GASTBEITRAG

Vermieter dürfen Anleger nicht vergessen

Börsen-Zeitung, 7.8.2020 Immobilienvermieter stehen seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie in großer Verantwortung. Mit ihrer Verhandlungsbereitschaft für Mietstundungen oder gar Reduzierungen leisten sie einen Beitrag dazu, per se gesunde...

Vermieter dürfen Anleger nicht vergessen

Immobilienvermieter stehen seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie in großer Verantwortung. Mit ihrer Verhandlungsbereitschaft für Mietstundungen oder gar Reduzierungen leisten sie einen Beitrag dazu, per se gesunde Geschäftsmodelle auch bei stark eingebrochenen Umsätzen zu erhalten, Arbeitsplätze zu retten und Innenstädte vor steigenden Leerständen zu bewahren.Langjährige loyale Mieter zu binden, ist im Interesse der Investoren – das liegt auf der Hand. Bei Forderungen gegenüber den Vermietern, etwa nach einem Mietverzicht, muss immer auch die gesamte Wertschöpfungskette mitgedacht werden. Ein Vermieter wirtschaftet nicht nur mit seinem eigenen Geld, sondern verwaltet Gelder, die ihm nicht gehören, und kann damit auch nicht eigenmächtig auf Ansprüche verzichten.Es muss zudem Rechtssicherheit gewährleistet sein, damit eine Einigung Bestand haben kann. Das gilt vor allem für Asset- und Fondsmanager, die ihren Investoren gegenüber treuhänderisch verpflichtet sind. Der freiwillige Verzicht auf Forderungen ohne Gegenleistungen ist mit diesen treuhänderischen Pflichten unvereinbar.Vor allem aber stehen Immobilieninvestoren nicht nur gegenüber ihren Mietern in einer großen Verantwortung. Professionelle Investoren wie etwa Publikumsfonds, Lebensversicherer, Pensionskassen oder Versorgungswerke tragen mit ihren Investments wesentlich zur Vermögensbildung und Altersvorsorge einer breiten Bevölkerung bei. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Immobilie als Investment sollte nicht übersehen werden. Nahezu jeder Verzicht auf eine berechtigte Forderung institutioneller Investoren kommt am Ende der Wertschöpfungskette bei Privatanlegern an, die damit einen Teil ihrer Altersvorsorge bilden oder bereits einen Teil ihres Lebensunterhalts bestreiten.Wollen sie einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, müssen Vermieter bzw. Assetmanager diese beiden Interessen sehr genau abwägen – selbstverständlich immer im Rahmen des geltenden Rechts. Nicht immer müssen die Interessen gegensätzlich sein: Eine ausgewogene Lösung sollte in beiderseitigem Nutzen liegen. Schlägt das Pendel zu stark in die eine oder die andere Richtung aus, schadet dies letztlich allen.Die zur Verfügung stehenden Instrumente sind vielfältig. Zu den wichtigsten zählen Fingerspitzengefühl, ein verständnis- und vertrauensvoller, offener und ergebnisorientierter Dialog sowie das Bewusstsein für eine gemeinsame Verantwortung. Nur zusammen und im Bewusstsein der gegenseitigen Abhängigkeit von der Immobilie können Mieter und Vermieter ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für die Schaffung und Erhaltung belebter Innenstädte nachkommen.Nie war es wichtiger, für attraktive Shoppingcenter und Fußgängerzonen zu sorgen, als jetzt nach Wochen des Verzichts und der Aussicht auf eine Vielzahl von Sommerurlauben im eigenen Land. Eine Aufgabe, die nur im solidarischen Dialog bewältigt werden kann. Pamela Hoerr, Vorstandsmitglied, Real I.S. und Iris Schöberl, Managing Director und Head of Institutional Clients, BMO Real Estate Partners Deutschland