Visa sieht Debitkarte in Deutschland auf dem Vormarsch
Visa sieht Debitkarte in Deutschland auf dem Vormarsch
Neue Zahlungsdienstleister wie Sumup verhelfen der Alternative zu Girocard und Kreditkarte zu Akzeptanz – 17 Millionen Karten ausgegeben
lee Frankfurt
Trotz anfänglicher Vorbehalte seitens der Verbraucher setzt sich die von ING, DKB und Comdirect als Basisprodukt ausgegebene Debitkarte in Deutschland offenbar zunehmend durch. Nach Angaben des US-Kartenanbieters Visa ist die Zahl der von ihren deutschen Partnerbanken ausgegebenen Karten bis Ende September 2024 um rund eine Million auf 17 Millionen gestiegen. Auch die Zahl der Terminals, an denen mit der Alternative zu Kreditkarte und Girocard bezahlt werden kann, stieg demnach deutlich an.
Konto wird sofort belastet
Der wesentliche Unterschied zwischen Debit- und Kreditkarte ist der Zeitpunkt der Belastung des Kundenkontos. Während der mit Debitkarte bezahlte Betrag das Kundenkonto sofort belastet, geht die ausgebende Bank bei der Kreditkarte zunächst in Vorleistung. Je nach Vertrag wird das Konto des Kunden wöchentlich oder monatlich mit den per Kreditkarte bezahlten Beträgen belastet. In manchen Märkten können die Kunden die Rückzahlung auch in die Zukunft verschieben. In den USA zum Beispiel übernimmt die Kreditkarte die Funktion, die hierzulande der Dispokredit hat.
Weltweit liegt die Debitkarte vorn
Die Zahl der in Deutschland ausgegebenen Kreditkarten veröffentlicht Visa aus Wettbewerbsgründen nicht. Weltweit ist die Debit-Karte jedoch schon längst wichtigste Produkt des US-Konzerns. Knapp 1,4 Milliarden Debit-Karten stehen 3,3 Milliarden Kreditkarten gegenüber. In Deutschland findet der US-Konzern jedoch eine grundlegend andere Marktstruktur vor.
Hier konkurrieren nicht nur Debit- und Kreditkarten um die Gunst der Konsumfreudigen, sondern auch die Girocard, die zur Grundausstattung jedes Girokontos bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken gehört. Während die Girocard im Ausland und damit auch im Internet rasch an Grenzen stößt, ist sie insbesondere bei kleinen Betrieben sehr beliebt. Denn oftmals nutzen diese den Bezahlterminal vom Acquirer der örtlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbanken zu günstigen Konditionen.
Doch in das häufig noch von Barzahlung geprägte Segment der Kleinstunternehmen drängen zunehmend neue Anbieter. So setzen sich etwa die mobilen Kleinstterminals von Sumup zunehmend in Bars, Cafés und sogar auf Flohmärkten durch. Für den Händler sind sie attraktiv, weil sie die Bezahlung mit Kredit- und Debitkarte ebenso ermöglichen wie mit der Girocard – aber nur, wenn sie mit einem sogenannten Co-Badge der großen US-Kartenanbieter ausgestattet ist. Dank 300.000 neuer Akzeptanzstellen für ihre Karten hat Visa den Abstand zu Girocard in dieser Hinsicht ausgebaut, obwohl auch der Wettbewerber zulegen konnte.

App statt Terminal
Wie Zentraleuropa-Chef Albrecht Kiel am Dienstag in einem Pressegespräch deutlich machte, ist Sumup nur einer von vielen innovativen Zahlungsdienstleistern, deren Wachstum die Debitkarte ihre zunehmende Akzeptanz verdankt. Auch Flatpay, Viva Wallet, Adyen und Global Payments mischen in dem Geschäftssegment mit. „Es war noch nie so einfach, Kartenzahlungen zu akzeptieren.“ Anstelle herkömmlicher Terminals reiche dafür oftmals schon eine Smartphone-App.
Neobroker als Wachstumsmotor
Auch bei der Zahl der ausgegebenen Debitkarten profitiert Visa offenbar vom Wachstum technologiegetriebener Unternehmen, die mit innovativen Lösungen auf den von Sparkassen und Genossenschaftsbanken beherrschten deutschen Markt drängen. So korreliert der Anstieg um gut eine Million eng mit dem Wachstum des Visa-Kunden Trade Republic. Der Neobroker, der inzwischen auch um Girokunden wirbt, knackte bei der Ausgabe von Debit-Karten bereits im vergangenen Mai die Marke von 1 Million. Inzwischen hat sich die Zahl laut einem „FAZ“-Interview mit Geschäftsführer Christian Hecker noch einmal verdoppelt.
Angesichts der vielen neuen Karten verwundert es nicht, dass Visa insgesamt einen deutlichen Anstieg der Kartenzahlungen in Deutschland konstatiert. Die Anzahl der Transaktionen mit Visa-Karten sei im vergangenen Jahr um 22% gewachsen, das Zahlungsvolumen um 15%. Insgesamt kommt die Karte also auch öfter bei kleineren Beträgen zum Einsatz. Das deckt sich mit dem Trend bei Girocard: Hier lag der durchschnittliche Bezahlbetrag 2024 erstmals unter 40 Euro.