Verbraucherschutz hat Priorität

Europäische Versicherungsaufsicht EIOPA will einheitliche Regeln schaffen - Solvency II unter der Lupe

Verbraucherschutz hat Priorität

Die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA will nach Einführung des neuen Regelwerks Solvency II die Aufsichtspraxis vereinheitlichen. Der Verbraucherschutz soll so gestärkt werden.tl Frankfurt – Durch das Streben nach Aufsichtskonvergenz will der EIOPA-Vorsitzende Gabriel Bernardino erreichen, dass sich in der Europäischen Union einheitliche Regeln etablieren und einzelne Anbieter nicht mehr aus weniger strengen Regeln in ihrem Land Vorteile ziehen können. Gleichzeitig sollen die Verbraucher überall in vergleichbarer Art und Weise geschützt werden, sagte er zur Eröffnung der Jahreskonferenz der EIOPA in Frankfurt.Bernardino verkennt nicht, dass es im Moment in den Mitgliedstaaten Unterschiede bei den Aufsehern gibt, was sowohl die Kultur als auch das Handeln betrifft. Deshalb sei es ein Ziel von EIOPA, in den kommenden fünf Jahren eine einheitliche europäische Aufsichtskultur zu entwickeln. Starken Wert legt der Aufsichtschef auf einen Dialog mit den Marktteilnehmern und auf transparente Entscheidungen, wie er ausführte.Die europäische Behörde mit Sitz in Frankfurt konzentriert sich laut Bernardino auf drei Gebiete: erstens auf die Colleges of Supervisors, also das Kollegium der Aufsichtsbehörden, zweitens auf die Prüfung der internen Modelle und drittens auf Besuche bei den nationalen Aufsichtsbehörden. In den Colleges geht es um den Austausch von Informationen, um zu einer einheitlichen Grundlage bei der Risikoanalyse und -messung zu kommen. Bei den internen Modellen will Bernardino insbesondere verhindern, dass sie zu einem Werkzeug zur Verringerung des Kapitaleinsatzes verkommen. Und schließlich soll das 2014 aufgebaute Prüfteam, das Supervisory Oversight Team, den nationalen Aufsehern als “Sparringspartner” in der Diskussion ihrer Aufsichtpraxis dienen – auf Basis gegenseitigen Vertrauens, wie der EIOPA-Vorsitzende betont. Seit seinem Bestehen hat das Team bereits mehr als 20 “Visitationen” vorgenommen. Fehlanreize vermeidenDem vorbeugenden Verbraucherschutz will EIOPA in Zukunft besondere Aufmerksamkeit schenken. “Es gibt die klare Notwendigkeit einer stärker verbraucherorientierten Firmenkultur”, sagte Bernardino. Die Unternehmensleitung müsse unzulängliche Produkte verhindern und Fehlanreize im Vertrieb vermeiden. Für seine eigene Organisation kündigte der Behördenchef eine Strategie an, die durch vorausschauendes Handeln Schäden für Verbraucher gar nicht erst eintreten lassen soll. Um dies zu erreichen, setzt er auf risikobasierte Indikatoren. Auch hier lege er Wert auf den Dialog mit der Branche.Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt für die EIOPA ist der Erhalt der Finanzstabilität, also die Vermeidung von systemischen Krisen oder zumindest die Begrenzung von deren Folgen. Bernardino will deshalb die Widerstandskraft der Versicherungsbranche stärken, riskantes Verhalten bei der “Jagd nach Rendite” verhindern und prozyklische Effekte vermeiden. Als Mittel zur Stärkung der Widerstandskraft schweben Bernardino die Streichung oder Verschiebung von Dividenden vor, die Reduzierung von Garantien bei neuen Verträgen und die Reduktion von Vertriebsprovisionen. Nicht zuletzt könnten Sanierungs- und Abwicklungspläne der Branche guttun, meint der EIOPA-Vorsitzende. Er hoffe, dass sich die EU-Kommission im kommenden Jahr dieses Themas annimmt.Prozyklische Effekte, die eine Krise noch weiter verschlimmern könnten, sollen durch Übergangsphasen, Anpassungsmechanismen (Volatility and Matching Adjustments) und eine Verlängerung der Erholungsphase (Recovery Period) verhindert werden. Zum Mandat von EIOPA gehört auch die Überprüfung von Solvency II, das ab Anfang 2016 geltende Aufsichtsregime, zu dem die EU-Kommission 2018 einen Bericht veröffentlichen soll. Dabei geht es um mögliche unbeabsichtigte Folgen, aber auch um das Proportionalitätsprinzip, nach dem kleinere Unternehmen nicht überfordert werden dürfen. Auch soll die Komplexität der Regeln hinterfragt werden.