Verhaltenstherapie zieht sich hin

Globaler Code of Conduct für den Devisenhandel kommt erst im Mai 2017

Verhaltenstherapie zieht sich hin

Von Andreas Hippin, LondonWeltweite Verhaltensstandards für den Devisenhandel werden erst im Mai 2017 vorgelegt. Für die dafür Verantwortlichen ist auch das schon eine Herausforderung, denn sie arbeiten daran neben ihren eigentlichen Tätigkeiten.Der Skandal um manipulierte Kurse am gut 5 Bill. Dollar schweren Devisenmarkt hat enorme Wellen geschlagen. Angesichts dessen hätte man erwarten dürfen, dass die Aufsichtsbehörden weltweit sich schnell auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Es wird aber noch bis Mai 2017 dauern, bis die für den Devisenmarkt zuständige Arbeitsgruppe des Marktkomitees der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – der Dachorganisation der Zentralbanken – einen globalen Code of Conduct vorlegt, der für alle Marktteilnehmer gelten soll. Im Mai hatte sie der Rat der BIZ damit beauftragt. Am Dienstag fand das erste Treffen mit Marktteilnehmern statt, wie der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Guy Debelle von der Reserve Bank of Australia, gestern Journalisten in einem fensterlosen Konferenzraum der Bank of England erläuterte. Ein EZB-Vertreter saß dabei nicht am Tisch. “Sichtbarer Output””Wir werden nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden”, sagte Debelle. Es gehe vielmehr darum, die in den 15 beteiligten Jurisdiktionen bereits existierenden Verhaltensstandards zu harmonisieren. Im Mai 2016 sollen Materialien zu umstritteneren Themen sowie denen vorgelegt werden, die von den bereits bestehenden Codes nicht abgedeckt werden, kündigte Debelle an. Es werde unter anderem darum gehen, wie man als Prinzipal (Auftraggeber) und wie man als Agent (Beauftragter) handele, um Stop-Loss-Orders und Zeitstempel. Damit gebe es erstmals “sichtbaren Output” der Bemühungen. Auf die Frage, warum es nicht schneller vorangehe, sagte er: “Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal versucht haben, mit 15 Gerichtsbarkeiten zu arbeiten.” Ihm sei auch schon gesagt worden, der Zeitplan sei reichlich ambitioniert. Es sei eben alles eine Frage der Perspektive. “Und alle von uns haben einen Hauptberuf. Das hier mache ich nachts.” Debelle steht auch dem Marktkomitee der BIZ vor und ist Assistant Governor Financial Markets der australischen Zentralbank. Bestehendes ist vernünftigDie bereits bestehenden Codes seien vernünftig. “Es gibt offensichtlich einige Lücken, die gefüllt werden müssen”, sagte Debelle. Zudem habe es klare Mängel bei der Befolgung dieser Codes gegeben. “Die Einhaltung (der Standards) ist die größte Herausforderung für uns.” Welche Sanktionen bei Verstößen drohten, könne er noch nicht sagen. Die Standards sollten über 15 Jurisdiktionen hinweg gelten. Ein Großteil der an ihrer Ausarbeitung Beteiligten habe in ihren Ländern keine Aufsichtsfunktion. Chris Salmon, Executive Director Markets bei der Bank of England, der sich mit der Frage beschäftigt, wie man Anreize zur Einhaltung der Standards schaffen kann, hofft darauf, sie in den Firmenkulturen der am Handel beteiligten Akteure verankern zu können. Das schaffe Transparenz. Letztlich komme es darauf an, was Regierungen und Regulierer daraus machten.In Großbritannien drohen Händlern, die an den Kursen drehen, künftig Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren. Das sogenannte Senior Managers Regime, das es ermöglicht, Personen, die in den Topetagen des Finanzgewerbes tätig sind, persönlich zu belangen, wird auf alle Firmen ausgeweitet, die im FICC-Geschäft – dem Handel mit Anleihen, Rohstoffen und Währungen – tätig sind, etwa auf Händler und Assetmanager (vgl. BZ vom 12. Juni).David Puth, CEO des Abwicklungssystems CLS, sprach von einem “sehr erfolgreichen” ersten Tag mit der Gruppe der Marktteilnehmer (MPG), der er vorsitzt. Die Mitglieder seien hochmotiviert und wollten den Standards folgen. “Das Ziel der MPG ist nicht, den Code selbst zu schreiben”, sagte er. Den Praktikern gehe es darum, die Effizienz und Liquidität des Markts zu stärken. Wie viele in der Branche führte er die Skandale auf “das Verhalten von einigen wenigen Individuen am Markt” zurück. Heute sei der Markt ein ganz anderer als vor fünf oder sechs Jahren. Seitdem sei etwa der Hochfrequenzhandel rasant gewachsen. “Wir haben einen starken Markt, und wir wollen ihn morgen stärker machen”, sagte Puth. Der MPG gehören unter anderem Russell Lascala (Deutsche Bank), Huw Evans (UBS) und Claas Carsten Kohl (Airbus) an. Befolgung wäre ErfolgDebelle würde es als Erfolg werten, wenn die neuen Standards nach Veröffentlichung weithin befolgt würden und dadurch wieder Vertrauen in den Markt entstünde. Auch wenn schlechtes Verhalten schneller publik werde, könne das zur Vertrauensbildung beitragen, sagte er. Lokale Besonderheiten sollen in Anhängen berücksichtigt werden.