EIOPA-Stresstest

Versicherer sind resistent

Die großen europäischen Versicherer würden auch bei einer länger anhaltenden Corona-Pandemie in einem fortgesetzten Niedrigzinsumfeld kapitalstark bleiben, wenn auch häufig unter Anwendung von Übergangsmaßnahmen.

Versicherer sind resistent

tl Frankfurt

Der Stresstest der EIOPA­ belegt nach Angaben von Petra Hielkema, der neuen Chefin der EU-Versicherungsaufsicht, dass die europäischen Versicherer auch unter sehr schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen finanziell gesund bleiben würden. In keinem Fall könnten die insgesamt 44 Teilnehmer (43 Gruppen und ein Einzelversicherer) unter Stresstest-Szenarien ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden nicht mehr nachkommen. Allerdings, so ergänzte Hielkema bei der Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse am Donnerstagabend, hingen diese positiven Ergebnisse oftmals stark von Übergangsmaßnahmen ab, die nach Solvency II bis 2032 erlaubt sind. Enttäuscht zeigte sich die Niederländerin, dass es trotz intensiver Diskussionen mit den teilnehmenden Versicherern und trotz Berücksichtigung vieler ihrer Anregungen beim Testdesign nicht gelungen sei, mehr Gesellschaften zur Veröffentlichung unternehmensspezifischer Angaben zu bewegen. „Wir werden deshalb an den Gesetzgeber appellieren, die Veröffentlichung von Einzelergebnissen verpflichtend zu machen.“

Nach Hielkemas Angaben verweigerten sich die Versicherer insbesondere deshalb, weil sie die im Stresstest vorgegebenen Szenarien für zu gravierend und damit zu unrealistisch hielten – was EIOPA mit dem Hinweis „schwerwiegend, aber möglich“ kontert. Befürchtet wurde, dass der Kapitalmarkt diese Angaben nicht richtig interpretieren würde, insbesondere dann, wenn Solvenzquoten (SCR) veröffentlicht werden würden. Dies sei von EIOPA aber gar nicht geplant gewesen, betonte die EIOPA-Chefin. Sie zeigte sich davon überzeugt, dass die Branche bereit sei für mehr Transparenz.

Bei den neun Versicherern, die bei diesem Stresstest der Veröffentlichung unternehmensbezogener Da­ten zugestimmt haben, handelt es sich um kleinere, kaum international tätige Gesellschaften unter anderem aus Dänemark, Griechenland, Island, Malta und Portugal. Die fünf deutschen Teilnehmer Allianz, Münchener Rück, HDI (Talanx), R+V sowie Alte Leipziger-Hallesche verweigerten die Publikation ihrer Stresstestergebnisse. Im Schnitt kamen die Versicherer vor dem Stresstest auf eine Kapitalquote von 217,9% nach SolvencyII. Diese würde unter einem angenommenen Marktschock, insbesondere dem Rückgang des risikofreien Zinssatzes und einem Anstieg der Risikoprämien (double-hit scenario) auf 125,7% fallen, wenn die Versicherer keine Gegenmaßnahmen ergreifen könnten. Neun würden unter die kritische 100-Prozent-Marke fallen. Mit umgehenden Eingriffen in die Bilanz ließe sich der Rückgang auf eine Solvenzquote von 139,3% begrenzen – sieben der neun gefährdeten Versicherer kämen damit wieder über die 100%. Hielkema zeigte sich erstaunt, dass nur 19 der 44 Teilnehmer überhaupt zu solchen Maßnahmen gegriffen hätten.

Der für Versicherer zuständige BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund zeigte sich zufrieden mit den Stresstestergebnissen, ergänzte aber mit Verweis auf die ergriffenen Übergangsmaßnahmen, dass das Niedrigzinsumfeld eine Herausforderung bleibe: „Wir werden besonders die Situation der Lebensversicherer weiter genau im Auge behalten.“

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