Bitcoin-ETF

US-Urteil befeuert Hoffnung auf institutionelle Krypto-Zuflüsse

Ein US-Berufungsgericht hat einen ablehnenden Bescheid der Börsenaufsicht SEC bezüglich eines Spot-basierten Bitcoin-ETF aufgehoben. Krypto-Enthusiasten erhoffen sich nun enorme institutionelle Mittelzuflüsse in digitale Anlagen.

US-Urteil befeuert Hoffnung auf institutionelle Krypto-Zuflüsse

US-Urteil befeuert Hoffnung auf Krypto-Zuflüsse

Börsenaufsicht SEC muss Antrag auf Spot-basierten Bitcoin-ETF neu prüfen – Anleger setzen auf institutionelle Adoption digitaler Assets

Der von harten Regulierungsmaßnahmen gebeutelte Kryptomarkt steht vor einem potenziell bedeutenden Wendepunkt. Am Dienstag hob ein US-Berufungsgericht einen ablehnenden Bescheid der US-Börsenaufsicht SEC an den Vermögensverwalter Grayscale auf, der seinen Bitcoin Trust in einen Spot-basierten Exchange-Trade Fund (ETF) umwandeln will. Krypto-Enthusiasten hoffen nun auf einen baldigen Marktstart solcher Indexfonds in den Vereinigten Staaten und daraus resultierende institutionelle Mittelzuflüsse in den Markt für digitale Anlagen.

Zuletzt hat das Investoreninteresse an Kryptowährungen deutlich nachgelassen. Anlageprodukten auf Cyberdevisen flossen laut dem Assetmanager Coinshares in der abgelaufenen Woche per Saldo 168 Mill. Dollar ab, dies bedeutet den stärksten Mittelschwund seit März. Auf das US-Urteil reagierten Anleger zunächst erfreut: Bitcoin legte zeitweise um mehr als 7% zu und notierte knapp unterhalb der Marke von 28.000 Dollar. Im frühen Handel am Mittwoch fielen die Kursreaktionen aber bereits verhaltener aus.

Rückschlag für Aufsicht

Marktbeobachter werteten die Entscheidung des Berufungsgerichts als nächsten Rückschlag für die Regulierungskampagne der SEC, die wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Wertpapierrecht die Kryptobörsen Coinbase und Binance verklagt hat und so gut wie alle Cyberdevisen außer Bitcoin und Ether als unrechtmäßig begebene Wertpapiere einstuft. Zuletzt erzielte Ripple Labs, die Emittentin der Kryptowährung XRP, im Streit mit der Aufsicht aber einen Teilerfolg: Eine Richterin urteilte, der Sekundärmarkthandel mit dem Asset stelle keine Wertpapiertransaktion dar. Die SEC geht dagegen in Berufung.

Im Juni 2022 lehnte die Aufsicht einen Antrag von Grayscale auf Registrierung eines Spot-basierten Bitcoin-ETF an der Nyse Arca ab. Die Listing-Pläne enthielten nicht genügend Vorkehrungen zum Schutz vor Betrug, kritisierte die Behörde. Grayscale reichte darauf Klage gegen die SEC ein. Inzwischen hat die Aufsicht über 30 Anträge auf Freigabe ähnlicher Indexfonds auf Bitcoin abgelehnt. Sie verwies dabei stets auf die geringe Liquidität, hohe Volatilität und starke Manipulationsanfälligkeit des Spotmarktes.

Vorwurf der Willkür

Bezirksrichterin Neomi Rao bezeichnete den ablehnenden Bescheid der SEC in der Urteilsbegründung nun als „willkürlich und launisch“. Die Aufsicht habe nicht zufriedenstellend begründen können, warum sie das Grayscale-Vehikel anders behandele als ähnliche Produkte. Dabei bezog sich Rao auf Futures-basierte Bitcoin-ETFs, denen die SEC bereits im Oktober 2021 die Freigabe erteilte.

Die Entscheidung sorgte damals für Euphorie unter Krypto-Investoren, die sich eine breitere institutionelle Adoption von Digitalwährungen erhofften. Bitcoin kletterte in der Folge auf ein Rekordhoch von knapp 69.000 Dollar. Grayscale verweist indes auf die Verpflichtung, ähnliche Assets kongruent zu regulieren. „Unter Berufung auf Wertpapiergesetzen von 1940 Futures-basierte Bitcoin-ETFs zuzulassen und mit Verweis auf Regulierungen von 1934 Spot-Vehikel abzulehnen, ist widersprüchlich und stellt einen Verstoß gegen föderales Recht dar“, betonte Grayscale-CEO Michael Sonnenshein anlässlich der Klage seines Hauses vor einem Jahr im Interview der Börsen-Zeitung.

Spot-Kurse beeinflussen Terminmarkt

Befürworter der aufsichtlichen Position betonen, an Terminbörsen wie der Chicago Mercantile Exchange (CME) stellten Marketmaker anders als am Bitcoin-Spotmarkt die Liquiditätszufuhr sicher, zudem seien zentrale und regulierte Handelsplätze zur Einhaltung strenger Know-Your-Customer-Vorschriften gezwungen. Doch Sonnenshein wendet ein, das Vorgehen der SEC sei auch deshalb nicht stimmig, weil sich die Volatilität am Spotmarkt auf die Terminbörsen auswirke. Die Wechselkurse, die Bitcoin-Futures zugrunde lägen, beruhten schließlich auf Daten von Kryptobörsen. Warum auf Futures basierende ETFs ein höheres Maß an Investorenschutz ermöglichen sollten als Spot-Vehikel, erschließe sich daher nicht.

Tatsächlich entwickelt sich die Aktivität am Terminmarkt ebenfalls recht volatil. Die Zahl der offenen Bitcoin-Kontrakte an der CME, die den Wert von fünf Einheiten der Digitalwährung abbilden, liegt seit Mitte Juli zwar in der Spanne zwischen 14.800 und 17.300. Doch die Handelsvolumina zeigen starke Ausschläge: Am Montag wurden lediglich 3.875 Futures gehandelt, am Dienstag waren es fast 22.000 Kontrakte. Noch wesentlich volatiler entwickelt sich der Handel mit Micro Bitcoin Futures, die ein Zehntel des Werts der Cyberdevise abbilden.

Die Berufungsrichter verweisen auch auf die starke Korrelation zwischen dem Spot- und -Futures-Markt. Zudem habe die Nyse Arca eine Vereinbarung zum Informationsaustausch mit der CME geschlossen, die unter der Aufsicht des Derivate-Regulators CFTC stehe. Nach den Definitionen der SEC sei dies ausreichend, um Betrugsversuche aufzuspüren. Die Aufsicht habe nicht zur Genüge begründet, warum die CME Betrugsversuche am Futures-Markt einfacher aufspüren könne als am zugrundeliegenden Spotmarkt.

Neue Blockade möglich

Aus dem Urteil folgt nun nicht zwingend, dass die SEC einen Spot-ETF auf Bitcoin genehmigen muss. Sie ist aber verpflichtet, den Antrag von Grayscale erneut zu prüfen. Zudem könnte die richterliche Weisung in Entscheidungen zu anderen ETFs einfließen – mit Blackrock stellte im Juni der weltgrößte Assetmanager einen Antrag auf Registrierung eines Spot-Vehikels. Die SEC kann nun binnen 45 Tagen eine neue Anhörung im Fall Grayscale fordern. Die Behörde teilte mit, sie prüfe die Entscheidung des Gerichts und ihre nächsten Schritte. Theoretisch könnte die SEC den Antrag von Grayscale noch mit einer anderen Begründung ablehnen.

Grayscale bezeichnete das Urteil indes als „monumentalen Schritt für amerikanische Investoren, das Bitcoin-Ökosystem und all jene, die für ein Bitcoin-Exposure über den zusätzlichen Schutz eines ETF-Gewands eingetreten sind“. Die Investmentgesellschaft prognostiziert, dass eine Umwandlung ihres Bitcoin Trust mehrere Milliarden Dollar an Wertschöpfung freisetzen würde. Bisher handelt das Vehikel mitunter mit erheblichem Abschlag zum Net Asset Value, weil ihm anders als einem ETF kein Mechanismus offensteht, mittels dessen je nach Nachfrageentwicklung Fondsanteile kreiert oder eingezogen werden könnten.

Die US-Börsenaufsicht SEC erleidet im Streit um Spotmarkt-basierte Bitcoin-ETFs eine Niederlage vor Gericht. Sie muss einen Antrag der Investmentgesellschaft Grayscale auf ein solches Vehikel neu prüfen. Krypto-Enthusiasten sehen in dem Urteil einen Wendepunkt für den Digital-Assets-Markt.

Von Alex Wehnert, New York