GASTBEITRAG

Vermögensverwalter profitieren von Mifid II

Börsen-Zeitung, 4.6.2019 Mifid II sorgt in der Finanzbranche weiter für Unruhe und Klagen. Die meisten unabhängigen Vermögensverwalter haben sich jedoch nicht nur mit dem Regelwerk arrangiert, sie sollten sogar langfristig davon profitieren. Viel zu...

Vermögensverwalter profitieren von Mifid II

Mifid II sorgt in der Finanzbranche weiter für Unruhe und Klagen. Die meisten unabhängigen Vermögensverwalter haben sich jedoch nicht nur mit dem Regelwerk arrangiert, sie sollten sogar langfristig davon profitieren.Viel zu bürokratisch, verbraucherunfreundlich und an der Praxis vorbei – ist von der seit fast eineinhalb Jahren geltenden europäischen Finanzmarktrichtlinie Mifid II die Rede, hagelt es Kritik und wütende Kommentare von fast allen Seiten. Und in der Tat gibt es an der Markets in Financial Instruments Directive II, kurz: Mifid II, einiges zu bemängeln.Häufig zitiert wird in diesem Zusammenhang eine Studie der Ruhr-Universität Bochum im Auftrag der Deutschen Kreditwirtschaft. Demnach bedeute Mifid II für Anbieter und Vermittler von Finanzprodukten einen erheblichen Verwaltungs- sowie Kostenaufwand. Gleichzeitig fühlen sich die Kunden, so die Studie, durch die Fülle an Informationen überfordert und verunsichert. Die Folge: Die Richtlinie sorge dafür, dass Anleger sich verstärkt von den Kapitalmärkten abwenden. Positive AspekteDoch bevor näher auf die Kritikpunkte und mögliche Verbesserungsvorschläge eingegangen wird, sollen zunächst die durchaus vorhandenen positiven Aspekte von Mifid II beleuchtet werden. Denn obwohl das Regelwerk mehr Aufwand und zum Teil finanzielle Belastungen verursacht, bietet es für einige Marktteilnehmer aber auch große Chancen, sich im zunehmenden Wettbewerb abzugrenzen beziehungsweise positiv zu positionieren. Gemeint sind hier vor allem unabhängige Vermögensverwalter.Der wichtigste Aspekt ist, dass die stärkere Standardisierung, die Mifid II mit sich bringt, die individuell geführte Beratung wieder stärker in den Vordergrund rückt. Das sollte sich als Vorteil für unabhängige Vermögensverwaltungen erweisen. Denn anders als bei Banken und Sparkassen häufig der Fall, bieten die Anlageprofis ihren Kunden ein auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenes Leistungsangebot. Wenn sie diese besondere Leistung gepaart mit der Finanzmarkt-Expertise entsprechend publik machen, dürfte ihnen das etliche neue Kunden zuspielen, und zwar vor allem die, die von der zunehmenden Standardisierung abgeschreckt werden.In die Karten spielt unabhängigen Vermögensverwaltern dabei eine weitere regulatorische Vorgabe: und zwar die durch Mifid II geforderte Transparenz in puncto Kosten und Performance. Sie gehört für die Berufsgruppe ohnehin zum Berufsalltag. Sie sind seit langem gewohnt und darüber hinaus oftmals durch einen eigenen Ehrenkodex verpflichtet, regelmäßig Rechenschaft gegenüber ihren Kunden abzulegen – sowohl über die Anlageergebnisse als auch über alle Kosten.Kein Wunder also, dass die Kostentransparenz in einer Umfrage des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) aus dem vergangenen Jahr zu den Punkten des Regelwerks gehört, die die VuV-Mitglieder insgesamt positiv beurteilen. Die vorgeschriebene Aufschlüsselung der entstehenden Kosten vorab ermögliche nicht nur einen kritischen Blick auf das Rendite-Kosten-Verhältnis, sondern auch einen Wettbewerbsvergleich gegenüber anderen Anbietern.Ebenfalls wohlwollend wurden das sogenannte strikte Zuwendungsverbot – als unabdingbares Merkmal einer unabhängigen Vermögensverwaltung – sowie der erweiterte Sachkundenachweis mit jährlicher Überprüfung beurteilt, was als logische Konsequenz des hohen Qualitätsstandards gesehen wird.Soweit die positiven Aspekte von Mifid II. Denn trotz der genannten Chancen bedeutet das Regelwerk eine Fülle neuer Anforderungen, die teilweise durchaus als belastend empfunden werden. Moniert wird von den Vermögensverwaltern vor allem eine vielfach überbordende Bürokratie mit ausufernden Dokumentationspflichten und dem daraus resultierenden Organisations- und Verwaltungsaufwand. Das habe zur Folge, dass immer weniger Zeit bleibt, sich auf die Kernaufgaben Vermögensverwaltung und Kundenbetreuung zu konzentrieren.Erschwerend kommt hinzu, dass bis heute nicht alle Vorschriften des umfangreichen Regelwerks hinreichend präzisiert sind, etwa was Aufzeichnungspflichten und die Geeignetheitserklärung betrifft. Und trotz aller Präzisierungsversuche ist weiterhin auch nicht abschließend geklärt, welche Zuwendungen trotz des grundsätzlichen Zuwendungsverbots als ausnahmsweise erlaubt gelten.Die geforderte “Ex-ante-Kostentransparenz” sorgt ebenfalls für Fragen. Die Offenlegung der voraussichtlichen Gesamtkosten über die gesamte Haltedauer eines Investments vor Abschluss eines Wertpapiergeschäfts lässt Spielraum für Interpretationen, so dass verschiedene Marktteilnehmer hier teilweise ganz unterschiedliche Betrachtungszeiträume und verschiedene Berechnungsmethoden für produktimmanente Transaktionskosten heranziehen, die durchaus zu Wettbewerbsverzerrungen führen können.Dennoch kann man alles in allem konstatieren: Die unabhängigen Vermögensverwalter haben die Umstellung auf das Mifid-II-Zeitalter gut bewältigt. Bestehende Verträge wurden rechtzeitig aktualisiert, solche im Neukundengeschäft frühzeitig Mifid-II-konform ausgestaltet.Dafür verantwortlich war insbesondere die Unterstützung durch den VuV. So hat der Verband nicht nur das Muster-Vertragswerk und das Organisationshandbuch für seine Mitglieder überarbeitet, sondern außerdem eine Branchenlösung für die geforderte Telefonaufzeichnung entwickelt. Tipps für UmsetzungAußerdem waren auch die auf unabhängige Vermögensverwaltungen spezialisierten Verwahrstellen an der erfolgreichen Umstellung auf einen Mifid-II-konformen Geschäftsbetrieb beteiligt. Schon sehr frühzeitig hat beispielsweise Hauck & Aufhäuser Präsenzseminare angeboten, um Vermögensverwalter umfassend über die bevorstehenden Änderungen zu informieren.Vor allem Tipps zur praktischen Umsetzung der vielfach kompliziert verfassten Mifid-Vorschriften, aber auch zu weiteren Regulierungsinitiativen wie beispielsweise einer Neufassung der Ucits-Richtlinie waren und sind gefragt. Daher werden der VuV sowie Hauck & Aufhäuser den unabhängigen Vermögensverwaltern auch weiterhin unterstützend zur Seite stehen, denn die nächste regulatorische Anforderung kommt bestimmt. Anja Schlick, Leiterin Asset Servicing/Financial Assets bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG