzeit den Marktgegebenheiten anpassen.Die erfreulichen Arbeitsmarktdaten und verbesserten Haushaltseinkommen wirkten sich darüber hinaus positiv auf das Konsumverhalten aus und sorgten dafür, dass die Erholung am Einzelhandelsmarkt stärker voranschreitet. Das gilt besonders für lokale Einkaufszentren und Nahversorger. Während größere Einkaufszentren und Shopping Malls zunehmend mit den Folgen des E-Commerce zu kämpfen haben, profitierten die Nahversorger von den steigenden Konsumausgaben: Erstmalig seit 2006 wird für 2014 wieder ein Mietwachstum über das komplette Jahr hinweg erwartet. Experten gehen davon aus, dass sich der positive Wachstumspfad in den kommenden Jahren fortsetzen wird, jedoch mit regional unterschiedlicher Intensität.Für Investoren auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten in den USA ist eine detaillierte Standortanalyse unumgänglich. Allgemein sind jene Regionen am attraktivsten, die vom jährlichen Bevölkerungswachstum und Boomsektoren wie der High-Tech-Industrie stark profitieren. Bei Bürostandorten stehen die Städte San Francisco, Houston und New York ganz oben auf der Liste. Dahinter lohnt sich vor allem ein genauer Blick auf die Universitätsstadt Austin. An der Ostküste bleibt neben New York Boston die bevorzugte Destination. Washington D. C., das während der Finanzkrise als Büroflächenstandort von der stark investierenden US-Regierung profitiert hatte, spürt nun hingegen die Sparprogramme der Regierung und der Lobbyisten.Das Multi-Family-Segment orientiert sich ebenfalls an den Parametern Bevölkerungswachstum und der Nähe zu den wachstumsstarken High-Tech-Unternehmen. Interessante Standorte für Multi-Family-Investments sind beispielsweise Portland, San Francisco und Seattle an der Westküste, Dallas und Austin in Texas sowie Miami und Fort Lauderdale in Florida.Im Einzelhandelssegment bleiben zwar die High-Street-Lagen in New York, Chicago oder Los Angeles weiterhin das Nonplusultra für die Flagship Stores großer Einzelhändler. Nahversorger in starken regionalen Zentren mit hohem Bevölkerungswachstum bieten jedoch ebenfalls interessante Investitionsmöglichkeiten mit langfristigem Ertragspotenzial. Wichtige Kriterien bei der Standortwahl sind neben einem positiven Bevölkerungswachstum eine sehr gute Verkehrsanbindung und eine möglichst eingeschränkte Reproduzierbarkeit des Angebots – kurzum: Die Standortfaktoren müssen genau passen.Das gilt nicht zuletzt für alle Marktsektoren, in denen sich attraktive Investmentmöglichkeiten bieten. Lokale Partner können dabei helfen, auch solchen Anlegern einen Zugang zum US-Immobilienmarkt zu verschaffen, die dort bislang noch nicht aktiv waren und von den anhaltend positiven Aussichten der US-Märkte sowie einem nachhaltigen Mietwachstum, das sich insbesondere im Vergleich zu den europäischen Märkten deutlich attraktiver zeigt, profitieren wollen.—Von Olaf Fortmann Senior Fund Manager bei der Warburg-Henderson Kapitalanlagegesellschaft für Immobilien